Seehofer gibt Blockade auf

Baulandmobilisierungsgesetz: SPD setzt mehr Schutz für Mieter*innen durch

Carl-Friedrich Höck04. November 2020
Die Novelle soll den Bau von Wohnungen voranbringen.
Das Kabinett hat den Entwurf für eine Baugesetznovelle beschlossen. Darin enthalten sind auch ein Umwandlungsschutz für Mietwohnungen und ein Baugebot für angespannte Wohnungsmärkte. Beides hatte in einem ersten Entwurf noch überraschend gefehlt.

Für SPD-Fraktionsvize Sören Bartol ist es „ein wichtiger Etappensieg für die Mieterinnen und Mieter“: Das Bundeskabinett hat am Mittwoch ein Baulandmobilisierungsgesetz auf den Weg gebracht. Wichtig sei, dass es nun zügig vom Bundestag verabschiedet werde, sagt der Sozialdemokrat.

Das Baulandmobilisierungsgesetz soll dazu beitragen, dass mehr bezahlbare Wohnungen geschaffen werden – vor allem in Städten und Gemeinden mit angespannter Wohnungslage. Es erweitert die Handlungsspielräume der Kommunen und enthält auch Regelungen zum Schutz der Mieter*innen.

Grundstücke sollen nicht mehr brachliegen

Der Entwurf der Bundesregierung enthält auch zwei Punkte, um die lange gerungen worden war: Erstens ein Baugebot, das Städte und Gemeinden künftig leichter für angespannte Wohnungsmärkte erlassen können. Damit können sie zum Beispiel Eigentümer*innen, die ein Grundstück aus Spekulationsgründen brachliegen lassen, zwingen dort Wohnungen zu bauen. Kommen sie der Aufforderung nicht nach, kann die Stadt das Grundstück selbst übernehmen. Sie kann es auch einer gemeinwohlorientierten Wohnungsbaugesellschaft oder Genossenschaft zusprechen, damit diese dort baut.

Zweitens wird die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in angespannten Wohnungsmärkten erschwert. Diese Umwandlungen gehen oft mit Luxussanierungen einher und führen in der Praxis häufig dazu, dass Mieter*innen aus ihren Wohnungen herausgedrängt werden. Die Bundesländer können in Zukunft Gebiete bestimmen, in denen die Umwandlung von der Behörde genehmigt werden muss. Diese Genehmigung soll nur in Ausnahmefällen erteilt werden – zum Beispiel, wenn der*die Eigentümer*in die Wohnung an Angehörige zur Selbstnutzung verkaufen will. Die Regelung wird zunächst befristet bis Ende 2025.

Druck der SPD zahlt sich aus

Beide Instrumente waren in der Koalition eigentlich längst verabredet, fehlten dann aber überraschend in einem ersten Entwurf, den Innenminister Horst Seehofer (CSU) im September vorlegte. Die SPD reagierte empört und warf Seehofer Wortbruch sowie ein Einknicken vor der Immobilienlobby vor. Die sozialdemokratischen Minister*innen und die SPD-Bundestagsfraktion haben sich nun durchgesetzt: Baugebot und Umwandlungsschutz sind wieder im Gesetz enthalten.

Weitere Eckpunkte der Novelle: Das Vorkaufsrecht der Kommunen wird erweitert. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt erhalten sie einen Erstzugriff auf sogenannte Schrottimmobilien, also untergenutzte oder verwahrloste Grundstücke. Nachverdichtungen werden erleichtert – wie der Ausbau von Dachgeschossen oder das Schließen von Baulücken. Dazu erhalten die Gemeinden mehr Spielraum, um von den Vorgaben der Bebauungspläne abzuweichen.

In Innenstädten existiert oft kein Bebauungsplan. Deshalb haben die Kommunen dort wenig Handhabe, darüber mitzuentscheiden, was genau gebaut werden darf – ob Gewerbe, günstige Wohnungen oder teure Luxuslofts. Nach dem Willen der Koalition sollen die Städte in Zukunft relativ einfach bestimmen können, dass ein Mindestanteil an bezahlbaren Wohnungen oder Sozialwohnungen entstehen muss. Dafür werden sogenannte „sektorale“ Bebauungspläne eingeführt.

Städtetag und Mieterbund begrüßen die Einigung

„Die Städte sind erleichtert“, kommentierte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages Helmut Dedy die Nachricht, dass die Baurechtsnovelle nun vom Kabinett beschlossen wurde. Das Gesetz enthalte wichtige Instrumente, um den Bau bezahlbarer Wohnungen voranbringen zu können. Damit würden einige der konstruktiven Empfehlungen der Baulandkommission umgesetzt. „Für eine sozial gerechte, gemeinwohlorientierte Bodenpolitik muss der Weg weitergegangen werden“, sagte Dedy.

Zustimmend äußert sich auch der Deutsche Mieterbund. „Wir freuen uns, dass unsere massive Kritik an der ersatzlosen Streichung der Umwandlungsbeschränkung von Miet- in Eigentumswohnungen gefruchtet hat“, erklärt Präsident Lukas Siebenkotten. „Auch die SPD hat sich in der Regierung intensiv für die Umwandlungsbeschränkung ein- und diese im Ergebnis durchgesetzt.“

Siebenkotten wünscht sich allerdings, dass die Regelung noch weiter verschärft wird. Er erklärt: Mit dem aktuellen Gesetzentwurf dürfe auch in Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf ein Drittel der Wohnungen eines Gebäudes nach Umwandlung an Dritte verkauft werden, wenn der*die Gebäudeeigentümer*in gegenüber der Behörde zusichere, dass er zwei Drittel der Wohnungen an Mieter*innen verkauft. „Dieser Ausnahmetatbestand öffnet einer Umgehung der Beschränkung Tür und Tor“, befürchtet der Mieterbund-Präsident. Deshalb müsse er gestrichen werde.

 

Mehr Informationen zur Baurechtsnovelle:
bundesregierung.de

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