Verkehr

Carsharing boomt weiter

Carl-Friedrich Höck21. Februar 2017
Carsharing Kleinwage
Kleinwagen eines Carsharing-Anbieters an einem Cebit-Stand in Hannover (Aufnahme von 2013).
Mehr als 1,7 Millionen Menschen nutzen ein Carsharing-Angebot. Das geht aus der neuen Statistik des Carsharing-Verbandes hervor, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Ein neues Gesetz könnte den Trend noch weiter befeuern – es soll auch den Straßenraum in den Kommunen entlasten.

Zumindest bei den Kunden-Zahlen zeigt die Kurve steil nach oben. Waren im Jahr 2010 noch 158.000 Menschen bei Carsharing-Anbietern registriert, sind es jetzt schon 1,7 Millionen. Allein gegenüber dem Vorjahr beträgt der Zuwachs 455.000 Fahrberechtigte – das entspricht einem Anstieg von 36,1 Prozent.

Hohes Interesse an stationsunabhängigen Angeboten

Zwar dürfte die tatsächliche Zahl der Nutzer etwas geringer sein – viele Kunden registrieren sich bei mehreren Anbietern und gehen so doppelt in die Statistik ein. Dennoch ist der Anstieg beachtlich. Seit 2012 hat sich das Wachstum noch einmal kräftig beschleunigt. Denn den größten Kundenzuwachs verzeichnen stationsunabhängige Angebote. 430.000 der neuen Carsharing-Kunden haben sich bei diesen sogenannten free-floating-Anbietern registriert – damit beträgt der Kundenzuwachs dieser Variante sogar 51,8 Prozent.

Etwas geringer fällt das Flächenwachstum der Carsharing-Anbieter aus: Die Zahl der Orte mit einem entsprechenden Angebot ist um 60 Städte und Gemeinden auf 597 gestiegen, teilt der Bundesverband Carsharing (bcs) mit.

Carsharing soll kommunale Straßen entlasten

Der Trend zum Carsharing wird auch von der Politik befördert. Die Leihwagen seien „ein Beitrag dazu, den Verkehr umweltverträglicher und vor allem auch stadtverträglicher zu machen“, meint Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumwelt- und Bauministerium (BMUB). Je besser und sichtbarer das Carsharing-Angebot werde, umso mehr Menschen würden auch auf ein eigenes Auto verzichten. Von einem „Einstieg in die Neuerfindung des öffentlichen Raums“ spricht Flasbarth gar. Denn wo Autos und damit Parkplätze überflüssig werden, entstehe Platz für andere Infrastruktur.

Skeptiker wenden dagegen ein, dass Carsharing-Angebote Menschen überhaupt erst zu Autofahrern machen könnten, die bisher das Fahrrad oder den ÖPNV genutzt haben. Die Frage „Einstiegsdroge oder Methadon-Programm“ (Flasbarth) soll nun eine Studie klären, die das Umweltministerium in Auftrag gegeben hat. Der Geschäftsführer des Carsharing-Verbands Willi Loose verweist auf bestehende Untersuchungen, die die Methadon-These untermauern, insbesondere für stationsbasierte Angebote: In Köln etwa seien für jedes Carsharing-Auto schon 18 private Autos abgeschafft worden.

Ein Carsharing-Gesetz ist auf dem Weg

Auch deshalb hat die Bundesregierung im Dezember ein Carsharing-Gesetz in die parlamentarische Beratung eingebracht. Es soll Kommunen ermöglichen, Carsharing gezielt zu fördern – etwa mit Sonder-Parkplätzen oder reduzierten Parkgebühren. Hierzu erhalten Carsharing-Autos eine besondere Kennzeichnung.

Willi Loose, Jochen Flasbarth
Willi Loose, Geschäftsführer des Bundesverbands Carsharing, und Staatssekretär Jochen Flasbarth stellen die neuen Zahlen vor.

Das Gesetz wird zunächst nur für den Bereich der Bundesstraßen gelten. Es habe Widerstand und juristische Gründe gegeben, „dass wir es nicht auf Landes- und Kommunalstraßen ausweiten konnten“, erläutert Flasbarth. Dennoch sei er nicht unzufrieden, das Gesetz schaffe eine sichere Rechtsgrundlage. Zudem gehe er davon aus, dass die Länder mit eigenen Gesetzen nachziehen.

Rosige Aussichten also für den Carsharing-Verband. Etwas getrübt wird die Freude der Lobbyisten von der Pleite des Unternehmens CiteeCar vor rund einem Jahr. Ein zweiter Anbieter hat sich vom Markt zurückgezogen. Das sind Anzeichen für einen harten Wettbewerb, auch wenn die Preise laut bcs-Geschäftsführer Loose im Kern stabil geblieben sind. Dafür werden die bestehenden Autos offenbar immer besser ausgelastet. Denn es gibt zwar deutlich mehr Kunden, aber die Zahl der Leihfahrzeuge hat nur um 6,8 Prozent (plus 1.100) zugenommen.