Bundesumweltministerium

Damit das Wasser nicht ausgeht: Schulze legt Strategie vor

Carl-Friedrich Höck09. Juni 2021
Soll das Wasser zuerst zum Trinken und Waschen, Blumen gießen oder für die Landwirtschaft gesichert werden? Bei Nutzungskonflikten gilt künftig eine Hierarchie – dabei steht die Daseinsvorsorge im Mittelpunkt.
Der Klimawandel macht das Wasser knapper – auch in Deutschland könnte das in Zukunft vermehrt zu spüren sein. Die Bundesumweltministerin hat jetzt eine Strategie präsentiert, um den Zugang zu sauberem Trinkwasser zu sichern.

„Drei Dürrejahre in Folge haben gezeigt, dass Deutschlands Wasserreichtum keine Selbstverständlichkeit mehr ist“, sagt Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Sie sieht alte Gewissheiten durch den Klimawandel zusehends infrage gestellt. Die Ministerin will jetzt Vorsorge treffen, damit das Wasser nicht knapp wird. Am Dienstag hat sie eine Nationale Wasserstrategie vorgestellt, das mit einem Aktionsprogramm verknüpft werden soll.

Wasserversorgung soll sicher und bezahlbar bleiben

Bundesumweltministerin Svenja Schulze

Bei der Strategie geht es auch darum, Nutzungskonflikten vorzubeugen und den Zustand der Gewässer und die Wasserqualität zu verbessern. Vor allem soll die Daseinsvorsorge gesichert werden, heißt es in einer Mitteilung des Umweltministeriums: „Alle Bürgerinnen und Bürger sollen auch in Zukunft auf sichere, bezahlbare und leistungsfähige Wasserversorgung und Abwasserentsorgung zählen können.“

Im Rahmen des Aktionsprogramms listet das Ministerium 57 Maßnahmen auf, die bis 2030 umgesetzt werden sollen. Einige Beispiele:

  • Behörden von Bund und Ländern sollen künftig genauer vorhersagen können, wo Wasser knapp wird und wo es gebraucht wird. Das Bundesumweltministerium will die Forschung und Entwicklung von Datenbanken, Prognosen und Szenarien unterstützen.
  • Es wird eine klare Hierarchie festgelegt, wer Wasser vorrangig nutzen darf, wenn es in einer Region knapp wird. Der Bund will aber nur allgemeine Vorgaben machen. Die Kriterien sollen regional angepasst und präzisiert werden können.
  • Zwar soll die Wasserversorgung auch in Zukunft vorrangig ortsnah erfolgen, doch ergänzend sollen Verbundnetze und Fernleitungen geschaffen werden. Ist in einer Region nur wenig Wasser verfügbar, könnten diese Leitungen helfen den Mangel auszugleichen.
  • Die Abwasser-Abgabe soll so umgestaltet werden, dass sie stärkere Anreize setzt, damit Gewässer gar nicht erst verschmutzt werden – etwa durch kommunales oder industrielles Abwasser. Dies würde also teurer werden. Das zusätzliche Geld könnte unter anderem in die Verbesserung von Kläranlagen fließen.
  • Sogenannte Smarte Tarife sollen dazu beitragen, dass nicht zu viel Wasser zur selben Zeit aus den Leitungen entnommen wird. Das könnte zum Beispiel heißen: Wer die Waschmaschine nachts statt tagsüber laufen lässt, zahlt weniger für das Wasser.
  • Das Umweltministerium will gemeinsam mit den Kommunen und Fachverbänden ein Konzept für eine gewässersensible Stadtentwicklung – sogenannte Schwammstädte –  entwickeln. Entsiegelte Flächen, mehr Stadtnatur und ähnliche Maßnahmen können dazu beitragen, dass Städte Regenwasser wie ein Schwamm lokal speichern. Bei Hitze verdunstet das Wasser und kühlt die Stadt.
  • Der Bund will den Ländern und Kommunen über die kommenden zehn Jahre mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen, um den ökologischen Zustand der Gewässer zu verbessern.

Kommunale Wasserbetriebe fordern Umdenken

Grundsätzlich positiv reagierte der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) auf die vorgelegte Strategie. „Wir sollten wissen, dass wir im Umgang mit der Ressource Wasser gesamtgesellschaftlich umdenken und sorgsam mit ihr umgehen müssen“, sagt Vizepräsident Karsten Specht. Es sei gut, dass die Umweltministerin die generationenübergreifende Systemrelevanz, die das Wasser habe, zum Thema mache. Sprecht mahnte zugleich an, bei den „bewährten Grundsätzen“ zu bleiben: Die Wasserversorgung sei auf der kommunalen Ebene sehr gut aufgehoben. Hier könne schnell und passgenau auf lokale Engpässe reagiert werden. Einheitliche Vorgaben aus Berlin seien dazu nicht nötig.

Nach VKU-Angaben versorgen die kommunalen Unternehmen 90 Prozent aller Einwohner*innen Deutschlands mit Trinkwasser und entsorgen das Abwasser von 44 Prozent.

Städte- und Gemeindebund: „Wasser ist keine Handelsware”

Ähnlich kommentiert der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) die Wasserstrategie. Es brauche eine klare Strategie und ein aktives Wassermanagement, heißt es in einem Statement des kommunalen Spitzenverbandes. Die Kommunen müssten bei der Anpassung ihrer Strukturen gestärkt werden, etwa mit ausreichend Personal in den Behörden oder durch Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit.

Der DStGB fordert auch für die Zukunft ein klares Bekenntnis zur kommunalen Selbstverwaltung und betont, Wasser und Abwasser seien zentrale Daseinsvorsorgeleistungen. „Wasser ist keine Handelsware, sondern kostbares Allgemeingut“, heißt es in dem Statement. Wo nicht genügend Wasser für alle Abnehmer*innen vorhanden sei, müsse die öffentliche Wasserversorgung stets Vorrang haben.

Der Entwurf des Umweltministeriums für eine „Nationale Wasserstrategie“ ist das Ergebnis eines zweijährigen Dialogs. An diesem haben Vertreter*innen aus der Wasserwirtschaft, Landwirtschaft, Forschung, Verbänden, Ländern und Kommunen teilgenommen.  

 

Mehr Informationen:
Website des Bundesumweltministeriums

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