Künstliche Intelligenz im kommunalen Einsatz

Chatbots sind immer seltener um Antworten verlegen

Uwe Roth10. Februar 2023
Anders als in diesem Bild antworten keine echten Roboter. Dennoch werden Chatbots für Verwaltungen immer wichtiger.
Chatbots revolutionieren die Kommunikation – auch die der Kommunen. Noch ist Künstliche Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung selten im Einsatz. Doch das kann sich dank neuester Entwicklung rasant ändern.

Chatbots sind Programme auf Internetportalen, denen Besucher*innen frei formulierte Fragen stellen können. In Bruchteil von Sekunden liefert der Chatbot eine Antwort – in vollständigen Sätzen. In der Vergangenheit waren die künstlich generierten Auskünfte eher Zufallstreffer und selten hilfreicher als die Ergebnisliste, die die integrierte Suchfunktion auf der Webseite generierte. Chatbots basieren auf Modellen der Künstlichen Intelligenz (KI). Diese zeichnet sich durch Lernfähigkeit im Turbogang aus. Innerhalb weniger Jahre hat die Dialogfähigkeit der Chatbots völlig andere Dimensionen erreicht.

Im November ging das hauptsächlich von Microsoft finanzierte „Chat GPT” online, Google hat sein Konkurrenzprodukt „Bard” für die nächsten Wochen angekündigt. Chat GPT setzt neue Maßstäbe beim Generieren von Texten. Diese sind nahezu fehlerfrei. Das trifft zumindest auf die Rechtschreibung, Satzbau und Grammatik zu, die im Deutschen im Vergleich zur englischen Sprache eine besondere Herausforderung sind.  

Wer sich im Thema auskennt, zu dem er oder sie der KI eine Frage gestellt hat, dem fallen Wissenslücken und falsche Informationen in der Antwort auf. Wer sich nicht auskennt, übersieht möglicherweise die Ungereimtheiten. Chat GPT gibt folglich allenfalls Anregungen, die mit dem eigenen Wissen kontrolliert werden sollten.

KI kam mit Corona in die kommunale Verwaltung

In der öffentlichen Verwaltung hat Corona der Künstlichen Intelligenz Zugang zu einigen Rathäusern und Landratsämtern verholfen. Während der Pandemie waren die Türen für die Bürger*innen zu. Alternativ sollten sie auf der kommunalen Internetseite ihre Fragen zu Corona stellen. In Heidelberg heißt der Chatbot „Hardi”. Ein Sprecher der Stadt klärt auf: „Der Name ist ein Anagramm und steht für Assistent*in für das digitale Rathaus der Stadt Heidelberg.” Das Programm habe sich problemlos installieren und konfigurieren lassen. „Allerdings war auf Seiten des Bürgeramts noch ein erheblicher redaktioneller Aufwand erforderlich, da der Chatbot für Heidelberg maßgeschneiderte Antworten liefern soll”, so der Sprecher.

Im Schnitt wird Heidelberg-Hardi 30 Mal pro Tag genutzt. Im Landratsamt des Ortenaukreises (Baden-Württemberg) heißt der Chatbot „Ortena”.  Er wurde im Rahmen eines bundesweiten Pilotprojekts auf der Webseite installiert. Ein Sprecher in Offenburg sagt: „Ortena ist ein Erfolgsprojekt und wird sehr gut angenommen. Im Jahresschnitt beantwortet er täglich 500 Anfragen. An Spitzentagen hat der Chatbot auch schon mehr als 8.000 Anfragen beantwortet.” Das Programm arbeitet laut Auskunft mit einer vergleichsweise einfachen KI, die auf vorgefertigte Antwortbausteine zurückgreift und diese intelligent kombiniert. Eine automatisierte Rechtschreibprüfung korrigiert kleinere Tipp- und Schreibfehler, „sodass die Antwort davon nicht beeinträchtigt wird.”

Stadt München überarbeitet ihren Chatbot

In München ist der Chatbot seit Januar stillgelegt. Die „Pilotierung ist abgeschlossen”, heißt es aus dem Rathaus. Nutzer*innen hatten in den vergangenen zwei Jahren zum Teil unschöne Bewertungen abgegeben. Eine lautete: „Der Chatbot ist ein schlechter Witz: Meine Frage war: Hallo, wo kann ich einen Handwerkerparkausweis auf ein neues Auto umschreiben lassen? Und als Antwort kommt das Wetter für München. Da besteht wohl großer Verbesserungsbedarf!” Im zweiten Quartal soll eine verbesserte Version online gehen. Der neue Chatbot soll Fragen, auf die er keine Antwort weiß, automatisch an einen Menschen in der Stadtverwaltung weiterreichen. Die Landtagswahl in Bayern soll seine Bewährungsprobe werden.

Die Kommunen realisieren ihre Chatbots oftmals mit kleinen Start-up-Unternehmen aus der Umgebung. Nicht selten mussten Befürworter*innen einer KI-Lösung für die externe Kommunikation intern viel Überzeugungsarbeit leisten, um ein Versuchsprojekt realisierten zu dürfen. Nun sind sie Gejagte von Chat GPT und allen weiteren KI-Lösungen, die die Marktgiganten des Internets kostenlos oder für wenig Geld in die virtuelle Welt gebracht haben oder noch bringen werden. Die Kommunen kämpfen (noch) mit eigenen Weiterentwicklungen dagegen an. Die Heidelberger Stadtverwaltung hat im Oktober die Testphase eines weiteren Chatbots gestartet: Dieser arbeitet auf Basis von KI-Sprachmodellen – ähnlich wie bei Chat GPT. Dieser könne „den Kontext einer Anfrage verarbeiten und aus ihrem Wissensfundus eine Antwort generieren”, sagt der Stadtsprecher.

„Würden Chat GPT auch gerne nutzen”

Auf die neueste KI-Revolution angesprochen, bleibt er zurückhaltend: „Chat GPT wird für die Kommunikation zu Verwaltungsdiensten mit Bürger*innen vorerst nicht zum Einsatz kommen. Chat GPT wird aber im Rahmen von Innovationsideen weiter betrachtet. “ Der Sprecher des Ortenaukreises sagt: „Chats wie GPT basieren auf komplexeren künstlichen Intelligenzen, die Potenzial für einen noch besseren Kundenservice bieten. Wir verfolgen die Entwicklung genau und würden diese und ähnliche Programme auch gerne nutzen. Allerdings ist der Entwicklungsaufwand für die öffentliche Verwaltung alleine enorm und daher aktuell noch nicht darstellbar.”

Dabei bietet KI kommunalen Verwaltungen erstmals für die barrierefreie Kommunikation in Leichter oder Einfacher Sprache günstige Lösungen. Bislang verursachen Texte in Leichter Sprache Honorarkosten. KI kann auf Anweisungen kurze Sätze liefern und schwere Begriffe außenvorlassen. Die Potenziale sind noch lange nicht ausgeschöpft.

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