Victor Röder

60 Prozent: Wie ein SPD-Mann Bürgermeister in einer CDU-Hochburg wurde

Jonas Jordan02. Februar 2023
Sozialdemokrat Victor Röder ist neuer Bürgermeister der Gemeinde Jossgrund in Hessen.
Sensation in Hessen: In der CDU-Hochburg Jossgrund ist am Sonntag SPD-Mann Victor Röder mit 60 Prozent Zustimmung zum Bürgermeister gewählt worden. Dabei stand der dortige SPD-Ortsverein bereits kurz vor der Auflösung.

Was am Sonntagabend in der knapp 3.500 Einwohner*innen zählenden hessischen Gemeinde Jossgrund im Main-Kinzig-Kreis vor den Toren Frankfurts passiert ist, gleicht einer politischen Sensation. Denn die Gemeinde galt jahrzehntelang als Hochburg der CDU. Ergebnisse jenseits von 50 Prozent bei Landtags- und Bundestagswahlen für die Konservativen waren hier keine Seltenheit. Doch künftig regiert mit Victor Röder im Jossgrund ein Sozialdemokrat. Der 40-jährige IT-Berater gewann die Wahl mit 60,1 Prozent im ersten Durchgang.

Ein politischer Newcomer

„Es war eine Riesenerleichterung, dieses Ergebnis zu sehen. Denn ich hatte es mir natürlich erhofft, aber beim besten Willen nicht erwartet“, sagt Röder im Gespräch mit dem „vorwärts” über seinen Wahlerfolg. Dabei ist der Sozialdemokrat ein echter Newcomer auf der politischen Bühne. Zwar sympathisierte er seit dem Wahlerfolg von Rot-Grün 1998 mit der SPD. Doch erst seit 2017 trat er in die Partei ein. „Irgendwann habe ich gedacht: Du hast es schon so lange vor, jetzt machst du’s mal. Ich habe dann gemerkt, dass es einfacher ist, SPD-Mitglied zu werden, als bei Amazon ein Buch zu bestellen“, erzählt er.

Knapp vier Jahre lang blieb er zunächst stilles Mitglied, ehe ihn um den Jahreswechsel 2020/2021 ein Hilferuf seines Ortsvereins erreichte, dem die Auflösung drohte. „Da habe ich gesagt: Ja, ich möchte mich politisch engagieren. Sagt mir, was ich tun kann.“ So kam es, dass er im Frühjahr 2021 bei der Kommunalwahl kandidierte und seitdem für die SPD in der Gemeindevertretung sitzt. Eine mögliche Bürgermeisterkandidatur war da noch weit weg. „Mir wurde immer wieder gesagt: Victor, hast du nicht mal drüber nachgedacht? Du wärst doch ein guter Bürgermeister. Doch ich war erst wenige Monate in der Politik und war es gar nicht gewohnt, vor vielen Leuten zu sprechen. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich den Kopf für das Amt habe und eine mögliche gute Person dafür bin.“

Drei Monate Wahlkampf

Im Oktober wurde Röder offiziell zum Bürgermeisterkandidaten gekürt. Es folgte ein kurzer, aber intensiver Wahlkampf, auf den Röder nicht nur wegen der gewonnenen Wahl mit großer Freude zurückblickt: „Am liebsten würde ich allen mal raten, eine Bürgermeisterwahl zu durchlaufen. Denn man lernt so viele coole Leute kennen, hat so viele tolle Gespräche und lernt seine Heimatgemeinde komplett neu kennen.“ Negativ sind ihm dagegen die Querelen rund um seinen CDU-Mitbewerber in Erinnerung, der seine Kandidatur wenige Wochen vor der Wahl zurückzog, weil er sich aus den Reihen der konkurrierenden Freien Wähler diffamiert fühlte.

Auch deshalb ist es Röder wichtig, künftig als Bürgermeister überparteilich zu agieren. „Ich werde den Teufel tun und mit dem Parteibuch wedeln. Das wäre fatal“, sagt er. Stattdessen will er mit allen politischen Fraktionen in der kleinen Gemeinde an einem Strang ziehen. Am 1. Juli beerbt er den bisherigen Bürgermeister Rainer Schreiber, der dann 18 Jahre lang im Amt war. Schreiber trat dreimal als parteiloser Kandidat an. Erst im vergangenen Jahr trat er in die SPD ein und wird für die Partei bei der Landtagswahl im Oktober kandidieren.

Einer von 15 SPD-Bürgermeister*innen im Kreis

Vorher will er seinen Nachfolger und Parteikollegen noch ins Amt einarbeiten. Schon kommende Woche soll es losgehen. Künftig wird Röder dann einer von 15 SPD-Bürgermeister*innen im Main-Kinzig-Kreis sein. Auch auf die Unterstützung des ebenfalls am Sonntag wiedergewählten SPD-Landrates Thorsten Stolz kann er wie schon im Wahlkampf zählen. „Ich habe gemerkt, dass ich nicht alleine bin“, sagt Röder.

 

Dieser Text ist zuerst auf vorwaerts.de erschienen.

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