Mieterschutz

Barley stärkt die Mietpreisbremse

06. September 2018
Transparente gegen Verdrängung
Wenn Immobilien-Spekulation zu einem sozialen Problem wird: Transparente gegen Verdrängung an einem Wohnhaus in Berlin-Neukölln.
Seit drei Jahren gibt es die Mietpreisbremse. Die Mieten steigen in zahlreichen Städten trotzdem weiter drastisch an. SPD-Justizministerin Katarina Barley will etwas dagegen tun und hat am Mittwoch einen Gesetzesentwurf im Kabinett eingebracht, um die Mietpreisbremse zu stärken.

„Die hohen Mieten sind die neue soziale Frage. Mit dem Mieterschutzgesetz stärken wir die Rechte von Mietern, schützen sie vor Verdrängung und begrenzen die finanziellen Folgen von Modernisierungen.” Das sagte Bundesjustizministerin Katarina Barley dem „vorwärts”. Am Mittwochvormittag brachte sie ihren Vorschlag ins Kabinett ein und damit eine Verschärfung der Mietpreisbremse auf den Weg.

Der Gesetzesentwurf beinhaltet unter anderem eine erweiterte Auskunftspflicht für Vermieter. Wenn diese mehr als zehn Prozent mehr als die ortsübliche Miete verlangen, müssen sie vor Vertragsabschluss die Gründe dafür offenlegen. Umgekehrt reicht Mietern künftig eine kurze Mitteilung, wenn sie der Meinung sind, dass ihr Vermieter zu viel verlange. Sie sollen dies künftig nicht mehr ausführlich begründen müssen.

Missbräuchliche Modernisierung kann teuer werden

Bundesjustizministerin Katarina Barley
Bundesjustizministerin Katarina Barley (c) BMJV/Xander Heinl/photothek

Modernisierungskosten durften Vermieter bislang zu elf Prozent umlegen, in Zukunft sollen es nur noch acht Prozent sein. Allerdings soll dies erst einmal nur in Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt und lediglich für fünf Jahre gelten. Deutschlandweit gilt, dass die Miete nach einer Modernisierung innerhalb von sechs Jahren um höchstens drei Euro pro Quadratmeter steigen darf.

Darüber hinaus haben Mieter künftig Anspruch auf Schadensersatz, wenn Immobilienbesitzer eine Modernisierung ankündigen oder sie vollziehen mit dem Zweck, die Mieter loszuwerden. Mieter sollen demnach Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn beispielsweise ein Jahr, nachdem die Modernisierung angekündigt worden ist, noch nichts passiert ist, der Vermieter die Miete verdoppeln will oder die Bauarbeiten eine unnötig hohe Belastung für die Mieter sind. Eine derartige Modernisierung „in missbräuslicher Weise” kann künftig als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 100.000 Euro geahndet werden.

Fechner kritisiert die Union

Der Sprecher für Recht und Verbraucherschutz der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, lobte Barleys Entwurf als „wichtigen Schritt, um Mieter vor explodierenden Mieten zu schützen”. Fechner sprach sich dafür aus, dass sämtliche nun erarbeiteten Regelungen deutschlandweit gelten sollten, was die Union bisher blockiert habe.

„Indiskutabel ist für uns die jüngste Forderung der Union, die Aufweichung des vereinfachten Verfahrens für kleinere Modernisierungsmaßnahmen von höchstens 10.000 Euro vorzusehe, die einmalig innerhalb von fünf Jahren möglich sein soll”, sagt er. Ohne diese Fünfjahresfrist würde Missbrauch Tür und Tor geöffnet. „Das ist kein effektiver Mieterschutz”, sagt Fechner.

Barley: Innenstadt auch für Krankenpfleger

Katarina Barley fordert, dass Innenstädte weiterhin bezahlbar sein müssten. „Es kann nicht sein, dass Polizistinnen und Krankenpfleger sich in einigen Städten keine Wohnungen mehr leisten können und täglich stundenlang zu ihrem Arbeitsplatz pendeln müssen”, sagte die Justizministerin. „Eigentum verpflichtet”, steht in Artikel 14 des Grundgesetzes. Daran müssten sich auch Finanzinvestoren und Spekulanten halten, fordert Barley.

„Unser Mieterschutzgesetz ist ein wichtiger Beitrag, um Mieter effektiv vor Willkür und Wucher zu schützen”, sagte die Ministerin und kündigte darüber hinaus weitere Ausgaben an, um sozialen Wohnungsbau zu fördern und Familien beim Kauf von Wohneigentum zu unterstützen.

Druck der SPD führt zum Erfolg

Harald Baumann-Hasske, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen (ASJ), begrüßte Barleys Vorstoß: „Insbesondere die Verschärfung der Mietpreisbremse durch die Einführung einer Auskunftspflicht der Vermieter und die Einführung eines einfachen Rügerechts für Mieter wird zu einer besseren Wirksamkeit der Mietpreisbremse führen. Wir als ASJ haben immer kritisiert, dass die Beweislast für die Durchsetzung der Mietpreisbremse allein bei den Mietern liegt. Diese, auf Wunsch der Union eingeführte Regelung, wird nun auf Druck des Koalitionspartners SPD korrigiert.”

Die Absenkung der Modernisierungsumlage von elf auf acht Prozent sieht der ASJ-Vorsitzende als „ersten richtigen Schritt”, um Mieter vor Preissteigerungen zu schützen. Auch die Verschärfung der Regeln zum Schutz vor dem sogenannten „Herausmodernisieren“ von Mietern sei richtig. „Insgesamt sind die jetzt beschlossenen Regelungen wichtig, um so schnell wie möglich einen besseren Mieterschutz zu gewährleisten”, lobte Baumann-Hasske.

Lob vom Deutschen Städtetag

Der Präsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister der Stadt Münster, Markus Lewe, begrüßte die verbesserte Mietpreisbremse: „Die Mietpreisbremse in ihrer bisherigen Form hat den Anstieg der Mieten nicht nachweisbar verringern können, weil sie bislang für Mieter in der Praxis kaum anwendbar war. Zu einer praxistauglichen Mietpreisbremse gehört nach Ansicht der Städte deshalb die jetzt vorgesehene Auskunftspflicht des Vermieters über die Höhe der Vormiete.”

Richtig sei auch, Mietern durch eine einfache Rüge die Möglichkeit zu geben, gegen eine zu hohe Miete vorzugehen. Damit die verschärfte Mietpreisbremse tatsächlich besser wirken kann, müsse außerdem die jeweilige ortsübliche Vergleichsmiete rechtssicher und unkompliziert zu ermitteln sein. Dies gelinge am besten mittels anerkannter qualifizierter Mietspiegel.

Kritik von Eigentümerorganisation

Die Eigentümerorganisation „Haus & Grund” kritisierte den Entwurf hingegen als Ablenkungsmanöver. Die neuen Regelungen seien nicht geeignet, unteren Einkommensgruppen den Zugang zu Wohnraum in begehrten Städten zu sichern.

„Die Politik muss das Bauen und Wohnen günstiger machen. Sie muss unnötige Bauvorschriften streichen, die Grund- und Grunderwerbsteuer senken und energetische Standards überdenken. Zudem müssen Baugenehmigungen schneller abgearbeitet werden“, forderte ”Haus & Grund”-Präsident Kai Warnecke.

Dem Deutschen Mieterbund dagegen gehen die neuen Regeln nicht weit genug. Bundesdirektor Lukas Siebenkotten hält es für ein Problem, dass die Mietpreisbremse nicht flächendeckend in Deutschland gilt. Die Modernisierungsumlage will der Mieterbund auf vier Prozent absenken. Siebenkotten fordert zudem, eine Kappungsgrenze von 1,50 Euro pro Quadratmeter einzuführen.

Dieser Artikel ist zuerst auf vorwaerts.de erschienen.