Bundesverfassungsgericht legt fest

Bettensteuer ist mit dem Grundgesetz vereinbar

Uwe Roth17. Mai 2022
Kommunen können an Übernachtungen mitverdienen.
Der Deutsche Städtetag begrüßte das Urteil aus Karlsruhe. Die Verbände der Hotellerie zeigten sich nach dem Spruch dagegen „maßlos enttäuscht“. Wie viele Kommunen jetzt die Einführung einer Bettensteuer erwägen, lässt sich nicht abschätzen.

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hat am Dienstag in Karlsruhe vier Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen, die die Erhebung einer Steuer auf entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben (Übernachtungsteuer) betreffen. Die Klagen waren aus Hamburg, Bremen und aus der Stadt Freiburg im Breisgau gekommen. Die Vorschriften seien mit dem Grundgesetz vereinbar, urteilte das Gericht.

Die Regelung zur Übernachtungsteuer sind laut dem Urteil materiell mit dem Grundgesetz vereinbar. Aus BVerfG-Sicht werden die betroffenen Beherbergungsbetriebe durch die bestehenden Regelungen „nicht übermäßig belastet“. Der Gesetzgeber könne zudem beruflich veranlasste Übernachtungen von der Aufwandbesteuerung ausnehmen, müsse dies aber nicht.

„Es ist eine gute Nachricht für Kommunen“

Der Deutsche Städtetag begrüßte das Urteil: „Es ist eine gute Nachricht für Kommunen“, so Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy in einer Stellungnahme. Die Steuer sei sinnvoll, denn damit bezahlten die Städte oft wichtige Tourismusprojekte oder Infrastruktur vor Ort. Nachdem mit dem Urteil „die Rechtsunsicherheiten ausgeräumt“ seien, rechnet der Städtetag damit, dass weitere Städte eine Bettensteuer einführen.

„Ob die Erhebung einer Bettensteuer oder die Ausweitung auf berufliche Übernachtungen im Einzelfall sinnvoll ist, lässt sich aber nicht pauschal beantworten. Das muss vor Ort entschieden werden“, sagte Dedy. Es ist aus seiner Sicht denkbar, dass viele Kommunen künftig die beruflichen Übernachtungen besteuern werden. Das mache es für die Hotels einfacher, die Steuer zu erheben.

Hotellerie „maßlos vom Urteil enttäuscht“

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga Bundesverband) und der Hotelverband Deutschland (IHA) reagierten dagegen „maßlos enttäuscht“ auf das Urteil, auf das die Hotellerie über sechs Jahre gewartet habe. „Leider wurden dem kommunalen Steuerfindungsrecht keine Grenzen gesetzt“, heißt es in einer Stellungnahme. Der Spruch des Bundesverfassungsgerichts „bedeutet nach den massiven Umsatzeinbrüchen durch die Corona-Pandemie einen weiteren herben Schlag für die Branche“, so die Verbände.

Die Entscheidung treffe die Branche „zum ungünstigsten Zeitpunkt“. Nach Dehoga-Angaben beläuft sich der Umsatzrückgang für die Beherbergungsbetriebe im ersten Quartal 2022 im Vergleich zu dem Vorkrisenjahr 2019 auf real minus 39,7 Prozent. Im Jahr 2020 verzeichnete die Hotellerie durch die Corona-Maßnahmen einen Verlust von minus 45,7 Prozent, im Jahr 2021 von minus 44,8 Prozent.

Appell an Kommunen zum Verzicht auf Steuer

Dehoga und IHA „appellieren an die Kommunen, diese Entscheidung nicht als Ermunterung zu verstehen, jetzt Bettensteuern einzuführen und die Hoteliers und Gäste mit neuen Belastungen zu konfrontieren.“ Die Beherbergungsbetriebe seien wichtige Leistungsträger vor Ort, sie schafften Arbeitsplätze und machten Innenstädte lebenswert. Jede Stadt müsse ein vitales Interesse daran haben, dass sich die Betriebe und Innenstädte von der Pandemie erholen. Die Verbände halten es für „absolut kontraproduktiv“, in Zeiten hoher Inflation und explodierender Energiepreise jetzt über neue Belastungen der Hotels und ihrer Gäste nachzudenken.

Hintergrund zum Urteil

Seit dem Jahr 2005 führten zahlreiche Städte und Gemeinden unter Berufung auf Artikel 105 Absatz 2a Satz 1 Grundgesetz eine Steuer auf entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben im Gemeindegebiet ein. Diese so genannte Übernachtungsteuer, „Hotelsteuer“ oder „Bettensteuer“ beläuft sich zumeist auf einen niedrigen Prozentsatz des Preises einer beruflich veranlassten Übernachtung (Nettoentgelt) und wird in der Regel vom Übernachtungsgast (Steuerträger) bei der Buchung oder der Anmeldung im Beherbergungsbetrieb erhoben. Steuerschuldner ist der jeweilige Beherbergungsbetrieb. Er führt die Übernachtungsteuern an das Finanzamt ab.

Sämtliche Beschwerdeführerinnen waren Beherbergungsbetriebe gewesen. Ihre Beschwerden richten sich gegen die Erhebung von Übernachtungsteuern in Hamburg, Bremen und der Stadt Freiburg im Breisgau. Die Beschwerdeführerinnen wanden sich dabei gegen Steueranmeldungen und gegen Entscheidungen über ihre dagegen gerichteten Einsprüche. Ebenso wehrten sie sich gegen Gerichtsentscheidungen über die Steueranmeldungen, die auf von ihnen für verfassungswidrig gehaltenen Landesgesetzen beruhen. Eine Beschwerdeführerin wandte sich gegen eine kommunale Steuersatzung, welche die Erhebung einer Übernachtungsteuer erlaubt.

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