Fanprojekte im Fußball

Brückenschlag zwischen Fußball und Gesellschaft

Karin Billanitsch07. Juli 2016
Fußballfans bei einem Auswärtsspiel der Deutschen Nationalmannschaft. Fanbetreuer sind Anlaufstelle bei Fragen und Problemen.
Fanbetreuung ist ein wichtiger Beitrag zur Gewaltprävention – nicht nur während Großveranstaltungen wie der Fußball-Europameisterschaft 2016. 56 Projekte gibt es mittlerweile in Deutschland, die pädagogisch mit jugendlichen Fußballfans arbeiten.

Viele Fußballfans richten in diesen Tagen gespannt den Blick nach Frankreich, wo „la Mannschaft“ sich auf das Spiel gegen den Gastgeber vorbereitet. Tausende Deutsche Fußballfans sind auch zur Europameisterschaft ins Nachbarland gereist, um eine oder mehrere Partien der deutschen Fußball-Nationalmannschaft live mitzuerleben. Ebenfalls vor Ort ist ein Fanbetreuungsteam des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), in Kooperation mit der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) und des Fanclub Nationalmannschaft. Sie sind Anlaufstelle bei Fragen und Problemen, bieten viele Informationen oder Hilfe an.

Gewalt im Fußball bekämpfen

Das ist keine Selbstverständlichkeit. Waren in den 80er und 90er Jahren Auswärtsspiele der Deutschen nicht selten von Randalen seitens der Fans begleitet, hat sich seither viel getan, um Gewalt im Fußball zu bekämpfen – insbesondere durch Fanprojekte. Das gilt nicht nur im Blick auf reisende deutsche Fans bei Großveranstaltungen, sondern auch für Fanprojekte im Land. Seit 1993 begleitet und koordiniert die KOS pädagogische Projekte mit Fußballfans zur Gewaltprävention oder zur Bekämpfung von Rassismus.

Erst kürzlich haben das zuständige Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der DFB die Förderung der Koordinationsstelle finanziell aufgestockt: Vom Jahr 2016 an um jeweils 25.000 Euro auf dann insgesamt 550.000 Euro jährlich. „Den Mitarbeitern der KOS ist es durch ihre engagierte Arbeit gelungen, der sozialen Fanarbeit Konturen zu verleihen und sie zu einem Qualitätsmerkmal des Fußballs in Deutschland zu machen,“ lobte DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius zu diesem Anlass.

Mittlerweile gibt es über ganz Deutschland verteilt 56 Fanprojekte. Noch recht neu ist das Fanprojekt in Regensburg, wo der SSV Jahn zu Hause ist. Seit dem 1. Februar 2016 ist das Projekt am Start, nachdem der Regensburger Stadtrat vergangenen Sommer grünes Licht für die finanzielle Unterstützung gegeben hatte. Träger ist der unabhängige Verein Kontakt Regensburg e.V.

Fans bei Heim- und Auswärtsspielen begleiten

Simon Gerl erklärt, was man sich unter dem Fanprojekt vorzustellen hat: „Die Arbeit beruht auf zwei Säulen. Wir begleiten die Fans bei Heim und Auswärtsspielen und sind mitten drin in der Gruppe. Wir knüpfen Kontakte und möchten Vertrauen aufbauen.“ Man merke schon, dass es Bedarf gebe, erzählt der Sozialpädagoge, der sich hauptamtlich um das Projekt kümmert, neben einem weiteren Kollegen. Zweitens planen die Koordinatoren einen festen Anlaufpunkt in gemieteten Räumen, wo die jungen Fans die Möglichkeit haben kreativ zu sein und Choreographien für die Spieltage vorzubereiten, zu kickern oder ins Gespräch zu kommen. Es sind auch Projekte zur Gewaltprävention geplant, Vorträge von Experten oder Filmvorführungen. Auch bei persönlichen Anliegen erhalten sie Unterstützung.

Für die Finanzierung von Fanprojekten wie in Regensburg müssen die jeweilige Kommune und das Bundesland einen Beitrag leisten. Das funktioniert folgendermaßen, wie es in dem Bericht „Fanprojekte 2016 – die soziale Arbeit mit Fußballfans in Deutschland“ erläutert wird: Land und Kommune müssen mindestens 60.000 Euro beisteuern. Dann verdoppelt der Fußballverband (DFB/DFL) diese Summe, die Obergrenze liegt bei 150.000 Euro je Fanprojekt. Im Jahr 2015 wurden Fanprojekte mit cirka elf Millionen Euro gefördert. Die Kommunen haben dazu mit rund 2,6 Millionen Euro beigetragen.

Besonders wichtig ist Simon Gerl, die Regensburger Fans ohne Zwang einzubinden, sich an ihrer Lebenswelt zu orientieren und die jungen Menschen zu unterstützen: "Man steht ihnen bei, auch dann, wenn etwas nicht gut läuft."  Wie alle Fanprojekte ist auch die Regensburger Mitglied in der Bundesarbeitsgemeinschaft für Fanprojekte.  „Es ist wichtig Ansprechpartner kennen zu lernen, die schon einen Fundus an Wissen haben“, unterstreicht Gerl.

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