Interview mit Koblenz´ OB Langner

„Alle Sparbemühungen zunichte gemacht”

Wolfgang Kröhler08. Juli 2020
Oberbürgermeister David Langner.
Im Gespräch mit der DEMO erzählte der Oberbürgermeister von Koblenz David Langner, wie er die Corona-Krise erlebt und warum die Kommunen auf Hilfen bei der Gewerbesteuer angewiesen sind. Ein Interview aus der Juni-Ausgabe der DEMO.

Die Auswirkungen der Corona-Krise werden für längere Zeit ihre Spuren vor allem auch in den rheinland-pfälzischen Städten hinterlassen. Am Beispiel der Stadt Koblenz, die ins neue Jahr mit einem Haushalts­plus gestartet ist, lässt sich ablesen, wie sich der Einbruch der regionalen Wirtschaft in der Stadtkasse niederschlagen wird – statt einem Plus ein heftiges Minus. Mit Oberbürgermeister David ­Langner (SPD) führte die DEMO nachfolgendes Interview zur aktuellen Lage der Stadt Koblenz. Es erschien erstmals im „Landes-SGK EXTRA Rheinland-Pfalz” der DEMO und wurde am 27. Mai 2020 geführt.

Wie ist bisher die Stadt ­Koblenz durch die Corona-Krise ­gekommen, wie hoch sind ­bisher die Infektionszahlen und Todesfälle? Glauben Sie, dass für Koblenz und die Region der Höhepunkt vorerst überschritten ist?

Zum jetzigen Zeitpunkt (26.05.2020) ist noch eine Person in der Stadt Koblenz amtlich bestätigt mit Covid-19 infiziert. Insgesamt hatten wir 264 Koblenzerinnen und Koblenzer, bei denen das Virus nachgewiesen wurde. Leider gab es auch 17 Todesfälle, die im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gestanden haben. Ich hoffe natürlich, dass wir den Höhepunkt überschritten haben, aber wir sehen aktuell auch in manchen Regionen Deutschlands, wie schnell dann doch Infektionszahlen wieder nach oben schnellen können. Dennoch sehen wir die aktuelle Entwicklung in Koblenz natürlich als gutes Zeichen.

Hatte das Gesundheitsamt zu ­jeder Zeit die Lage im Griff? Muss personell weiter ­aufgestockt werden?

Die Stadt Koblenz verfügt über kein eigenes Gesundheitsamt, dieses ist bei der Kreisverwaltung des Landkreises Mayen-Koblenz angesiedelt. Wir haben hier stets und schon sehr früh in unmittelbarem und ständigen Kontakt gestanden. Die Kollegen vom Kreis haben aus meiner Sicht einen sehr guten Job gemacht und maßgeblich dazu beigetragen, dass wir sowohl für den Landkreis als auch für die Stadt Koblenz die Lage unter Kontrolle behalten konnten. Das Gesundheitsamt wird personell aufgestockt werden müssen, damit neue Krankheitsfälle konsequent nachverfolgt werden können.

Für die kommunalen ­Haushalte haben die wirtschaftlichen ­Auswirkungen der Pandemie gravierende Folgen. Haben Sie schon einen Überblick, wie sich die voraussichtlichen Einnahmeverluste, z.B. bei der Gewerbe- und Einkommenssteuer, auf den Etat von Koblenz niederschlagen werden?

Ein erster Überblick zeigt, dass wir von einem Haushaltsplus in ein deutliches Minus abrutschen. Alle Sparbemühungen der letzten Jahre sind damit auf einen Schlag zunichtegemacht. Die Verluste allein bei der Gewerbesteuer liegen nach heutigem Stand bei knapp 30 Millionen Euro. Hinzu kommen deutliche Mindereinahmen nicht nur bei der Einkommensteuer, sondern auch bei Gebühren oder Eintrittsgeldern.

Müssen geplante Projekte ­zeitlich nach hinten geschoben werden?

Das ist so jetzt zunächst nicht konkret geplant, zumal wir nicht einfach Projekte stoppen können, die bereits angelaufen sind. Wir müssen ­schauen, wie sich die Zahlen tatsächlich darstellen und dann entscheiden wir. Klar aber ist, wir werden in ­Koblenz wieder sehr hart sparen müssen und haben zunächst erstmal keinen Spielraum für neue Vorhaben.

Befürchten Sie langfristige ­Folgen für die Stadt Koblenz?

Das hängt letztlich natürlich davon ab, wie es mit der Corona-Pandemie weitergeht. Gerade unsere Haupteinnahme durch die Gewerbe­steuer ist nun einmal komplett mit der Wirtschaftslage verbunden. Es stellt sich also die Frage, wie und wann entwickelt sich die Wirtschaft wieder zu alter Stärke? Wir hoffen auf einen guten Verlauf vor allem auch im Sinne der Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Und wir haben den Einzelhandel, die Gastronomie, Kulturorganisationen und -schaffende, Vereine, sozialen Einrichtungen und viele mehr, die hart von der Pandemie und dem Lockdown getroffen wurden, im Blick.

Wir versuchen – neben den Hilfspaketen von Bund und Land – mit gezielten städtischen Maßnahmen zu unterstützen.

Bund und Land haben ja jetzt einen Rettungsschirm für die Kommunen gespannt. Es soll ein Ausgleich für die Verluste bei der Gewerbesteuer geben und Hilfen bei den Sozialausgaben. Eine Altschuldenregelung, wie von Finanzminister Olaf Scholz ursprünglich gefordert, wird es aber nicht geben. Sind Sie ­dennoch mit dem beschlossenen Konjunkturpaket zufrieden?

Wir begrüßen natürlich eine solche Unterstützungsmaßnahme für die Kommunen. Diese sollte uns ja – hier zitiere ich mal den Bundesfinanzminister – die Luft zum Atmen verschaffen. Die deutliche und dauerhafte Beteiligung des Bundes im Bereich der Sozialausgaben begrüßen wir. Froh sind wir auch über den Ausgleich der Verluste aus der Gewerbesteuer, ich sagte es bereits, da fehlen uns nach derzeitiger Prognose in 2020 über 30 Millionen Euro. Wenn jetzt das Land noch die zweite Hälfte der Verluste übernimmt, passt es. Selbstverständlich haben wir uns hinsichtlich der Altschulden etwas anderes erhofft. Es ist enttäuschend, dass sich die CDU innerhalb der Bundesregierung an diesem Punkt durchgesetzt hat. Rheinland-Pfalz hat sich ja klar zur Altschuldenlösung bekannt. Vielleicht gibt es ja eine kleine Variante zumindest für unser Bundesland?

Auch in Koblenz hat es ­bereits Demonstrationen ­gegen ­Einschränkungen der ­persönlichen Freiheit gegeben. Wie stellen Sie sich solchen ­Aktionen, oft geschürt von ­radikalen Kräften, entgegen?

Zunächst ist es natürlich das Recht jedes Einzelnen, seine Meinung über die Beschränkungen und Verbote im Rahmen der Corona-Pandemie zu haben und zu äußern. Das ist Demokratie und in einer solchen leben wir schon seit vielen Jahrzehnten sehr gut.

Aufmerken muss man dann, wenn ein gesamtgesellschaftlicher Ausnahmezustand dazu genutzt wird, die eigenen radikalen und teilweise anti-demokratischen Ideen unter dem Deckmantel des demokratischen Protestes in die Bevölkerung vermitteln zu wollen. Hier muss man achtsam sein, die eigentlichen Motive von Hetzern und Schwätzern erkennen und benennen. Wer demonstriert, sollte immer auch beachten, wer sich in den Protest mit einreiht und sich entsprechend abgrenzen.

Vielen Dank für das Gespräch.

weiterführender Artikel