Kundgebung in Berlin

Beschäftigte im öffentlichen Dienst werfen Kommunen Tarifverschleppung vor

Carl-Friedrich Höck10. April 2018
dbb-Demo: Gewerkschaftsmitglieder demonstrieren
Sie demonstrierten für mehr Lohn: Mitglieder der dbb-Gewerkschaften
In den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst erhöhen die Gewerkschaften den Druck. Mehrere hundert Beschäftigte haben am Montag in Berlin demonstriert. Ihre Kritik richtet sich insbesondere gegen die kommunalen Arbeitgeber.

In der Leipziger Straße in Berlin-Mitte wurde es am Montag laut. Mit Trillerpfeifen, Tröten und Rasseln zogen mehrere hundert Gewerkschaftsmitglieder vor das Haus, in dem die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ihren Sitz hat – und später weiter zum Bundesfinanzministerium. Zur Demonstration aufgerufen hatte der dbb – Beamtenbund und Tarifunion.

Die Kommunen blockieren, sagt der dbb

Zwar arbeiten viele der Demonstranten gar nicht für kommunale Arbeitgeber, sondern für Landes- oder Bundesbehörden. Das verrieten die Leibchen, die sie als Mitglieder von Polizei- und Zollgewerkschaften, der Bundesbank-Gewerkschaft oder des VBOB (Verband der obersten und oberen Bundesbehörden) auswiesen. Trotzdem richtete sich ihre Kritik insbesondere gegen die kommunalen Arbeitgeber.

dbb-Demo Thomas Komander
Redner auf der Kundgebung: Thomas Komander und Karoline Herrmann

Diese seien es, „die in dieser Tarifrunde blockieren“, bemerkte der Zweite Vorsitzende des dbb Friedhelm Schäfer. „Das lassen wir uns nicht gefallen.“ Auch Thomas Komander von der Bundeswehr-Gewerkschaft VAB kritisierte als Redner den VKA und dessen Präsidenten Thomas Böhle: „Herr Böhle verbreitet das Märchen von den leeren Kassen.“ Dabei verzeichneten die Kommunen jedoch Milliardenüberschüsse. Thomas Böhle wolle den Investitionsstau in den Kommunen beseitigen, sagte Komander. Das aber sei ohne die Beschäftigten, die die Aufträge schreiben, gar nicht möglich.

„Die besten Bedingungen bieten”

Die Gewerkschaften fordern sechs Prozent mehr Gehalt für die Beschäftigten, mindestens aber 200 Euro mehr. Wie die Vorsitzende der dbb-Jugend Karoline Herrmann außerdem erklärte, will der dbb für Auszubildende 100 Euro mehr Lohn, Anspruch auf 30 Tage Urlaub, eine verbindliche Übernahme der Azubis und eine Vergütung auch für die schulische Ausbildung durchsetzen. Im Öffentlichen Dienst fehlten 200.000 Stellen, merkte Karoline Herrmann an. „Wer will, dass die besten Leute zum Staat gehen, der muss auch die besten Bedingungen bieten.“

dbb-DEMO Zug
Ein langer Zug: Demonstrierende ziehen vom Sitz der VKA weiter zum Bundesfinanzministerium.

Die bisherigen beiden Tarifrunden waren ergebnislos verlaufen. Zur zweiten Tarifrunde hatten die Arbeitgeber kein neues Angebot vorgelegt. Der dbb wirft ihnen nun „Tarifverschleppung“ vor. Die Gewerkschaften reagierten in den vergangenen Wochen mit Warnstreiks. Die nächste und vorerst letzte Verhandlungsrunde ist für den 15. und 16. April angesetzt.

Arbeitgeber verweisen auf haushaltsschwache Kommunen

Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber weist die Kritik der Gewerschaften zurück. „Wir haben die herausfordernde Aufgabe, eine Lösung zu finden, die von allen Kommunen getragen werden kann“, sagt Hauptgeschäftsführer Klaus-Dieter Klapproth. „Es gibt aber eine Vielzahl von Kommunen, deren Haushaltssituation derart prekär ist, dass sie nur noch die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen erbringen dürfen.“ Die VKA stehe für einen bundesweiten Flächentarifvertrag. Dieser stelle sicher, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes weitgehend einheitliche Arbeitsbedingungen haben. „Wäre das nicht so, hätten wir bei der Besetzung von Stellen Konkurrenz über die Löhne“, gibt Klapproth zu bedenken. Das würde insbesondere finanzschwache Kommunen benachteiligen, meint der VKA-Hauptgeschäftsführer. Die Leidtragenden seien dann die dort lebenden Bürger, weil kommunale Dienstleistungen nicht mehr in gleichem Maße erbracht werden könnten.

Auch den Vorwurf der Tarifverschleppung kann Klapproth nicht nachvollziehen. Auf Nachfrage sagt er: „Die Gewerkschaften haben neben den Gehaltsforderungen noch zahlreiche weitere Forderungen gestellt. Hier müssen wir ein schlüssiges Gesamtpaket schnüren. Dieser Prozess braucht einfach Zeit.“ Streiks sind nach Ansicht des VKA-Hauptgeschäftsführers überflüssig, weil sie den Verlauf der Tarifverhandlungen nicht beeinflussten und überdies die Bürgerinnen und Bürger belasteten.

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