FAQ zur Reform

Was der Bund-Länder-Finanzpakt für Kommunen bedeutet

Carl-Friedrich Höck01. Juni 2017
Plenarsaal des Bundestags (Archivaufnahme)
Plenarsaal des Bundestags (Archivaufnahme)
Der Bundestag hat die größte Reform der Wahlperiode beschlossen: der Bund-Länder-Finanzpakt. Was steht da drin und was ändert sich für die Städte und Gemeinden? Wir fassen das Wichtigste zusammen.

Was ist der Kern des Bund-Länder-Finanzpakts?

Der Solidarpaktes II läuft Ende 2019 aus, zeitgleich wird auch der bisherige Länderfinanzausgleich abgeschafft. Daher müssen die Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab 2020 neu geregelt werden. Nun liegt das Ergebnis jahrelanger Verhandlungen vor. In diesen beharrten die finanzschwachen Länder auf einer auskömmlichen Finanzierung, die Geberländer wollten nicht über Gebühr belastet werden und westdeutsche Länder forderten ein Ende der „Geldverteilung nach Himmelsrichtung“.

Ein zentrales Element der Reform ist nun, dass die Länder ab 2020 mehr Geld vom Bund erhalten, nämlich fast zehn Milliarden Euro jährlich. Damit erhalten alle Länder mehr Geld als bisher.

Im Gegenzug räumen die Länder dem Bund zusätzliche Kontroll- und Steuerungsrechte ein – etwa in der Bildungspolitik und in der Steuerverwaltung. Hierfür wird das Grundgesetz an mehreren Stellen geändert. Ein lange umstrittener Punkt: Der Bund darf eine Verkehrsinfrastrukturgesellschaft gründen, die sich um Planung, Bau und Verwaltung von Fernstraßen kümmert. Auf Druck der SPD wurde in den Verhandlungen noch ein Passus eingefügt, der die Privatisierung des Straßennetzes untersagt. Kritiker monieren allerdings, es gebe juristische Hintertürchen, die zumindest eine Beteiligung Privater an kleinen Teilstrecken ermögliche.

Was bedeutet das Finanzpaket für die Kommunen?

Die Neuregelung wirkt sich mittelbar auch auf die Kommunen aus: Denn für ihre finanzielle Ausstattung sind die Bundesländer zu einem großen Teil verantwortlich. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz betonte am Donnerstag im Bundestag: „Jedes der 16 Länder wird – auch sobald die Schuldenbremse gilt – in der Lage sein, die eigenen staatlichen Aufgaben zu erfüllen.“ Bei der Verteilung der Finanzmittel wird neben der Einwohnerzahl auch die Finanzkraft der Kommunen ein wichtiger Faktor sein. Sonderregelungen für ostdeutsche Bundesländer solle es nicht mehr geben, betonte Scholz. Bundesergänzungsmittel für Länder mit finanzschwachen Kommunen seien ein „Teil des Projektes, das letztendlich hinzukriegen.“

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann betonte im Bundestag: „Dass wir im internationalen Vergleich in Deutschland immer noch ein hohes Maß an politischer Stabilität haben, das liegt auch daran, dass wir in allen Teilen des Landes noch immer relativ gleichwertige wirtschaftliche und soziale Verhältnisse haben. Und wir wollen, dass das auch in Zukunft so bleibt: Dass Länder und Kommunen ihre Aufgaben eigenständig erfüllen können, egal wo sie in Deutschland liegen und welche Voraussetzungen sie mitbringen.“

Sind Kommunen auch direkt betroffen?

Aus kommunaler Sicht ist vor allem wichtig, dass das Kooperationsverbot bei der Bildung aufgebrochen wird. Der Bund darf künftig in die Bildungsinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen investieren. Und das wird er auch tun: Mit einem Schulsanierungsprogramm in Höhe von 3,5 Milliarden Euro.

SPD-Fraktionschef Oppermann dazu: „Auf der einen Seite haben Städte und Gemeinden nicht genug Geld für saubere und modern ausgestattete Schulen. Auf der anderen Seite hat der Bund enorme Haushaltsüberschüsse. Das Grundgesetz verbietet uns bis heute, einen Teil davon in unsere Schulen zu investieren.“ Das sei ein absurder Zustand, der nun beendet werde. „Dafür ändern wir nicht nur das Grundgesetz, sondern wir stellen sofort 3,5 Milliarden Euro für Schulen in finanzschwachen Kommunen bereit.“

Daneben gibt es zahlreiche weitere Regelungen, die ebenfalls mittelbar oder unmittelbar kommunale Aufgaben berühren. So soll der Zugang der Bürger zu digitalen Verwaltungsleistungen mit einem Online-Zugangsgesetz vereinfacht werden. Die Idee: Verwaltungsportale von Bund, Ländern und Kommunen werden zu einem Verbund zusammengeführt.

Ein zentrales Element ist auch der staatliche Unterhaltsvorschuss für Kinder, deren einer Elternteil seinen Zahlungspflichten nicht nachkommt. Die Altersgrenze hierfür wird von 12 auf 18 Jahre angehoben. Zudem entfällt die Befristung auf sechs Jahre. Für die Umsetzung sind die Kommunen verantwortlich, was für diese vor allem bürokratischen Mehraufwand bedeutet. Allerdings gibt der Bund hierfür deutlich mehr Geld. Die Noch-Familienministerin Manuela Schwesig hatte sich vehement für diese Änderung eingesetzt. „Das ist ein entscheidender Schritt zur Bekämpfung der Kinderarmut“, sagte sie am Donnerstag im Bundestag.

Wie äußert sich der Städtetag zu dem Reformpaket?

Der Deutsche Städtetag sieht weiteren Handlungsbedarf, weil die Unterschiede zwischen den Städten und Regionen weiter zunähmen. „Kommunale Investitionen verbessern, strukturschwache Städte stärken, Lösung des kommunalen Altschuldenproblems: Diese Herausforderungen bleiben“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy in einer Rede während der Städtetags-Hauptversammlung am Mittwoch. Die Auswirkungen des Pakets auf den Föderalismus sehe er pragmatisch. „Auch der Föderalismus kennt seine Stimmungen und Gelegenheiten“, meinte Dedy dazu.