Fußball für den guten Zweck

Bürgermeister-Nationalmannschaft: Das Trikot zählt, nicht das Parteibuch

Uwe Roth08. Juni 2022
Michael Jahn (rechts) ist Bürgermeister der Stadt Jessen – und Fußballspieler in der Nationalmannschaft der Bürgermeister.
Als SPD-Mitglied ist Michael Jahn in der Deutschen Fußballnationalmannschaft der Bürgermeister ein politischer Exot. In diesem besonderen Netzwerk zählt aber vor allem der Teamgeist.

Michael Jahn ist ein Teamplayer. Der SPD-Bürgermeister der Stadt Jessen (Landkreis Wittenberg) ist nicht nur in seinem Rathaus das Gegenteil eines Einzelkämpfers, sondern seit vielen Jahren ebenso auf dem Rasen. Jahn ist Kicker in einer ungewöhnlichen Spieler-Elf. Die sticht vor allem mit ihrem Alleinstellungsmerkmal heraus, kaum gemeinsame Trainingszeiten zu haben: Es ist die Deutsche Fußballnationalmannschaft der Bürgermeister (DFNB), deren Gründung 2008 auf eine Initiative des Deutschen Städte- und Gemeindebundes zurückgeht.

Gleich im ersten Jahr gewann diese die Europameisterschaft in Österreich. Zur Erinnerung: Die (offizielle) Deutsche Nationalmannschaft verlor damals bei der Europameisterschaft in Wien 0:1 gegen Spanien und kam auf den zweiten Platz. Die Bürgermeister waren als noch unerfahrene Mannschaft im Europavergleich erfolgreicher.

Parteibuch spielt beim Fußballspiel keine Rolle

In ganz Deutschland sind die Mitglieder des Kaders verstreut. Geografischer Schwerpunkt ist jedoch der Süden, wo die Dichte kickender Bürgermeister vor allem im Vergleich zu den ostdeutschen Bundesländern hoch ist. Jahn ist im doppelten Sinn ein Solo-Spieler: Seine Stadt liegt in Sachsen-Anhalt. Er repräsentiert somit den Osten. Außerdem ist er nach seinem Wissen der einzige Bürgermeister mit SPD-Parteibuch in der Mannschaft. Warum das so ist, kann er sich nicht wirklich erklären.

Grundsätzlich, sagt er, spreche man in diesem besonderen Team zwar viel über die aktuelle politische Lage, doch Parteipolitik spiele dabei kaum eine Rolle. Außerdem sind Bürgermeister*innen oft parteilos oder – wie in Baden-Württemberg – lose verbunden bei den Freien Wählern, die keine Partei sind. Gespielt wird nicht für politische Ziele, sondern jedes Mal für einen guten Zweck. Das Geld bekommt SOS-Kinderdörfer. Spenden gingen auch an Opfer der Flutkatastrophe im Ahrtal.

Europameisterschaft wegen Ukraine-Krieg abgesagt

Die Bürgermeister üben in heimischen Fußballclubs. Dann und wann treffen sich die Rathauschefs im Trainingslager. Aber wegen Corona mussten sie zwei Jahre auf solche sportlichen Treffen verzichten. In diesem April war Bürgermeister Jahn Gastgeber eines Trainingslagers, zu dem auch die polnische Nationalmannschaft eingeladen war. In der Jessener Jahnsportanlage kam es zum Länderspiel, das mit 3:3 unentschieden ausging.

Eigentlich hätte in diesem Jahr eine Europameisterschaft in der Slowakei stattfinden sollen. Doch wegen des Kriegs in der Ukraine fiel sie erneut aus. Stattdessen fand im Gastgeberland ein Turnier für den Frieden statt. Im Juli besucht das deutsche Team die Landesgartenschau in Neuenburg am Rhein mit einem Länderspiel gegen Frankreich.

2018 noch die Deutsch-Russische Partnerschaft gelobt

Michael Jahn ist seit 2015 dabei. Er hat sich zwischen den Turnieren und Trainingslagern mit Tennis sportlich fitgehalten. Nun allerdings hat er mit Anfang 60 beschlossen, sich aus dem aktiven Fußballspiel zurückzuziehen. „In der Mannschaft findet ein Generationenwechsel statt. Die Jungen ersetzen die Alten.“ Der „Nachwuchs“ und die verbliebenen Altmitglieder im Kader sind zwischen 35 und 50 Jahre alt. Nach dem Maßstab des Fußballsports sind es Alte Herren. Bürgermeister Jahn weiß, wann es Zeit ist aufzuhören. „Ich habe nicht mehr die Spritzigkeit.“

Ihm blieben aber die schönen Erinnerungen an die Bürgermeister-Spiele in vielen Ländern der Welt, sagt er. Wobei er betont, dass dies für ihn keine Dienstreisen gewesen seien. Er habe immer Urlaub genommen und die Kosten privat getragen. Und diese waren manchmal nicht unerheblich. 2017 war die Mannschaft in China und 2018 bei der Weltmeisterschaft in Russland. Auf der offiziellen Internetseite heißt es: „Ein Highlight für die DFNB-Elf im Jahr 2018 war sicherlich die zwölftägige Reise zur Weltmeisterschaft nach Russland.“ Die Mannschaft schaffte es bis ins Halbfinale, welches sie erst im Elfmeterschießen verlor. Im Protokoll des Vereins steht: „Und es hat sich gezeigt, dass Sport verbindet und der Türöffner für länder­übergreifende Bekanntschaften und Freundschaften sein kann. Das zumindest ist uns für die Deutsch-Russische Partnerschaft gelungen.“

 

Internetseite der Bürgermeister-Nationalmannschaft:
dfnb-online.de

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