Gesetz im Bundestag

Bund beteiligt sich weiter an Integrationskosten

Carl-Friedrich Höck15. November 2019
Spaziergänger vor dem Reichstag: Integration ist eine Daueraufgabe, sagen die Städte und Gemeinden. Es ist also noch ein weiter Weg zu gehen – auch in finanzieller Hinsicht.
Der Bund soll sich weiter an den Integrationskosten der Länder und Kommunen beteiligen. Das hat der Bundestag am Freitag beschlossen. Allerdings gibt es nicht mehr so viel Geld wie bisher.

Für die Städte und Gemeinden gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Der Bund wird sich auch weiterhin an den Kosten beteiligen, die den Ländern und Kommunen aufgrund der Aufnahme Geflüchteter entstehen. Die schlechte: Die Pauschale, die der Bund für flüchtlingsbezogene Zwecke zur Verfügung stellt, wird deutlich abgesenkt.

Insgesamt 1,2 Milliarden Euro als Pauschale

Das am Freitag vom Bundestag beschlossene Integrationskostengesetz sieht vor, dass der Bund im Jahr 2020 pauschal 700 Millionen Euro für flüchtlingsbezogene Zwecke bereitstellt. Im Jahr 2021 sinkt die Pauschale auf 500 Millionen Euro. Zum Vergleich: In den Jahren 2016 bis 2018 floss noch eine „Integrationspauschale“ in Höhe von zwei Milliarden Euro jährlich an die Länder und Kommunen. Für 2019 wurde sie sogar auf knapp 2,5 Milliarden angehoben.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) kritisiert die Absenkung. „Die Integration Geflüchteter ist eine Daueraufgabe, die unverzichtbar ausfinanziert werden muss“, heißt es in einer Stellungnahme, die der DStGB dem Bundestag zugeleitet hat. Schon zuvor hätten die Mittel vom Bund nicht ausgereicht, um die integrationsbedingten Kosten der Kommunen zu decken. Diese entstünden den Städten etwa „für die Anstellung von Personal zur Betreuung in kommunalen Einrichtungen, Kitas und Schulen, für die Vermittlung in Sprachkurse, Ausbildung und Arbeit sowie in dezentralen und geeigneten Wohnraum, für Erzieher, Lehrkräfte und Sozialpädagogen, sowie für Schulungen und Qualifizierungsmaßnahmen des Personals vor Ort“.

Angst vor den „klebrigen Händen” der Länder

Zudem hätten die Kommunen immer wieder die Erfahrung gemacht, dass die Länder Mittel nicht vollständig weiterleiten, die der Bund für kommunale Aufgaben zur Verfügung stellt. Der DStGB lehnt daher ab, dass die Pauschale den Ländern über die Umsatzsteuer zufließen soll, statt über den gemeindlichen Umsatzsteueranteil direkt an die Kommunen geleitet zu werden.

Zufrieden zeigt sich der DStGB damit, dass der Bund die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) für anerkannte Asyl- und Schutzberechtigte weiter übernimmt. Rund 1,8 Milliarden Euro sind für die kommenden beiden Jahre jeweils eingeplant. Aus Sicht der Länder und Kommunen ist das ein Verhandlungserfolg: Ursprünglich wollte der Bund nur noch eine vergleichsweise niedrige Gesamtpauschale pro Asylbewerber zahlen, sich aber nicht mehr an den KdU beteiligen.

Der Städte- und Gemeindebund geht nicht davon aus, dass die Unterkunfts-Kosten in den Folgejahren sinken. Geflüchteten, die einen Job finden, seien in der Regel im Niedriglohnsektor beschäftigt. Als sogenannte „Aufstocker“ bekämen sie weiter Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II („Hartz IV“).

Kosten für Geduldete müssen die Kommunen tragen

Ein weiterer Wermutstropfen aus Sicht der Städte und Gemeinden: Der Bund beteiligt sich nicht an den Kosten, die den Kommunen für geduldete und abgelehnte Asylbewerber entstehen, die aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden können. Der DStGB schreibt dazu: Ende Juni 2019 hätten sich laut Bundesregierung 246.737 ausreisepflichtige Personen in Deutschland aufgehalten, rund 65 Prozent davon besäßen eine Duldung. Diese Menschen unterzubringen und zu versorgen bedeute für die Städte und Gemeinden einen erheblichen Mehraufwand, der weder durch die Pauschale des Bundes noch durch eine Erstattung der Länder gedeckt werde. Dass die Kommunen hierfür im Wesentlichen alleine aufkommen müssen, sei „nicht sachgerecht“. An den Kosten für Asylbewerber im laufenden Verfahren wird sich der Bund dagegen weiter mit 670 Euro je Verfahrensmonat beteiligen.

Die Koalitionsfraktionen im Bundestag verweisen darauf, dass die Kommunen finanziell schon jetzt weit umfangreicher entlastet worden seien, als im Koalitionsvertrag vorgesehen. Dort hatten SPD, CDU und CSU für die Fortsetzung kommunaler und Landesprogramme acht Milliarden Euro eingeplant. Nun liege man bereits 3,3 Milliarden Euro darüber, rechnete der Bundestagsabgeordnete Markus Uhl (CDU) in der Plenardebatte vor.

Der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Bernhard Daldrup betonte: „Wir bleiben an der Seite der Kommunen.” Er verwies auch auf eine „unbemerkte Entlastung der westdeutschen Kommunen an der Finanzierung der deutschen Einheit.” Zu diesem Zweck sei im Jahr 1993 die Gewerbesteuerumlage erhöht werden. Diese erhöhte Umlage laufe nun aus. Das Ende der Solidarpaktumlage zum Jahreswechsel entlaste die Kommunen um knapp vier Milliarden Euro.

Mehr Informationen:
bundestag.de

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