Klimaschutz und Mieter*innenschutz

Bauministerkonferenz will Wärmewende sozialverträglich gestalten

Carl-Friedrich Höck22. November 2021
Dachgeschoss-Dämmung: Der Gebäudesektor soll treibhausgasneutral werden, ohne dass die Wohnkosten in die Höhe schießen.
Der Gebäudebestand soll bis 2045 klimaneutral werden. Um die Preise für das Wohnen zu begrenzen, fordern die Bauminister*innen der Länder vom Bund weitere Maßnahmen. Offen ist, wie es mit dem Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten weitergeht – die bisherige Praxis wurde vom Bundesverwaltungsgericht gekippt.

Mit Beschlüssen zu Klimaschutz und bezahlbarem Wohnen ist am Freitag die 138. Bauministerkonferenz (BMK) zu Ende gegangen. Rund ein Sechstel der Treibhausgas-Emissionen sind auf den Gebäudesektor zurückzuführen. „Gemeinsam mit dem Bund verfolgen die Länder das Ziel, den Wohnungsbestand bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral zu betreiben“, unterstrich die BMK-Vorsitzende, Thüringens Infrastrukturministerin Susanna Karawanskij (Die Linke), am Freitag. Zugleich verwies sie darauf, dass bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden müsse.

Viel Geld, wenig Zeit

Damit das klappt, sehen die Bauminister*innen der Länder auch den Bund in der Verantwortung. Der hat das Thema ebenfalls auf der Agenda. So wurde mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm der Bundesregierung für das Jahr 2022 eine zusätzliche Milliarde Euro bereitgestellt, um den klimagerechten sozialen Wohnungsbau zu fördern – beschlossen wurde das im vergangenen Juni. Die Länder befürchten jedoch, dass die Mittel so kurzfristig gar nicht abgerufen werden können. Bund und Länder verhandeln über eine Verwaltungsvereinbarung 2022, bisher gibt es dazu noch keine Einigung.

Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeld (SPD) hob zwei Forderungen der Länder an den Bund besonders hervor: Es brauche eine verlässliche Bundesförderung, die effektiv Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen unterstützt und sicherstellt, dass die Wärmewende sozialverträglich gestaltet werden kann. Zweitens brauche es Technologieoffenheit, um den Klimaschutz im Gebäudesektor möglichst effektiv und kostengünstig umzusetzen. Nicht mehr der Energiebedarf für jedes einzelne Gebäude solle maßgeblich sein, stattdessen solle der Treibhausgas-Ausstoß für die Gebäude, aber auch ganze Quartiere in den Fokus rücken. Dafür müsse der rechtliche Rahmen des Gebäudeenergiegesetzes grundsätzlich überarbeitet werden. „Wir wollen, dass die Treibhausgas-Emissionen dafür die zentrale Steuerungs- und Zielgröße werden“, so Stapelfeld.

Neben den Klimaschutz-Vorgaben sind auch die knappen Rohstoffe ein Kostentreiber beim Wohnungsbau. „Wir haben gesehen, dass die Baupreise durch die Decke gehen“, sagte Susanna Karawanskij. Mit einem Beschluss appellierten die Bauminister*innen der Länder an den Bund, diese Entwicklung bei den Bund-Länder-Programmen zu berücksichtigen.

Keine Einigkeit beim Vorkaufsrecht

Nicht einigen konnten sich die Bauminister*innen zur Frage, wie es mit dem kommunalen Vorkaufsrecht in Gebieten mit sozialer Erhaltungssatzung weitergehen soll. Bisher haben zum Beispiel in Berlin mehrere Bezirke das Vorkaufsrecht im Milieuschutzgebieten genutzt. Damit wollten sie Mieter*innen vor der Gefahr bewahren, dass der künftige Eigentümer die Wohnungen aufwertet und die Mieten erhöht. In einem Fall hat das Bundesverwaltungsgericht diese Praxis nun für rechtswidrig erklärt. Damit ist fraglich, ob das Instrument überhaupt noch genutzt werden kann, um Menschen mit niedrigen Einkommen vor Verdrängung zu schützen. Eine Klarstellung im Baugesetzbuch könnte dieses Problem beheben. Laut Karawanskij konnten sich die Bauminister*innen jedoch nicht auf eine gemeinsame Position verständigen, weil Bayern sein Veto eingelegt habe.

Ein weiteres Thema auf der Bauministerkonferenz war das KfW-Programm 55. Die Förderbank KfW unterstützt damit den Effizienzstandard 55 im Gebäudebereich. Nun hat das Bundeswirtschaftsministerium bekanntgegeben, dass das Förderprogramm im kommenden Jahr eingestellt werden soll. „Es hat alle überrascht“, so Nordrhein-Westfalens Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU). Wenn es dabei bleibe, gebe es in allen Investitionsplänen schlagartig eine Finanzierungslücke. Die Bauministerkonferenz bitte die Bundesregierung dringend, die KfW55-Förderung fortzusetzen.

 

Mehr Informationen
Die gefassten Beschlüsse sollen zeitnah auf bauministerkonferenz.de veröffentlicht werden.

weiterführender Artikel