Anerkennung von Berufsabschlüssen

Der lange Weg der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt

Uwe Roth09. Dezember 2015
 Informationsbroschüren zur Anerkennung eines ausländischen Berufs- und Bildungsabschlusses
Informationsbroschüren zur Anerkennung eines ausländischen Berufs- und Bildungsabschlusses in Deutschland.
Einheitliche Verfahrensregeln für die Anerkennung ausländischer Berufs- oder Bildungsabschlüsse gibt es nicht. Das erschwert die schnelle Integration von Flüchtlingen, die sich oft im Wirrwarr der Regelungen verlieren.

Mit einem ausländischen Bildungs- oder Berufsabschluss in Deutschland Fuß zu fassen, ist schon immer eine Herausforderung gewesen. Europa-, Bundes- und Landesrecht kennen eine Vielzahl Vorschriften und Zuständigkeiten, die sämtlich bei der Anerkennung fremder Abschlüsse zu berücksichtigen sind. Dazu kommen Berufs- und Branchenverbände, die auf das Bestehende verweisen und erst mit wachsendem Fachkräftemangel anfangen, von ihrer Traditionslinie abzuweichen.

Gesetz ermöglicht Anerkennung von Berufsabschlüssen

Seit dreieinhalb Jahren gibt es nun das Anerkennungsgesetz des Bundes. Arbeitssuchende aus dem Ausland haben seither das Recht, ihre mitgebrachten Abschlüsse prüfen und gegebenenfalls bestätigen zu lassen. In den ersten Jahren kamen die Anträge vorwiegend von Menschen aus Süd- und Osteuropa. Für die Prüfer war die Aufgabe überschaubar, Zeugnisse mit den Anforderungen deutscher Berufsqualifikationen abzugleichen.

In diesem Jahr jedoch kommt die ­Mehrzahl Arbeitssuchender aus dem arabischen und afrikanischen Raum. Sie haben Zeugnisse und Urkunden in den unterschiedlichsten Sprachen dabei und hoffen, mit solchen Nachweisen einen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu bekommen.

Sonderweg für Flüchtlinge gibt es nicht

In einigen Bundesländern wird die berufliche Qualifikation bereits in der Erstaufnahmestelle erfasst. Im thüringischen Suhl hat die Arbeitsagentur dort ein Büro eröffnet, das schulische und berufliche Fähigkeiten in fünf Sprachen abfragt und zu Arbeitsmöglichkeiten berät. Eine systematische Erfassung und Ausbildung der Qualifikation von Flüchtlinge durch das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge etwa in einer Datenbank gibt es nicht, wie das Amt auf Anfrage der DEMO bestätigt.

Bald nach ihrer Ankunft, spätestens in der Gemeinschaftsunterkunft von ihrem Betreuer, erfahren die Flüchtlinge, dass ihre Dokumente eine Bestätigung benötigen – und eine solche erhält man in Deutschland nicht von einer zentralen Stelle. Einen Sonderweg, um Neuankömmlinge mit Berufskenntnissen rasch in den Arbeitsmarkt zu integrieren, den gibt es so nicht.

Beratung hilft Flüchtlingen im Wirrwarr der Regelungen

Wer ein Handwerk ausüben möchte, muss zur örtlichen Handwerkskammer, wer einen Pflegeberuf ergreifen will, muss – beispielsweise in Hessen – beim Regierungspräsidium vorstellig werden. Lediglich bei Berufen, die in den Zuständigkeitsbereich der Industrie- und Handelskammer (IHK) fallen, gibt es einen zentralen Ansprechpartner: Die 77 Kammern haben in Nürnberg das Kompetenzzentrum ­FOSA (Foreign Skills Approval) eingerichtet. 22 Spezialisten, teils mit Migrationshintergrund und mehrsprachig, kümmern sich um einen Abgleich der Berufsbilder aus Industrie, Handel, Gastronomie und Dienstleistungen. Sie stellen fest, ob die Ausbildung des Antragsstellers einem der sogenannten Referenzberufe entspricht. Am Ende fällt eine Gebühr in Höhe von bis zu 550 Euro an. Wer die nicht zahlen kann, muss darauf hoffen, dass diese vom Jobcenter übernommen wird.

Um die richtige Stelle für die Anerkennung zu finden, ist im Wirrwarr der Regelungen für den Flüchtling die Beratung das Allerwichtigste. Die grundlegenden Informationen – auch in englischer Sprache – findet man im Internet. Dort gibt es eine Deutschlandkarte, auf der die Beratungsstellen zu finden sind, die über das bundesweite Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ finanziert werden. In Stuttgart ist das beispielsweise die ­Arbeiterwohlfahrt (AWO).

Der zuständige Referatsleiter Georg Ceschan sagt, mit seinen sechs Mitarbeitern sei er viel unterwegs, um sowohl die Flüchtlinge als auch ihre Betreuer über die Verfahrenswege zur Anerkennung der Berufsabschlüsse zu informieren. Weitere Anlaufstellen sind die Job-Center.

 

Mehr Informationen
www.anerkennung-in-deutschland.de/fluechtlinge