Blog Standpunkt Bundes-SGK

Wie Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse gesichert werden kann

Norbert Bude07. März 2016
Norbert Bude
Norbert Bude, Vorsitzender Bundes-SGK
Viele Faktoren sind Ursache für die wachsende Ungleichheit: Chancen im Leben dürfen nicht vom Wohnort oder der Herkunft abhängen.

Der Deutsche Städtetag hat bei seiner Hauptversammlung im Jahr 2015 als zentrales Thema die wachsende „Heterogenität“ zwischen Städten und Regionen aufgerufen. Die Ungleichheit der Finanzausstattung, der Handlungsmöglichkeiten der einzelnen Kommunen, die Ungleichheit zwischen Wachsen und Schrumpfen nehmen in Deutschland zu. Die unterschiedliche Entwicklung der Wirtschaft und der Bevölkerung ergeben ein ausgesprochen heterogenes Bild.

Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse als sozialdemokratisches Grundanliegen

Einfache Formeln für diese Unterschiedlichkeit gibt es nicht. Begriffe wie Süd-Nord-Gefälle, West-Ost-Gefälle, Stadt-Land-Gefälle tragen nicht alleine, dafür sind die Verschiedenheiten zu sehr von verschiedenen Faktoren geprägt. Unterschiede liegen nicht nur zwischen den Regionen und Städten, sie drücken sich auch innerhalb der Regionen und Städte aus. Wir beobachten eine verstärkte räumliche Segregation der Wohnbevölkerung. Die Bildungsunterschiede klaffen wieder weiter auseinander. Teilhabechancen hängen im Ergebnis von den Wohnorten ab. Soziale Unterschiede wachsen. Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander. Es ist ein sozialdemokratisches Grundanliegen, diesen Tendenzen entgegenzuwirken. Die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen herzustellen, ist ein von der Sozialdemokratie in der bundesdeutschen Gesellschaft in den 60er und 70er Jahren als wesentliche Komponente einer sozialstaatlichen Ausrichtung der Politik durchgesetztes Ziel. Dieses wurde nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten nach 1989 auch explizit für die Beitrittsländer im Osten Deutschlands betont. In Artikel 72 des Grundgesetzes wird festgestellt, dass der Bund zur Erreichung des Ziels der gleichwertigen Lebensverhältnisse für bestimmte Politikfelder die Gesetzgebungskompetenz hat.

Es geht um Teilhabe- und Bildungschancen

Um es noch einmal klarzustellen, mit der Gleichwertigkeit der ­Lebensverhältnisse ist nicht eine Gleichartigkeit oder Gleichheit der Lebensverhältnisse gemeint. Vielmehr geht es aufgrund der Unterschiedlichkeit der Lebensverhältnisse darum, denjenigen, die über schlechtere Ausgangs- und Rahmenbedingungen verfügen vergleichbare Chancen zu verschaffen, an dieser Gesellschaft teilzuhaben und seine oder ihre Aufstiegschancen zu nutzen. Es darf nicht vom Wohnort oder der Herkunftsregion abhängen, welche Chancen jemand in dieser Gesellschaft hat. Deshalb sind die sozialstaatlichen Ausgleichmechanismen, die wir im Bereich unseres Finanzsystems und in den vielfältigen Unterstützungsformen strukturschwächerer Regionen und Städte finden, notwendige Instrumente, um dem Wachsen der Unterschiede entgegenzuarbeiten. Wettbewerbsföderalismus und die Regionalisierung der Gesetzgebungskompetenzen widersprechen diesem Ziel und sollten von der SPD abgelehnt werden.