Dringender Appell der kommunalen Verbände

Bund und Länder sollen Stadtwerke vor Schieflage bewahren

Uwe Roth19. Oktober 2022
Die Schaltzentrale eines Stadtwerkes
Warnungen, Stadtwerken drohe die Insolvenz, mehren sich seit Wochen. „Die Lage spitzt sich zu“, beobachten die kommunalen Verbände und fordern von den Bundesländern einen Rettungsschirm. Die Ministerpräsident*innen beraten aktuell in Hannover.

Die Lage ist zweifellos angespannt. Die Energieversorger stehen unter medialer Bobachtung. Das Magazin Der Spiegel mutmaßte in seiner aktuellen Ausgabe, den Stadtwerken Osnabrück drohe die Pleite und sie würden um ihre Existenz ringen. Das kommunale Unternehmen kontert am Montag in einer Stellungnahme umgehend: Diese Behauptungen seien unzutreffend. Die Stadtwerke wiesen „diese unwahren und zum Teil rufschädigenden Behauptungen ausdrücklich zurück“. Die Belieferung der Kunden sei gesichert „und wird auch künftig sicher und verlässlich sein.“

Geht man vom Brandbrief der kommunalen Verbände aus, der die Ministerpräsident*innen der 16 Bundesländer am Mittwoch erreichte, dann sieht die Branche die Stadtwerke als verlässliche Versorger durchaus in Gefahr. Nicht von „künftig sicher” ist darin die Rede, sondern von einer drohenden Schieflage. Wie eine solche zu verhindern sei, sollten die Finanzminister*innen schnellstmöglich in einer Sonderkonferenz beraten, appellieren die Verbände. Sie hoffen auf eine positive Rückmeldung aus der Jahrestagung der Länderchefs im Schloss Herrenhausen in Hannover, die noch bis Freitag dauert.

„Ausfall systemrelevanter Strukturen für gesamte Kommune“

Der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) haben den Brief gemeinsam verfasst. Im Kern heißt es darin: „Da die Situation sich für viele Energieversorgungsunternehmen immer weiter zuspitzt, appellieren wir an Bund und Länder, sich zeitnah über Stabilisierungsmaßnahmen für Stadtwerke und weitere regionale Energieversorger zu verständigen, die in allen Bundesländern zugänglich sind und im Ernstfall Hilfen anbieten.“

Gerieten diese Energieversorger in eine existenzielle Schieflage, entstünde „eine bedrohliche Kettenreaktion und der Ausfall systemrelevanter Strukturen für die gesamte Kommune.“ Insbesondere in den Bereichen Beschaffung und Sicherheiten, Abschläge und Preisanpassung sowie Abrechnung und Zahlungsausfall führe die Situation am Energiemarkt „zu sehr großen Problemen bei Energieversorgern“. Die kommunalen Verbände sehen Stützungsbedarf bei den Krediten und Bürgschaften der Landesförderbanken und/oder der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), bei der Stabilisierung des Terminhandels für Energie, der Unterstützung bei Forderungsausfällen sowie beim Insolvenzrecht. Notwendig sei ein Insolvenzmoratorium.

Grundversorger benötigen zusätzliche Energiemengen

Im Schreiben an die Bundesländer anerkennen die Kommunalverbände die bisherigen Hilfen der Bundes. So begrüßen sie, dass die Bundesregierung mit dem angekündigten Abwehrschirm und der darin enthaltenen Gaspreisbremse die Belastungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Wirtschaft abmildern wolle. Dies werde an vielen Stellen zu einer Verbesserung der angespannten Lage führen, bestätigen die Verbände.

Ungeachtet dessen blieben aber wesentliche Herausforderungen und Belastungen für die Versorger bestehen. So müssten Grundversorger aufgrund des Zustroms an Kund*innen ungeplant weitere Energiemengen trotz des herrschenden extremen Preisniveaus beschaffen. Gleichzeitig sei es für Unternehmen immer schwieriger, an ausreichend Kapital wie auch Sicherheiten für ihre Energiebeschaffungen zu kommen, da Banken aufgrund regulatorischer Vorgaben sehr zögerlich mit der Kreditvergabe seien.

Städtetag fordert Liquiditätshilfen für notleidende Stadtwerke

Städtetagspräsident Markus Lewe zeigte sich in einer eigenen Stellungnahme erfreut, „dass sich die Länder für einen Rettungsschirm für die Stadtwerke stark machen. Aber es ist enttäuschend, dass sich Bund und Länder darauf bisher nicht verständigen konnten.“ Jetzt dürfe der Bund bei der Ministerpräsident*innenkonferenz nicht länger zögern. „Wir brauchen Liquiditätshilfen für notleidende Stadtwerke.“ Die Pflicht für gefährdete Stadtwerke, einen Insolvenzantrag zu stellen, müsse zeitlich begrenzt ausgesetzt werden.

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