Carsharing

Warum die Augsburger Stadtwerke selbst Carsharing anbieten

Carl-Friedrich Höck11. Februar 2016
Carsharing-Werbung an einer Augsburger Straßenbahn
Stationäre Carsharing-Angebote, wie zum Beispiel in Augsburg, sind eine gute Ergänzung zum ÖPNV.
In vielen Kommunen wird Carsharing immer beliebter. Nur in Augsburg hakte die Entwicklung ein wenig, also haben die Stadtwerke nachgeholfen – mit Erfolg.

Optimistisch waren die Verantwortlichen der Augsburger Stadtwerke (SWA) ohnehin, aber dann wurden sie sogar selbst überrascht vom Erfolg ihres Experiments. Im April 2015 haben die Stadtwerke ein eigenes Carsharing-Unternehmen gestartet. Mit 300 Kunden hatte die Geschäftsführung bis zum Jahresende kalkuliert – am Ende waren es mehr als 500. Den großen Geldsegen erwarten die Stadtwerke trotzdem nicht. „Mit dem Carsharing wollen wir keinen Gewinn machen“, sagt Stadtwerke-Sprecher Jürgen Fergg. „Unser Ziel ist es, in zwei bis drei Jahren eine schwarze Null zu schreiben.“

Carsharing ergänzt in Augsburg das ÖPNV-Angebot

Aber warum betreiben die SWA den Aufwand dann überhaupt? Immerhin ist er mit teuren Investitionen verbunden, unter anderem wurden in nur wenigen Monaten 45 Autos angeschafft und 21 Stellplatz-Standorte angemietet. „Das Carsharing ergänzt unser Mobilitäts­angebot“, erklärt Fergg. Das System ist stationsbasiert, man muss das geliehene Auto also stets wieder an denselben Stellplatz zurückbringen. Die Standorte liegen in unmittelbarer Nähe zu Straßenbahnhaltestellen. „Unsere Kunden sollen leicht von einem Verkehrsmittel auf das andere wechseln können und flexibel unterwegs sein“, gibt Fergg als Ziel an. Wer eine Kundenkarte für den öffentlichen Nahverkehr besitzt, erhält Rabatte: Die Aufnahmegebühr von 49 Euro entfällt, und in den ersten drei Monate wird auch keine Grundgebühr von sieben ­Euro fällig. Kurz gesagt: Das Carsharing soll noch mehr Augsburger dazu bewegen, auf das eigene Auto zu verzichten und lieber den ÖPNV zu nutzen.

Dass kommunale Unternehmen selbst in den Carsharing-Markt einsteigen, ist bislang die Ausnahme – und wird es wohl auch bleiben. In Osnabrück sind die Stadtwerke zu 50 Prozent an dem Anbieter „stadtteilauto OS GmbH“ beteiligt. Auch in Wuppertal haben die Stadtwerke einst mit „carriba“ ein eigenes Carsharing-Unternehmen betrieben – es aber bereits 2010 wieder eingestellt, weil es sich nicht rentierte.

Viele Stadtwerke kooperieren mit Carsharing-Anbietern

„Carsharing ist zunächst mal nicht unser Kerngeschäft“, stellt Lars Wagner klar, der Pressesprecher des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen. „Wer in diesen Markt als Betreiber einsteigt, übernimmt auch die komplette Verantwortung für den damit verbundenen Aufwand, etwa die Wartung der Fahrzeuge.“ Im Zweifel hätten Investitionen in Busse und Bahnen für viele Verkehrsunternehmen Vorrang.

In den meisten Kommunen suchen die Öffentlichen Nahverkehrsunternehmen deshalb einen anderen Weg und kooperieren mit privaten Carsharing-Anbietern. „Wir stehen seit vielen Jahren partnerschaftlich Seite an Seite mit den stationären Carsharing-Anbietern. Denn die Kombination aus Carsharing und ­ÖPNV ist klimafreundlich und entlastet den Verkehr in Städten und Ballungsräumen. Zudem kann Carsharing dort ein sinnvolles Zusatzangebot sein, wo der ­ÖPNV nicht so häufig fährt“, betont Wagner. Vielerorts erhalten ­ÖPNV-Kunden Rabatte, wenn sie sich fürs Carsharing anmelden. In einigen Städten geht die Zusammenarbeit noch weiter: In Hannover und Düsseldorf gibt es gemeinsame Kundenkarten für beide Angebote. In Münster können Mitarbeiter eines Carsharing-Unternehmens die Verkaufsstelle der Stadtwerke mitnutzen, in Biberach schließen Mitarbeiter des Verkehrsverbundes sogar gleich selbst Verträge für den örtlichen Carsharing-Verein ab.

Der Sprecher der Stadtwerke Augsburg Jürgen Fergg mit einem der Carsharing-Autos
Der Sprecher der Stadtwerke Augsburg Jürgen Fergg mit einem der Carsharing-Autos

Eigentlich wollten auch die Augsburger Stadtwerke nur einen Kooperationspartner gewinnen. „Die Unternehmen haben um Augsburg einen Bogen gemacht“, sagt Sprecher Fergg. „Wir haben einige angefragt, aber die haben abgewunken.“ Nur ein lokaler Verein bot Carsharing an, mit dem habe man sich aber nicht einigen können. Deshalb hätten die SWA beschlossen, selbst in das Geschäft einzusteigen, berichtet Fergg.

Autos zum Teilen gibt es in fast jeder Stadt

In anderen Städten stellt sich dieses Pro­blem nicht. Bundesweit ist das ­Auto-Teilen auf dem Vormarsch. In den vergangenen vier Jahren haben große ­Autohersteller mit Tochterfirmen wie Car2Go (Daimler/Europcar) oder DriveNow (BMW/Sixt) den Einstieg in das Geschäft gewagt und den Trend verstärkt. Den Grundstein haben laut Willi Loose, dem Geschäftsführer des Bundesverbands CarSharing e. V., aber vor allem kleinere Unternehmen und Vereine gelegt: „Die mittelständischen Unternehmen haben das Konzept seit mehr als 25 Jahren vorangetrieben. Sie wachsen nicht spektakulär, aber kontinuierlich“. Mit der Zeit hätten sie sich über die Kernstädte hinaus in die Peripherie ausgedehnt. Gerade die kleineren Unternehmen konzentrieren sich auf sta­tionäre Angebote. Damit sind sie Studien zufolge eine besonders gute Ergänzung zum öffentlichen Personennahverkehr.

„Das stationsbasierte Carsharing verzeichnet schon seit vielen Jahren einen jährlichen Kundenzuwachs von rund 20 Prozent“, berichtet Willi Loose. Laut ­einem im Frühjahr 2015 veröffentlichten Bericht seines Verbands gibt es diese Angebote bereits in 490 Städten – 110 mehr als noch im Vorjahr. Das sogenannte Free-Floating – also Carsharing-Angebote, deren Autos man innerhalb eines festgelegten Stadtgebietes an beliebiger Stelle wieder abstellen kann – gibt es dagegen nur in sieben Metropolen. Allerdings wachsen die Kundenzahlen gerade in diesem Bereich in atemberaubendem Tempo. Die Gesamtbilanz: Rund eine Million registrierte Carsharing-Kunden wurden Anfang 2015 gezählt, davon 660.000 bei Free-Floating- und 380.000 bei stationären Anbietern.

Carsharing-Markt ist noch klein

Die Statistik täuscht ein wenig darüber hinweg, dass der Markt immer noch sehr klein ist. Karteileichen und bei mehreren Firmen registrierte Kunden hübschen die Zahlen auf. Selbst in den Carsharing-Hauptstädten wie Karlsruhe, Stuttgart oder Köln kommen auf 1000 Einwohner nur ein bis zwei Teil-Autos. „Wir werden auf absehbare Zeit nicht die Mehrzahl der Menschen vom Carsharing überzeugen“, ist sich Loose vom Carsharing-Verband bewusst. Aber auf lange Sicht könne man vielleicht 10 bis 15 Prozent der städtischen Bevölkerung für das Konzept gewinnen.

Einen Schub erhoffen sich die Anbieter von der Politik. Die Bundesregierung plant ein Carsharing-Gesetz. Ein Entwurf wird derzeit zwischen den verschiedenen Ressorts abgestimmt. Im Kern soll das Gesetz den kommunalen Straßenverkehrsbehörden ermöglichen, spezielle Parkflächen auszuweisen. Die Standorte des stationsbasierten Carsharings könnten dann auch in den öffentlichen Verkehrsraum verlagert werden. „Sie würden aus den Hinterhöfen und Tiefgaragen herausgeholt, damit könnte Carsharing wesentlich stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken“, glaubt Loose. Auch die Stadtwerke Augsburg sehen dem Gesetz positiv entgegen. „Damit könnte es in Zukunft leichter sein, Stellplätze zu finden“, sagt Sprecher Fergg. Bisher müssten die SWA private Flächen anmieten, etwa von der Sparkasse.

 

Mehr Informationen
www.sw-augsburg.de
www.carsharing.de