BVV-Wahlen Berlin

Wie die Berliner Bezirke gewählt haben – und was daraus folgt

Carl-Friedrich Höck13. Februar 2023
Das Rathaus Spandau, Sitz des Spandauer Bezirksamtes und der BVV
Aus den Berliner BVV-Wahlen geht die CDU als Wahlsiegerin hervor. Die SPD stellt in keinem Bezirksparlament mehr die größte Fraktion. Wie die Rathäuser künftig besetzt werden, ist noch offen – das liegt auch an einem kuriosen Sonderfall.

Das Ergebnis der Wiederholungswahlen in Berlin verändert die Mehrheitsverhältnisse in den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) grundlegend. In neun von zwölf Bezirken hat die CDU das beste Wahlergebnis erzielt. In drei Bezirken liegen die Grünen vorne.

Zum Vergleich: Bei der für ungültig erklärten Wahl im Jahr 2021 fuhren die Grünen in fünf Bezirken das beste Ergebnis ein, SPD und CDU jeweils in drei Bezirken und Die Linke war in einem Bezirk stärkste Kraft.

Ringen um die Rathäuser

Was das für die Bürgermeister*innen-Posten bedeutet, ist bisher noch unklar. Zwar stellt in den Bezirken häufig die stärkste Fraktion auch den Bürgermeister oder die Bürgermeisterin, dies ist jedoch kein Automatismus. Denn in der Wahl der Bürgermeister*in durch die BVV drückt sich häufig auch aus, welche Fraktionen politisch zusammenarbeiten möchten.

Bisher haben fünf Bürgermeister*innen ein SPD-Parteibuch: Carola Brückner in Spandau, Martin Hikel in Neukölln, Oliver Igel in Treptow-Köpenick, Gordon Lemm in Marzahn-Hellersdorf und Uwe Brockhausen in Reinickendorf.

Lemm und Brockhausen wurden aufgrund politischer Bündnisse ins Amt gewählt, obwohl die SPD in ihren Bezirken bei den letzten BVV-Wahlen nur das zweitbeste Ergebnis erzielt hatte. Nach der Wiederholungswahl ist ein demokratisches Bündnis gegen die CDU in beiden Bezirken nicht mehr möglich, weil diese rechnerisch gemeinsam mit der AfD auf eine absolute Mehrheit kommt. Neben Marzahn-Hellersdorf und Reinickendorf gilt dies auch für Spandau. In allen drei Bezirken stellt die CDU die größte Fraktion und wird somit voraussichtlich künftig auch das Rathaus führen.

„R2G” mit Mehrheit in acht Bezirken

Die auf Landesebene regierenden Parteien SPD, Grüne und Linke haben in acht BVVen eine gemeinsame Stimmenmehrheit: Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg, Mitte, Neukölln, Pankow, Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf. Eine politische Zusammenarbeit bei der Wahl der Bürgermeister*innen ist also zumindest denkbar.

Anders verhält es sich bei der Besetzung der Bezirksämter, also den sechsköpfigen „Bezirksregierungen“. In Berlin gibt es bisher kein „politisches Bezirksamt“. Es entscheidet also keine Koalition darüber, wie viele Bezirksamtsposten welcher Fraktion zustehen. Stattdessen wird dies anhand des Wahlergebnisses mathematisch ermittelt (anhand des Höchstzahlverfahrens nach d´ Hondt). Deshalb wird es auch künftig in vielen Bezirken wieder AfD-Stadträt*innen geben, obwohl die Partei als politisch isoliert gilt. Die Bezirksverordneten bestimmen lediglich darüber, welche Personen ins Bezirksamt gewählt werden.

Bisher nicht dagewesener Sonderfall

All dies steht jedoch unter einem Vorbehalt, und hier wird es kurios. Denn die Bezirksverordnetenversammlungen haben bereits nach der Wahl 2021 die Bezirksämter neu gewählt – und zwar für die Dauer der Wahlperiode. Diese beginnt jedoch mit der Wiederholungswahl nicht neu, die 19. Legislaturperiode läuft einfach weiter. Um ein Bezirksamtsmitglied abzuwählen, ist laut Berliner Verfassung eine Zweidrittelmehrheit nötig. Kommt diese nicht zustande, würden die bisherigen Bürgermeister*innen und Stadträt*innen einfach im Amt bleiben – selbst, wenn dies nicht mehr dem Willen der Wähler*innen entspricht.

Denkbar ist, dass sich die zwölf Berliner Bezirksparlamente einheitlich darauf verständigen, die bisherigen Bezirksämter abzuberufen. Nach DEMO-Informationen soll es am 17. Februar ein Treffen der BVV-Vorsteher*innen geben, auf dem über das weitere Vorgehen beraten wird.

 

Mehr Informationen:
Die Ergebnisse der BVV-Wahlen aller zwölf Berliner Bezirke können hier abgerufen werden:
wahlen-berlin.de

Anmerkung: In einer älteren Version dieses Artikels hieß es, die BVV entscheide auch darüber, welche Dezernate die Bezirksamtsmitglieder leiten werden. Richtig ist dagegen: Die Entscheidung, wer welchen Geschäftsbereich leitet, trifft das Bezirksamt selbst. In der Praxis wird dazu allerdings oft schon vor der Wahl zwischen den maßgeblichen Fraktionen bzw. Parteien eine Einigung erzielt.

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