Kitas und Schulen

Bund gibt 200 Millionen für mobile Luftfilter

Carl-Friedrich Höck15. Juli 2021
Präsenzunterricht in Schulen soll auch möglich bleiben, wenn die Temperaturen wieder steigen.
Der Bund soll die Länder bei der Beschaffung von mobilen Luftreinigern unterstützen. Das Kabinett hat am Mittwoch eine Förderung in Höhe von 200 Millionen Euro beschlossen. Der Nutzen ist allerdings umstritten.

Schulen und Kitas stehen vor einem Problem: Nach wie vor gibt es für Kinder unter 12 Jahren keinen zugelassenen Impfstoff gegen Covid-19. Unterricht oder Spielen bei offenen Fenstern wird spätestens dann schwierig, wenn die Temperaturen im Herbst wieder fallen. Nun setzt der Bund verstärkt auf mobile Luftreinigungsanlagen.

Präsenzunterricht soll weiter stattfinden können

„Wir stellen den Ländern Geld zur Verfügung, um diese finanziell bei der Beschaffung von mobilen Raumluftreinigern zu unterstützten“, kündigt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) an. Gemeinsam mit den Ländern wolle der Bund damit einen Beitrag leisten, den Präsenzunterricht und die Kinderbetreuung im Herbst und Winter auch bei Verschlechterung der Infektionslage aufrecht zu erhalten.

Dafür erhalten die Länder vom Bundeswirtschaftsministerium 200 Millionen Euro Fördermittel. Der Bund übernimmt bis zu 50 Prozent der Kosten. „Die Beantragung der Mittel und die Durchführung der Förderung erfolgt über die Länder“, teilt das Wirtschaftsministerium mit. Antragsberechtigt seien Einrichtungen, in denen Kinder unter 12 Jahren betreut werden – also diejenigen, für die es in absehbarer Zeit keinen Impfstoff geben wird. Gefördert werden aber auch Schulen, die zugleich von älteren Kindern besucht werden.

„Gefahr, dass Reinigungserfolg nicht eintritt”

Der Nutzen der mobilen Geräte ist allerdings umstritten. Der Präsident des Deutschen Städtetages Burkhard Jung hat erst vor Kurzem darauf hingewiesen, dass sie laut und wenig effizient seien. Sinnvoller seien – zumindest in Einzelfällen – fest eingebaute Belüftungsanlagen.

Auch das Wirtschaftsministerium selbst hatte im Juni noch so argumentiert. Auf eine Anfrage des grünen Bundestagsabgeordneten Gerhard Zickenheiner erklärte Staatssekretärin Claudia Dörr-Voß: Während stationäre Anlagen von Anfang an auf die räumlichen Gegebenheiten baulich angepasst seien, „besteht bei mobilen Geräten die Gefahr, dass diese Gegebenheiten nicht hinreichend berücksichtigt werden, so dass der Reinigungserfolg nicht oder nur teilweise eintritt.“ Ordnungsgemäße Filterwechsel und Wartung der Geräte seien weitere Herausforderungen für den verlässlichen Betrieb mobiler Geräte und damit den Infektionsschutz. Durch fehlerhafte Ausstellung und Ausrichtung der mobilen Geräte könne sich die Infektionsgefahr sogar erhöhen.

Empfehlung des Umweltbundesamtes

Ein Grund für den Sinneswandel des Wirtschaftsministeriums könnte sein, dass das Umweltbundesamt in der vergangenen Woche eine neue Einschätzung zur Luftreinigung an Schulen veröffentlicht hat. Es empfiehlt mobile Luftreiniger für Räume der sogeannten Kategorie 2 mit eingeschränkter Lüftungsmöglichkeit. Das sind zum Beispiel Räume, in denen die Fenster nur gekippt und nicht komplett geöffnet werden können. Der Anteil solcher Klassenräume liege – nach Erhebungen in zwei Bundesländern – bei rund 15 bis 25 Prozent. Kontinuierlich betriebene mobile Luftreiniger könnten hier helfen, die Virenlast um bis zu 90 Prozent zu reduzieren.

Nicht zu belüftende Räume (Kategorie 3) seien grundsätzlich nicht für den Schulunterricht empfohlen, betont das Umweltbundesamt. „Der Einsatz von Luftreinigern in solchen Räumen ergibt keinen Sinn, da kein Luftaustausch mit der Außenluft (Lüftungserfolg) gewährleistet wird.” In Räumen der Kategorie 1 mit guter Lüftungsmöglichkeit sei der Einsatz mobiler Luftreiniger nicht notwendig, wenn regelmäßig stoß- und quergelüftet werden könne.

Ergänzung, aber kein Ersatz fürs Lüften

Die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Städtetages Verena Göppert äußert sich positiv über das neue Förderprogramm. „Die allermeisten Schulräume lassen sich gut und ausreichend durchlüften, der Luftaustausch ist gewährleistet. Mobile Geräte können in den Fällen helfen, die Luftqualität zu verbessern, in denen Räume schlecht zu belüften sind.“ Dass der Bund und auch einige Länder diese Geräte fördern, begrüße der Städtetag.

Der Ein- und Ausbau von Raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen) in öffentlichen Gebäuden wird seit Oktober 2020 vom Bund gefördert – seit Juni 2021 auch in Kitas und Schulen. Insgesamt 500 Millionen Euro stehen dafür bereit. Der Bund übernimmt hier sogar bis zu 80 Prozent der förderfähigen Ausgaben. Pro Anlage ist die Förderung auf 500.000 Euro (Neueinbau) beziehungsweise 200.000 Euro (Um- und Aufrüstung bestehender Anlagen) begrenzt.

 

Nachtrag vom 15.07.2021, 15:45 Uhr:

Wir haben auch das Bundeswirtschaftsministerium gefragt, warum es die Förderung mobiler Luftfilter entgegen früherer Aussagen jetzt für sinnvoll erachtet. Die Pressestelle verweist auf die bereits im Artikel zitierte Empfehlung des Umweltbundesamtes und schreibt: „In Räumen der Kategorie 2 kann der Einsatz mobiler Luftreiniger sinnvoll sein, da sie die Virenlast senken können, sofern die Geräte auf ihre Wirksamkeit geprüft wurden sowie fachgerecht positioniert und betrieben werden.“

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