Luftverschmutzung in Städten

Bundestag schränkt Diesel-Fahrverbote ein

Carl-Friedrich Höck15. März 2019
Straßenverkehr in Berlin
Straßenverkehr in Berlin
Der Bundestag hat zwei Gesetze zu Fahrverboten beschlossen. Bei nur geringen Grenzwertüberschreitungen sollen die Kommunen darauf verzichten. Zudem werden stichprobenartige, automatisierte Kontrollen ermöglicht.

Der Bundestag hat am Donnerstag zwei Gesetze verabschiedet, die neue Regelungen für Fahrverbote beinhalten.

Beschlossen wurde zunächst ein Gesetzentwurf der Koalition, der Fahrverbote einschränken soll. Mit einer Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes wird klargestellt, dass Verbote im Regelfall nur noch ab einem Jahresmittelwert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft angewandt werden sollen. Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm.

Ausnahmen für kommunale Fahrzeuge

Wenn trotzdem Fahrverbote notwendig werden, sollen einige Fahrzeuge davon ausgenommen werden. Das gilt unter bestimmten Bedingungen etwa für schwere Kommunalfahrzeuge und Handwerkerfahrzeuge. Nachgerüstete Busse sowie Autos mit geringen Schadstoffklassen (Euro 6, Euro VI und bestimmte Euro- 4- und Euro-5-Fahrzeuge) bleiben ebenfalls von Fahrverboten verschont. Lokale Behörden sollen zudem weitere Ausnahmen erlassen dürfen.

Der Verband kommunaler Unternehmen reagierte erleichtert auf die beschlossenen Regelungen. VKU-Hauptgeschäftsführerin Katherina Reiche sagte, sie begrüße sehr, „dass die Bundesregierung explizit Ausnahmen für nachgerüstete Fahrzeuge im kommunalen Fuhrpark geschaffen hat, damit diese den essenziellen Leistungen der Daseinsvorsorge wie der Müllabfuhr, der Straßenreinigung oder der Kanalreinigung nachgehen können.“

Kontrolle durch Abgleich mit Datenregister

Damit Fahrverbote besser überwacht werden können, hat der Bundestag auch eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes beschlossen. Den Verkehrsüberwachungsbehörden wird damit erlaubt, stichprobenartig Daten „auch automatisiert“ zu erheben und diese für maximal zwei Wochen zu speichern. Die Überwachungsbehörden können künftig auf Daten aus dem Zentralen Fahrzeugregister zugreifen. So können sie prüfen, ob ein Fahrzeug in einer Fahrverbotszone fahren darf oder nicht.

Die Kontrollen würden mit dem Gesetz erleichtert, betonen die SPD-Abgeordneten Kirsten Lühmann und Arno Klare. „Bisher konnten Fahrverbote nur durch das Anhalten aller Pkw überprüft werden.“ Mit der Änderung des Straßenverkehrsgesetzes könnten verhängte Fahrverbote für Dieselfahrzeuge nun ohne lästige Unterbrechung der Fahrt maßvoll kontrolliert werden. Die betroffenen Städte könnten mittels mobiler Geräte künftig über einen Kennzeichenabgleich die Fahrzeugdaten beim Zentralen Fahrzeugregister (ZFZR) abrufen.

SPD betont: Keine verdeckte Datenerhebung

Datenschutzrechtliche Bedenken seien im parlamentarischen Verfahren berücksichtigt worden, betonen Lühmann und Klare. „Kennzeichenfotos von berechtigten Fahrzeugen werden sofort gelöscht. Nur von den anderen Fahrzeugführenden wird eine Bildaufnahme gefertigt, die jedoch spätestens nach zwei Wochen gelöscht werden muss.“ Zudem werde es lediglich stichprobenartige Kontrollen mit mobilen Geräten geben. Festinstallierte Automaten würden nicht zugelassen. „Die verdeckte Erhebung von Daten wird nach dieser Gesetzesänderung auch in Zukunft nicht zulässig sein“, stellen die SPD-Politiker klar.

Update: Mittlerweile hat auch der Bundesrat der Novelle des Immissionsschutzgesetzes zugestimmt. Fahrverbote gelten somit als unverhältnismäßig, solange die Luftverschmutzung 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft nicht überschreitet. Der EU-Grenzwert könne dort mit anderen Maßnahmen wie Softwareupdates, Elektrifizierung des Verkehrs, Nachrüstung des ÖPNV und Hardwarenutzung von Kommunal- und Lieferfahrzeugen erreicht werden, heißt es in der Gesetzesbegründung. Auch das Gesetz zur Überwachung von Diesel-Fahrverboten hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 15. März 2019 gebilligt.