Insel Usedom Verkehr

Debatten um Straße und Schiene auf der Insel Usedom

27. Dezember 2018
Verkehrspolitik ist ein wichtiges Thema auf der Insel Usedom und Kernstück sozialdemokratischer Kommunalpoitik vor Ort.
Auf der Insel Usedom steht der Verkehr im Mittelpunkt der Kommunalpolitik – Sowohl auf der Schiene als auch auf der Straße

Das Thema Verkehr steht im Mittelpunkt der sozialdemokratischen Kommunalpolitik auf der Insel Usedom. Sie machen den Zustand der Kreisstraßen und die Schienenanbindung von Berlin bis nach Heringsdorf immer wieder zum Thema. Doch nicht nur das, auch der vorgesehene Ausbau einer Biogasanlage und vermeintliche Schwarzbauten am Achterwasser sorgen für Diskussionen.

Das Auto von Günther Jikeli wird kräftig durchgeschaukelt. Vorsichtig fährt der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Usedom die schmale Straße entlang. Ihm kommt ein Fahrzeug entgegen, so dass Günther Jikeli ausweichen muss – die Fahrbahn besteht in diesem Bereich aus Betonplatten. „Anders geht es hier leider nicht“, sagt der Ortsvereinschef, „aber dieser Zustand ist typisch.“ Der Zustand der Straße mutet an wie ein vor allem für die Landwirtschaft genutzter Weg. Doch weit gefehlt – es ist eine der Kreisstraßen auf Deutschland zweitgrößter Insel.

Der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Usedom, Günther Jikeli.

Ihr Zustand treibt Jikeli und den anderen aktiven Mitgliedern der SPD regelmäßig die Zornesröte ins Gesicht. Und das nicht ohne Grund, wie der Ortsvereins-Vorsitzende findet. Der Landkreis Vorpommern-Greifswald, zu dem Usedom gehört, vernachlässige den Ausbau und die Sanierung der Kreisstraßen seit Jahren. Dies habe indes nicht unbedingt mit dem ohne Zweifel wenigen Geld in der Kasse zu tun. Jikeli nimmt in Sachen Kreisstraßen in erster Linie die CDU aufs Korn: „Sie verteilt die Mittel nach politischer Gefälligkeit.“

Ehrliche Politik machen

Dagegen kämpfen die Sozialdemokraten an. Sie nehmen hierbei ganz bewusst wenig Rücksicht darauf, dass die Christdemokraten zusammen mit der eigenen Partei in einer Großen Koalition die Landesregierung stellen. Sich für vernünftige Straßen einzusetzen, ist einer der Schwerpunkte sozialdemokratischer Politik im Nordosten des Landes. Daran, so Jikeli, würde die Parteien gemessen. Nur mit ehrlicher Politik könne es gelingen, das Vertrauen der Menschen (wieder-) zu gewinnen. Dies sei einer der Gründe dafür, dass die AfD bei den vergangenen Landtagswahlen das Direktmandat gewonnen habe, sind sich die Sozialdemokraten weitgehend einig.

„Wir benennen immer die Konflikte“, bringt Jikeli das SPD-Credo im Nordosten der Republik auf den Punkt. Und: „Wir machen hier nicht auf schöner Wohnen.“ Dies gelte natürlich nicht nur für den Verkehr, sondern auch für alle anderen Themen, mit denen sich die Genossen befassen – so etwa mit dem geplanten Ausbau einer Biogasanlage in Weslin. Das Dorf mit seinen rund 150 Einwohnern gehört zu den zwölf, die Teil der Stadt Usedom sind.

Streit um Ferienhäuser

Auf der anderen Seite der Insel, am Achterwasser stehen auch immer wieder eine Reihe von Ferienhäusern im Mittelpunkt der Debatte. Sie sollen ohne rechtliche Grundlagen und damit ohne Baugenehmigung errichtet worden sein. Das Pikante: Eines der Häuser gehört dem Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU).

Der Konflikt hat inzwischen sogar den Landtag erreicht und die Anwälte von Caffier fordern von einer Reihe von Menschen inzwischen Schmerzensgeld wegen angeblicher falscher Behauptungen – unter anderem von SPD-Chef Jikeli. Doch weder er noch alle anderen Mitglieder des Ortsvereins lassen sich von derartigen Drohgebärden einschüchtern, im Gegenteil.

Kampf um Schienenanbindung

Das zweite große Thema in Sachen Verkehr ist die Anbindung Usedoms über die Schiene. Diesbezüglich ist die Insel – wie übrigens auch in anderen Fragen – in den Norden und Süden geteilt. Wer von Norden her mit dem Zug auf die Insel möchte, kann die Verbindung über Wolgast nehmen. Eine Frage der Zukunft hingegen ist für die Sozialdemokraten die Südverbindung. Dafür machen sie sich seit der politischen Wende in der einstigen DDR für den Wiederaufbau der Strecke von Berlin aus stark.

Sie bestand bereits vom 19. Jahrhundert bis kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs. Wer von der Hauptstadt an die Ostsee zu den sogenannten Kaiserbädern wollte, fuhr auf der Strecke nach Stralsund. Bei Ducherow zweigte die Nebenstrecke über Swinemünde und dann weiter nach Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin ab. In etwas mehr als zwei Stunden waren die Berliner in ihrer „Badewanne“, wie die Ostsee auch im Volksmund hieß.

Heringsdorf ohne Anschluss

Ähnliches ließe sich auch heute wieder erreichen, sind die Sozialdemokraten überzeugt. „Heringsdorf mit seinen rund drei Millionen Übernachtungen jährlich hat keinen eigenen Bahnanschluss. Das ist ein Unding“, sagt Jikeli. Dem Argument der bestehenden Verbindung nehmen er und seine Mitstreiter des Ortsvereins sogleich den Wind aus dem Segeln. Erstens sei die Reisezeit bis Heringsdorf umständlicher und zweitens sei die notwendige Ertüchtigung der Strecke über Wolgast rund 150 Millionen Euro teurer - „weil es nicht über die Grenze hinweg geht“, so Jikeli.

Hintergrund: Würde die alte Strecke wieder in Betrieb genommen werden, führt sie zum Teil über heutiges polnisches Staatsgebiet. Somit, erklären die Sozialdemokraten, bezahlt die Europäische Union rund zwei Drittel der veranschlagten Kosten in Höhe von 120 bis 140 Millionen Euro. Doch bislang seien die Verantwortlichen von einer Realisierung noch weit entfernt. Das Land habe lediglich die 500.000 Euro Kosten für die Vorplanungen übernommen. Derzeit würden sich die Landesregierung in Schwerin und der Bund über die Zuständigkeiten streiten. Berlin nämlich stuft die Wiederaufnahme des Verkehrs auf der historischen Strecke als regional ein. „Da erwarten wir uns erheblich mehr Einsatz der Landesregierung“, fordert Jikeli.

CDU setzt auf die B110

Auch an dieser Stelle gebe es wieder einen Konflikt mit der CDU. Sie wünsche sich einen vierspurigen Ausbau der B110 von der A20 bis nach Garz an der deutsch-polnischen Grenze, um den Verkehr auf Usedom mit seinen Staus im Sommer in den Griff zu bekommen. Zurzeit ist die B110 für Autos über 7,5 Tonnen Gesamtgewicht tabu. Die SPDler sind strikt gegen eine Ausbau. Ihre Befürchtung: Die Polen bauen zurzeit einen Tunnel unter der Swine. Würde auch noch die ausgebaute B110 hinzukommen, werde Usedom das Einfallstor für den Schwerlastverkehr in Richtung Hamburg – mit unabsehbaren Folgen für die Insel.

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