Delegiertenversammlung der Bundes-SGK

Baranowski: „Wir lassen uns nicht einschüchtern“

Carl-Friedrich Höck23. November 2018
Frank Baranowski
Frank Baranowski
Er machte seinen Genossen Mut, aber kritisierte auch den Koalitionspartner im Bund und sogar die eigene Parteispitze: Frank Baranowski sprach auf der Delegiertenversammlung der Bundes-SGK Klartext. Am Ende wurde er mit großer Mehrheit als SGK-Vorsitzender wiedergewählt.

Nach mehreren herben Wahlniederlagen wird viel geschrieben über den Zustand der SPD in diesen Tagen. Das Ende der Volksparteien sei gekommen, die SPD werde nicht mehr gebraucht, heißt es etwa. Frank Baranowski, als Vorsitzender der Bundes-SGK sozusagen der oberste Kommunalpolitiker der SPD, weist das klar zurück. Man dürfe nicht zulassen, dass sich das neoliberale Mantra durchsetze, laut dem an alle gedacht sei, wenn jeder an sich denkt. „Die politische Aufgabe der SPD besteht darin, dass das Bündnis der Starken mit den Schwachen funktioniert“. Die SPD habe in ihrer Geschichte schon wirklich existenzielle Krisen erlebt und dürfe sich nun nicht entmutigen lassen. Sie sei noch immer eine Volkspartei.

"Uns bläst Wind ins Gesicht"

Ja, räumte Baranowski ein, die jüngsten Wahlergebnisse täten den Genossen weh, „wenn man sich im Wahlkampf reinhängt und am Ende wieder mit leeren Händen dasteht“. Er wisse nicht, ob die SPD sich heute wieder für den Gang in die große Koalition entscheiden würde. Der Umgang der Koalitionspartner miteinander sei unerträglich. Aber die Partei habe nunmal so entschieden, und man könne ja nicht jedes halbe Jahr neu abstimmen. Nun gehe es darum, nicht nur über Erneuerung zu reden, sondern sie auch umzusetzen. „In Zeiten rasanter Veränderung sich selbst gleich mit zu erneuern, das kann gelingen, muss aber nicht. Das ist eine Aufgabe, bei der uns der Wind mächtig ins Gesicht bläst.“ Zudem mahnte der SGK-Vorsitzende: „Nur mit einer verlässlichen Politik werden wir den rechten Rattenfängern den Nährboden entziehen können.“ Der Koalitionsvertrag enthalte ein strammes Arbeitsprogramm.

Kritik übte Baranowski zudem am Umgang der Bundesregierung mit der Diesel-Krise. Die Bundeskanzlerin habe versprochen, die Regierung werde dafür sorgen, dass es keine Fahrverbote gibt. Damit sei sie „auf ganzer Linie gescheitert“. Offenbar kenne Angela Merkel die Situation der Kommunen nicht. Sonst würde sie die Bürgermeister nicht auffordern, Luftreinhaltung zur Chefsache zu machen. Die Bundeskanzlerin müsse Verantwortung übernehmen und dürfe nicht die Kommunen als Ausfallbürgen für eine verfehlte Politik heranziehen. Die Diesel-Gipfel der Regierung seien ernüchternd gewesen, ein Gesamtkonzept kenne er nicht. Auch Verkehrsminister Andreas Scheuer bekam in Baranowskis Rede eine Breitseite ab. Die versprochenen Förderbescheide für Luftreinhaltung seien immer noch nicht eingetroffen. Dass der Minister nun den Kommunen den Schwarzen Peter zuschieben wolle, weil diese angeblich falsche Daten geliefert hätten, sei unglaublich.

Baranowski fordert mehr Wertschätzung für Kommunalpolitiker

Aber auch an die eigene Parteispitze richtete der SGK-Vorsitzende mahnende Worte. Der Erneuerungsprozess laufe nicht rund. So würden Kommunalpolitiker zu kurzfristig zu Runden in Berlin eingeladen, und dann würden diese noch mehrfach verschoben. Das mache es Kommunalpolitikern mit vollem Terminplan und langer Anreise schlichtweg unmöglich, sich in den Prozess einzubringen. Zudem bedauerte Baranowski, dass Parteichefin Andrea Nahles nicht persönlich zur Delegiertenversammlung erschienen war. Die SPD-Vorsitzende hatte sich zuvor per Videobotschaft an die versammelten Kommunalpolitiker gewandt und gelobt, diese gäben der Partei ein Gesicht.

Zum Schluss blickte Baranowski dann wieder nach vorne. Es sei wichtig, so der Gelsenkirchener Oberbürgermeister, dass die SPD Haltung zeige. Das bedeute: Keine Toleranz gegenüber jedweder Gewalt und „klare Kante gegenüber allen, die sich nicht an die Regeln des demokratischen Zusammenlebens halten“. Man dürfe sich mit dem gegenwärtigen Zustand der demokratischen Kultur nicht abfinden. Also mit Populismus, Fake News und Hassbotschaften, die sich etwa gegen Rettungskräfte oder Feuerwehrleute richten, aber auch gegen Bürgermeister und Ratsmitglieder.

„Wir bleiben solidarisch“, stellte Baranowski klar, und: „Wir lassen uns nicht vom rechten Mob einschüchtern.“ Die SPD müsse sich kommunal nicht neu erfinden, aber sie dürfe ruhig etwas kommunaler werden. Bei den mehr als 200 Delegierten kam die Rede offenbar gut an. Sie wählten Baranowski erneut zum Vorsitzenden der Bundes-SGK – mit einem klaren Ergebnis von 97,3 Prozent.