Interview mit Ulrike Hiller

Wie Bremen mit Städtepartnern die Agenda 2030 umsetzt

01. März 2019
Ulrike Hiller, Bremens Bevollmächtigte beim Bund, für Europa und Entwicklungszusammenarbeit, lädt Städtepartner Bremens und Bremerhafens ein.
Bremen und Bremerhaven laden am 4. und 5. März zur 2. Städtepartner-Konferenz ein. Im Mittelpunkt stehen die 17 Ziele der UN, die SGDs. Über die Konferenz hat die DEMO mit der SPD-Politikerin Ulrike Hiller gesprochen.

„17 Ziele für eine bessere Welt“ ist das Motto der zweiten Städtepartner-Konferenz in Bremen. Die Stadt an der Unterweser und Bremerhaven haben ihre jeweiligen Partner eingeladen, um die Umsetzung der von den Vereinten Nationen verabschiedeten 17 Entwicklungszielen, den Sustainable Development Goals (SDGs), zu beraten. Am Montagabend, 4. März, ist auch Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) zu Gast in Bremen. An beiden Tagen sind diverse Workshops geplant. Über die Konferenz hat die DEMO mit Gastgeberin Ulrike Hiller gesprochen. Hiller ist Bremens Bevollmächtigte beim Bund, für Europa und Entwicklungszusammenarbeit.

DEMO: Frau Hiller, was steht genau im Mittelpunkt der Städtepartner-Konferenz?
Ulrike Hiller: Im Mittelpunkt stehen die 17 Ziele der UN, die SGDs. Anhand derer sollen sich die Menschen bis 2030 in allen möglichen Bereichen dafür einsetzen, dass die Welt besser wird.

Was haben die Kommunen davon?
Die Kommunen haben sehr viel davon. Denn es geht um gesellschaftliche Ungleichheit, Arrnutsverneidung, Frieden, Klimaschutz, um Bildung für nachhaltige Entwicklung, um einen fairen und gerechten Handel und und und . Es sind somit viele Bereiche, die vor Ort dafür sorgen, dass wir ein gutes Leben haben. Das alles müssen wir sowieso lokal tun, und deshalb ist es direkt mit der kommunalen Ebene verbunden.

Wird es bei der Bremer Konferenz einen Schwerpunkt geben?
Wir hatten eigentlichen gedacht, dass wir vier Ziele besonders bearbeiten. Das war bei der ersten Konferenz 2016 auch der Fall. Es sollten diesmal andere sein, und zwar das Ziel 10 (Weniger Ungleichheiten, d.R.), den fairen Handel, das Thema Wasser und das Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung. Da wir diesmal mehr mit den Stadtteilen zusammenarbeiten, haben wir unsere Ortsamtsleitungen gefragt: „Was würdet Ihr einer internationalen Delegation zeigen?“ Wir haben daraufhin so viele Antworten und Empfehlungen aus den Stadtteilen bekommen, dass die Workshops vor allem am zweiten Tag, dem 5. März, viel umfangreicher sind. Da wir niemanden ausschließen möchten, ist das Programm nicht mehr ganz so stringent. Beispiel Thema Wasser: Viele der Partnerstädte von Bremen und Bremerhaven liegen am Wasser. Deshalb wird es einen Schwerpunkt Wasseraufbereitung geben. Aber auch der Umgang mit Wasser ist ein großes Thema. Da rutschen dann wieder andere Themen wie Plastik, Müllvermeidung und Klimaschutz mit hinein – gerade dann, wenn man mit den Häfen und dem Meer beschäftigt ist.

Unterscheidet sich der Umgang mit den SDGs in Bremen und Bremerhaven einerseits und den jeweiligen Partnerstädten andererseits nach Ihren Erfahrungen?
Wir haben bei der ersten Konferenz gemerkt, dass sich viele über die Einladung freuten. Gleichzeitig wunderten sich unsere Partner darüber, warum wir das überhaupt machen. Es gibt ja noch immer den Glauben, dass das, was die Vereinten Nationen beschließen, für sie vor Ort nicht von Bedeutung ist. Auch die Städtepartnerschaften haben ja ursprünglich einen ganz anderen Charakter: Es ging um Aussöhnung, Kennenlernen und das Knüpfen von Kontakten, etwa im Sport-oder Jugendbereich.

Insofern war es für die Partnerstädte etwas ganz Neues: Sie merkten, sie sind Teil eines Netzwerkes. Deshalb trafen wir uns bei der ersten Konferenz um die Arbeit auf den Fachebenen. Es war unser Wunsch, dass unsere Partner und Personen schicken, die schon an den SDGs arbeiten, damit wir von Ihnen lernen können.

Für diese zweiten Konferenz haben wir mehr Geld vom zuständigen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bekommen – verbunden mit dem Wunsch, die politische Ebene mit einzubeziehen. Also haben wir jetzt auch stärker politisch ausgerichtete Delegationen. Dadurch erhoffen wir uns, dass die Beschäftigung und das Bewusstsein für die SDGs geschärft wird. Das geht nur auf der politischen Ebene. Deshalb gehe ich davon aus, dass es eine Weiterentwicklung geben wird, auch was unsere Städtepartnerschaften angeht.

Inwieweit profitiert das Land Bremen davon und wie setzen es die beiden Städte um?
Auf der einen Seite profitieren wir davon, dass wir Vorbild sind. Andere Kommunen haben unser Format übernommen. Dazu gehören zum Beispiel Mannheim, Freiburg und Koblenz. Und wir lernen selbst von dem, was die einzelnen Delegationen mitbringen. Daraus ergeben sich wieder neue Fragestellungen zu bestimmten Themen in anderen Regionen. Dieses gemeinsame Lernen ist nicht nur super, sondern es ist ein Stück globalen Denkens und in der heutigen Zeit absolut notwendig. Die Zeiten, in denen der Reissack, der in China umfällt, mich nichts angeht, sind längst vorbei. Wir spüren die internationalen Auswirkungen vor Ort: im Klima, in der Migration oder auch in den Arbeitsbeziehungen.

Welche Schritte werden im Rahmen des Städtepartner-Netzwerks die nächsten sein?
Wir warten jetzt erst einmal ab, welche Vernetzungen und Verstärkungen es gibt. Der Austausch der Partner untereinander ist beispielsweise schon größer geworden. Und ich erhoffe mir, dass wir unsere eigene Verwaltung mehr in das Denken mit einbeziehen. Das gilt natürlich auch für die Bevölkerung. Ich erleben jetzt schon, dass die Bremerinnen und Bremer hochinteressiert sind. Für unsere Workshops gibt es so viele Anmeldungen, dass wir merken: Es gibt eine Lust. Jeder möchte mitmachen, und jeder kann auch mitmachen. Das alles werden wir auswerten. Die Idee ist natürlich, dass bis zum Jahr 2030 alle zweieinhalb bis drei Jahre diese Art von Konferenz fortführen und uns jeweils neuen Themen zu widmen.

Es geht aber auch darum zu sehen, was wir an Erfolgen feststellen können, beziehungsweise was sich verändert. Wir in Bremen verkoppeln sogar unseren gesamten digitalen Haushalt ab 2020/21 mit den 17 Entwicklungszielen. Alle Haushaltsstellen werden den Zielen zugeordnet. Wir hoffen zudem, dass sich in den Stadtteilen Bremens und Bremerhavens etwas tut, dass es dort eigene Aktivierungen gibt.