Kommunalfinanzen

Wie der Bürgerhaushalt in Trier zum Erfolgsmodell wurde

Irmela Heß18. Mai 2016
Blumenkübel in Trier
So geht Bürgerhaushalt: Vor dem Trierer Rathaus werden mobile Pflanzenkübel aufgestellt. Das öffentliche Gemüsebeet ist eine Idee der Bürgerinnen und Bürger.
In Trier hat man mit dem online-gestützten Bürgerhaushalt gute Erfahrungen gemacht. Anfangs gab es Stimmen, dass die Einwohner nur ihre eigenen Vorteile im Sinn haben würden. Was diese dann tatsächlich an Vorschlägen einbrachten, hat viele überrascht.

Wenn Toni Loosen-Bach im Sommer aus dem Bürofenster schaut, sieht er Zucchini, Tomaten und Kräuterstauden. Aus der Grünfläche von einst ist ein Gemüsebeet geworden – dank Bürgerhaushalt. Trier gehört mit zu den ersten Städten in Deutschland, die diese Form der Beteiligung an der Haushaltsaufstellung eingeführt haben. Koordinator Loosen-Bach und Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) sind sich einig: „Mit dem Bürgerhaushalt ist es gelungen, viele Bürgerinnen und Bürger für das eher sperrige Thema ,Kommunaler Haushalt´ zu inte­ressieren und sie dafür zu gewinnen, ihre Ideen mitzuteilen, wofür die Stadt Geld ausgeben soll, und wie die Einnahmen verbessert werden können.“

Was als Folge der Bürgerhaushalte seit 2009 verwirklicht wurde? Da sind zum ­einen das öffentliche Gemüsebeet vor dem Rathaus und weitere mobile Hochbeete, die je nach Bedarf in der Stadt verteilt werden können, dazu die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft „Urbanes Gärtnern“.

Haushalts-Vorschläge nicht losgelöst vom Gesamtdiskurs

Da ist zum anderen die Onlineplattform www.trier-mitgestalten.de. Während die Mitwirkung am nächsten Haushalt immer nur einige Wochen vor den Beratungen möglich ist, können hier das ganze Jahr über Verbesserungsvorschläge gemacht werden. Ansonsten sei es eher schwierig, konkrete Projekte zu nennen, sagt Leibe. „Die Vorschläge lassen sich nicht losgelöst vom gesamtpolitischen Diskurs betrachten. Sie unterstützen häufig Entscheidungsprozesse in den Fraktionen, beispielsweise die Forderung nach der Einführung einer kommunalen Geschwindigkeitskontrolle.“ Auch die Verbesserung der Radwege und des ÖPNV-Angebots waren vielen ein Anliegen.

Der Bürgerhaushalt funktioniert über eine Onlineplattform, auf der registrierte Bürger – die Stadtverwaltung kennt ihre Namen, aber öffentlich können sie auch einen Nutzernamen angeben – Vorschläge einreichen können. Wer keinen Internetzugang hat, kann sich auch per Brief zu Wort melden. Auf der Internetseite kann man alle Ideen lesen, kommentieren und bewerten. Die am besten beurteilten Maßnahmen werden von der Verwaltung geprüft und dem Rat zur Entscheidung vorgelegt. Zusätzlich können die Stadtratsfraktionen zu den Vorschlägen Stellung beziehen. Die Entscheidung über die Umsetzung findet dann im Rahmen der Haushaltsberatungen statt.

Der Bürgerhaushalt ist teuer – aber nur am Anfang

Der personelle und finanzielle Aufwand war zu Beginn relativ hoch, sagt Wolfram Leibe. Schließlich musste nicht nur die entsprechende Software eingeführt werden, sondern es mussten auch Menschen für das neue demokratische Verfahren gewonnen werden. Mittlerweile sind rund 3500 Personen im Onlineportal registriert, rund 2500 erhalten regelmäßig den Newsletter, in dem über Neuerungen informiert und jeweils zur Beteiligung am Bürgerhaushalt eingeladen wird. Der Haushalt wird als Onlinebroschüre eingestellt, in der die wichtigsten Eckpunkte verständlich dargestellt werden.

Die Sachkosten sind nach und nach gesunken. Wurden für den ersten Bürgerhaushalt 2009 insgesamt 80.000 Euro bereit gestellt kostete er 2010 rund 32.000 Euro, für den Doppelhaushalt 2017/2018 stehen rund 14.000 Euro zur Verfügung. Die anfallenden Personalkosten in Ämtern und Dezernaten lassen sich laut Leibe schwer messen.

Viele Ideen, wie die Stadt Geld sparen kann

Von der regen Beteiligung war Toni Loosen-Bach positiv überrascht: „Vorher gab es Befürchtungen, dass die Menschen nur ihre eigenen Vorteile im Sinn haben. Aber das war und ist nicht so. Es gibt wirklich viele gute Vorschläge, wie etwa die Stadt Geld sparen oder einnehmen kann.“ Und auch die Reaktionen sind ernst zu nehmen. Ideen wie etwa ein Freigetränk für jeden Trierer seien die schlecht bewertetsten gewesen. Die Einführung einer Kulturabgabe (die eingeführt wurde, dann aus juristischen Gründen wieder abgeschafft werden musste) oder die Erhöhung der Gewerbesteuer kamen dagegen gut an.

Damit der Bürgerhaushalt weiterhin erfolgreich ist – Frankfurt etwa hat das Unterfangen wegen mangelhafter Beteiligung eingestellt – muss man für die Sache werben: So gibt es Infoveranstaltungen in Schulen und Senioreneinrichtungen, und man arbeitet eng mit dem Lokalen Agenda 21 Trier e.V. zusammen. Leibe betont: „Alle diese Maßnahmen führen nur dann zu einem Erfolg, wenn die Bürgerinnen und Bürger das Gefühl haben, dass ihre Vorschläge ernst genommen und möglichst auch umgesetzt werden.“

 

www.trier-mitgestalten.de