Schule und Bildung

Jeder 17. Jugendliche ohne Schulabschluss

Karin Billanitsch04. Juli 2017
Die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss ist gestiegen.
Nach der neuen Caritas-Bildungsstudie 2017 steigt die Zahl der Jugendlichen, die ohne Abschluss die Schule verlassen wieder an. Dort, wo junge Menschen früh gefördert werden, kann Abhilfe geschaffen werden.

Jeder 17. Jugendliche verlässt nach einer Caritas-Studie die Schule ohne Abschluss. Für diese 47.435 jungen Menschen wird es schwierig, in einem Beruf Fuß zu fassen. Ausgewertet hat die Caritas-Bildungsstudie Zahlen aus dem Jahr 2015. Die Tendenz im Vergleich zum Vorjahr ist leicht steigend: Bundesweit nahm die Quote von 5,7 auf 5,9 Prozent zu. Abhilfe verspricht nur frühzeitige Förderung der jungen Menschen, heißt es in einer Mitteilung der Caritas. Mit der Studie will die Caritas nach eigenen Angaben den „Blick auf jene lenken, die in einer Gesellschaft, deren Arbeitsplatzangebot immer mehr durch Bildung bestimmt ist, eine schlechte Ausgangsposition haben.“

Sachsen-Anhalt auf letztem Platz

Die Autoren der Studie, die die Caritas zusammen mit dem Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) erstellt hat, werten die Statistiken bis auf Landes- und sogar Kreisebene aus. So spiegelt sich der steigende Bundestrend auch in vielen Bundesländern. So stieg die Quote der Schulabgänger ohne Abschluss in Hamburg um 1,1 Prozentpunkte auf 6 Prozent, in Rheinland-Pfalz von 5,6 auf 6,4 Prozent und in Sachsen-Anhalt von 9,2 auf 9,9 Prozent – das Land ist letzter bei diesem Ranking. Berlin liegt mit einer Quote von 9,3 Prozent auf dem vorletzten Platz. Allerdings gibt es auch Werte, die in die entgegengesetzte Richtung weisen: Deutlich gesunken sie etwa in Hessen von 4,9 auf 4,2 Prozent und in Brandenburg von 7,8 auf 7,1 Prozent.

Die Caritas hat auch die Zahlen der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss auf  Kreisebene ausgewertet, wo es große Unterschiede gibt. Das ist deshalb sinnvoll, da „auch auf Kreisebene eine Politik gemacht werden kann, die Schülern dabei hilft zu einem Abschluss zu kommen“, heißt es. Die beste Quote hatte der Landkreis Main-Spessart mit 1,7 Prozent, Der Landkreis Mansfeld-Südharz wies mit 15,6 Prozent den höchsten Wert auf.  Auf einer interaktiven Karte können die Werte von 400 Kreisen und kreisfreien Städten eingesehen werden. 

Einflussfaktoren für die Unterschiede

Einfache Erklärungen für die großen Unterschiede gibt es allerdings nicht. Aber es wurden mehrere Faktoren ausgemacht, die statistisch einen großen Einfluss haben: Wo es viele Sonder- und Förderschüler gibt, ist auch die Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss hoch. Darüber hinaus spielt die Arbeitslosenquote eine Rolle. Dazu kommen auch Bundeslandeffekte – ihr Einfluss ist aber seit 2012 gesunken, da viele Bundesländer, etwa im Osten, aufgeholt haben. Auch der Anteil der ausländischen Schüler hat einen – wenn auch kleineren –  Einfluss, ebenso wie die Zahl der Beschäftigten ohne abgeschlossene Berufsausbildung.

Caritas-Präsident Peter Neher forderte mehr Bildungsgerechtigkeit für Deutschland. Er appellierte an die Bundesländer, Kreise und Städte, aktiv zu werden und durch gezielte Förderung die Quote der jungen Menschen ohne Hauptschulabschluss zu senken. Es habe sich gezeigt, dass Hilfen und Angebote wie Schulsozialarbeit, frühe Förderung, Berufsberatung, Berufsorientierung und Elternarbeit entscheidend dazu beitragen würden, dass Kinder und Jugendliche ihren Hauptschulabschluss schaffen. Im Deutschlandfunk führte Neher aus, Nachhilfeunterricht dürfe nicht erst einsetzen, wenn die Versetzung gefährdet sei, sondern die Pozentiale der Jugendlichen müssten früher gefördert werden: „Es gibt niemanden, der nichts kann.“

Dass der politische Wille viel bewirken kann, hatte bereits eine Caritas-Studie zu „Bildungschancen vor Ort“ aus dem Jahr 2012 gezeigt: Es gibt Kreise, die trotz schlechter Ausgangsbedingungen niedrige Quoten an Schulabgängern ohne Hauptschulabschluss haben. Nach den Erkenntnissen der Caritas hat die Verschuldung eines Kreises keinen statistisch nachweisbaren Effekt auf die Zahl der Abgänger ohne Hauptschulabschluss. „Damit kann sich vor Ort niemand entschuldigen, man habe nur deshalb so wenig Befähigungserfolg, weil kein Geld vorhanden sei”, betont Caritas-Präsident Peter Neher und richtete einen Appell an die politisch Verantwortlichen: „Sie müssen ihre Bemühungen zur Kooperation weiter stärken, auch wenn die Situation vor Ort schwierig ist.“