Pilotprojekt

Wie Düsseldorf Cannabis legalisieren will

Andreas Meyer-Falcke01. Februar 2017
Düsseldorf: Antrag auf Abgabestellen für Cannabis
Düsseldorf will als erste deutsche Stadt Verkauf und Konsum von Cannabis legalisieren. Dem Körper ist es egal, wie die Droge erworben wurde, meint der Gesundheitsdezernent der Stadt, Andreas Meyer-Falcke. Aufklärung, Prävention und der Jugendschutz müssten im Mittelpunkt des Projekts stehen.

Düsseldorf ist eine dynamisch wachsende, lebenswerte Stadt. Für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort unverzichtbar ist eine moderne Gesellschafts-, Sozial- und damit Gesundheitspolitik. So wurde die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt 2016 als eine von zwei deutschen Städten in das „European Healthy Cities Network“ der Weltgesundheitsorganisation aufgenommen. Dies ist zum einen Anerkennung der Anstrengungen, die die Akteure in der Stadt bisher schon auf dem Gesundheitssektor unternommen haben. Es ermutigt zugleich, weiterhin – und ganz im Sinne des Präventionsgesetzes – nach neuen Wegen zur Stärkung der Gesundheit der Bevölkerung zu suchen.

Cannabis-Abgabe neu gestalten

Der entscheidende Impuls zu einer präventiven Neuausrichtung der städtischen Drogenpolitik kommt aus dem Düsseldorfer Stadtrat. Er hat die Frage diskutiert, wie sich eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten zu nicht-therapeutischen Zwecken rechtlich und praktisch ausgestalten ließe, ohne dass es in der Folge zu einer Zunahme von suchtbedingten Erkrankungen kommt.

Der Rats-Fachausschuss für Gesundheit und Soziales hat die Verwaltung beauftragt, beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Ausnahmegenehmigung zum Betrieb von lizenzierten Abgabestellen von Cannabisprodukten in Düsseldorf zu beantragen. Ziel ist eine streng regulierte Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene zu Genusszwecken, zwingend gekoppelt mit Schutz- und Präventionsangeboten insbesondere für Kinder und Jugendliche. Und gleichsam im Nebenschluss stünde eine Entkriminalisierung der heutigen „Besitzenden“.

Düsseldorf muss nicht bei „Null“ anfangen

Der Antrag soll fußen auf § 3 Absatz 2 Betäubungsmittelgesetz und „eine Erlaubnis [...] zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken […]“ erreichen. Gemeinsam mit dem Lenkungskreis Suchthilfeplanung, in dem sämtliche Fraktionen des Rates vertreten sind, und weiteren Drogen-, Ordnungs- und Rechtsexperten wird dieser Antrag aktuell erarbeitet. 

Düsseldorf muss dabei nicht bei „Null“ anfangen: Der Berliner Bezirk Firedrichshain Kreuzberg hatte einen ähnlichen Antrag an das BfArM gerichtet, der allerdings 2016 negativ beschieden wurde. Um erfolgreiche Alternativen auszuloten und die Diskussion in Fachkreisen wie auch in der Politik erneut anzuregen, hatte das Gesundheitsamt daher im Dezember 2016 zur Fachtagung „Cannabis – Gesundheitspolitischer Spielraum von Kommunen“ in den Plenarsaal des Düsseldorfer Rathauses eingeladen. Mit rund 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmern (u. a. aus Berlin) stieß die Veranstaltung auf ein reges Interesse. Sie fand breite Resonanz auch in der stadtübergreifenden medialen Berichterstattung – von Zeitungsberichten über Radio- bis zu Fernsehbeiträgen.

Sachliche Diskussion in einer polarisierten Debatte

Bemerkenswert war dabei insbesondere, mit welcher Sachlichkeit und Differenziertheit – durchaus kontrovers – über ein Thema diskutiert wurde, das bis noch vor wenigen Jahre stark emotionalisiert und polarisiert hat. In der Debatte zeichnete sich als mehrheitsfähiges Meinungsbild der Düsseldorfer Stadtpolitik ab, zur Untermauerung eines späteren Antrages zunächst ein konkretes Studiendesign entwerfen zu lassen: ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zum oben skizzierten, wissenschaftlich basierten Modellprojekt.

Vor diesem Hintergrund haben wir jüngst Kontakt aufgenommen zur Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität sowie zu weiteren deutschen Städten, die die Relevanz des Themas erkannt haben. Ziel ist es, Partner dafür zu gewinnen, gemeinsam eine solche Machbarkeitsstudie zu beauftragen und sich die finanziellen Lasten zu teilen. So bestehen zum Beispiel in Münster ebenfalls Planungen, ein vergleichbares Modellprojekt durchzuführen.

Aufklärung und Jugendschutz im Mittelpunkt

Wie ist meine Haltung als Gesundheitsdezernent und zugleich als Arzt zu diesem komplexen Thema? Kurz gefasst: Der therapeutische Nutzen von Cannabis ist unumstritten. Wie bei jedem anderen Suchtmittel wie Alkohol oder Zigaretten gilt aber auch: Cannabiskonsum zu Genusszwecken kann der Gesundheit schaden. Und dabei ist es dem Körper vollkommen egal, ob die Substanz legal oder illegal erworben wurde. Daher müssen Aufklärung und Prävention und natürlich der Jugendschutz im Vordergrund eines möglichen Pilotprojekts stehen. Es geht darum, Risiken aufzuzeigen und Hilfen zum Ausstieg anzubieten. Darauf, dass diese Aspekte Berücksichtigung finden, wird mein persönliches Augenmerk liegen.

Der Artikel erscheint mit freundlicher Genehmigung von vorwaerts.de

 

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