Wohnungsnot

Caritas-Studie: Bezahlbares Wohnen wichtiger politischer Auftrag

Karin Billanitsch10. Januar 2018
Die Suche nach einer Wohnung gestaltet sich für immer mehr Menschen als mühevolles Vorhaben. In vielen Zentren, vor allem in Städten und Ballungsräumen mangelt es an bezahlbarem Wohnraum.
Der Deutsche Caritasverband rückt für das Jahr 2018 das Thema Wohnungsnot ins Licht. Das Thema bezahlbares Wohnen birgt Konfliktpotenzial, warnt Caritas-Präsident Peter Neher. Er sieht auch besondere Verantwortung bei den Kommunen und sieht es als Aufgabe einer neuen Regierung, sich des Themas anzunehmen.

Steigende Mieten, immer weniger bezahlbare Wohnungen: mittlerweile finden nicht nur Menschen mit geringem Einkommen, sondern auch aus der Mittelschicht immer schwerer bezahlbaren Wohnraum. „Das Problem hat die Mitte der Gesellschaft erreicht“, sagte Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes. Der Wohlfahrtsverband will nach den Worten Nehers nach politischen und gesellschaftlichen Ansätzen fragen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Dabei sieht Neher eine „besondere Verantwortung“ bei den Kommunen als „zentrale Akteure der Wohnungspolitik“. Er sieht es als Aufgabe einer neuen Regierung, sich des Themas anzunehmen und die „Bedingungen für den sozialen Wohnungsbau zu verbessern“.

 „Recht auf Wohnen“

Der katholische Wohlfahrtsverband will sich das Thema  im neuen Jahr 2018 auf die Fahnen schreiben und dafür einsetzen, dass es allen Menschen möglich sein muss, angemessenen Wohnraum zu finden. Er verweist u.a. auf die Europäische Sozialcharta, wo von einem (Menschen-) Recht auf Wohnen gesprochen werde. Caritas-Präsident Peter Neher warnte auch vor dem gesellschaftspolitischen Konfliktpotenzial, dass das Thema Wohnungsnot birgt: Zunehmend würden Familien, alte und einkommensschwache Menschen oder Studenten in Großstädten und Ballungsgebieten aus Stadtvierteln verdrängt, so Neher.

Die Caritas hat zum Thema eine Studie in Auftrag gegeben, die das Ipsos-Institut durchgeführt hat. Die Studie „Menschenrecht auf Wohnen“ zeige deutlich, wie knapper Wohnraum und steigende Mieten „tief in das Leben der Menschen eingreifen“, mahnte der Caritas-Präsident. „Immer mehr Menschen erfahren, dass sie nahezu chancenlos auf dem Wohnungsmarkt sind. Oder sie müssen mehr als ein Drittel ihres Einkommens für Miete und Wohnkosten ausgeben. Wenn zunehmend der Geldbeutel bestimmt, wie sich Stadtteile und Quartiere zusammensetzen, führt dies zu einem Auseinanderdriften von Milieus und schwächt so den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, machte Neher bei der Präsentation der Studie deutlich. 

Caritas-Studie: Hohe Wohnkosten bedeuten erhebliches Armutsrisiko

Das Ipsos-Institut hat im Auftrag der Caritas erforschen wollen, wie die Bevölkerung das Problem wahrnimmt und welche Lösungsmöglichkeiten Unterstützung finden würden. Das Ergebnis: Für die Befragten gehört bezahlbares Wohnen neben Pflege, Kinderarmut und Alterssicherung zu den drängendsten politischen Themen. In die Höhe schnellende Wohnkosten bewerten demnach 79 Prozent der befragten Menschen als erhebliches Armutsrisiko, 74 Prozent sind der Ansicht, hohe Wohnkosten bergen das Risiko, wohnungslos zu werden. Tatsächlich ist die Zahl der Wohnungslosen zuletzt drastisch gestiegen.

Gründe für den Mangel an bezahlbarem Wohnraum gibt es viele – die Caritas zählt einige auf. Schwer wiegt der Verlust sozial gebundener Wohnungen. Anfang der 90iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde die Wohnungsgemeinnützigkeit aufgehoben und die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen von gesetzlichen Bindungen befreit und in der Folge viele Wohnungen verkauft: Gab es 1987 nach Angaben der Caritas noch 3,9 Millionen Sozialwohnungen,, waren es 2015 nur noch 1,3 Millionen. „Jedes Jahr fallen weitere 40.000 bis 60.000 Wohnungen aus der Sozialbindung“, warnte die Caritas. Gleichzeitig würden viel zu wenig bezahlbare Wohnungen gebaut, kritisiert der Verband. Dabei war zuletzt die Zahl der neugebauten Sozialwohnungen auf 24.550 deutlich gestiegen. Benötigt werden aber, so die Caritas, 80.000.

Appell: Soziale Wohnraumförderung ausweiten

An die Politik richtete der Caritasverband den Appell, „die soziale Wohnraumförderung deutlich auszuweiten und langfristig zu finanzieren. Mit Blick auf die Kommunen hieß es konkreter sie könnten „durch die Ausgestaltung der kommunalen Bau- und Liegenschaftspolitik einen wesentlichen Beitrag zu einer sozial ausgerichteten Wohnungspolitik leisten“. Auch über ihre Wohnungsunternehmen hätten Kommunen eine Steuerungsmöglichkeit, günstigen Wohnraum zu schaffen.

„Ab 2020 die gesetzliche Verantwortung für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus bei den Bundesländern“ stellte Neher klar. Dann käme ihnen eine zentrale Rolle zu. Derzeit zahlt der Bund jährlich 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zur Entlastung. Eine weitere Förderung verbietet das Gesetz ab 2020. Um das zu ändern, müsste das Grundgesetz geändert werden. Für eine weitere Bundesförderung plädieren etwa Barbara Hendricks (SPD), oder auch der Deutsche Mieterbund.

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