Kommunalkongress

DEMO-Kommunalfüchse 2019 verliehen

Carl-Friedrich Höck21. November 2019
Laudatoren und Preisträger: Herbert Schmalstieg, Karin Nink, Henning Witzel (Projektleiter), Andreas Schulz, Petra Köpping, Thorsten Haß, Georg Maier und Michael Ludwig.
Die DEMO hat zum 14. Mal ihre „Kommunalfüchse“ verliehen – eine Auszeichnung für herausragende kommunalpolitische Leistungen. Die Preisträger in diesem Jahr sind Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, der Erfurter Ortsteil-Bürgermeister Torsten Haß und Andreas Schulz, langjähriger Bürgermeister von Hennigsdorf.

Vor rund 350 Kommunalpolitikerinnen und -politikern aus dem ganzen Bundesgebiet wurden am Donnerstagabend die DEMO-Kommunalfüchse verliehen. Die Preisverleihung schließt traditionell den ersten Tag des DEMO-Kommunalkongresses ab. In diesem Jahr konnte die Zeitschrift mit der Veranstaltung in der „Bar jeder Vernunft“ zugleich ihr 70. Jubiläum begehen.

Die Preisträger 2019 sind:

Sonder-Kommunalfuchs:

Michael Ludwig, Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien, stellvertretend für „100 Jahre Rotes Wien“:

Mit den Wahlen zum Gemeinderat im Mai 1919 übernahmen die Sozialdemokraten in Wien die politische Mehrheit. Damals war Wohnraum knapp, viele Menschen hausten unter unwürdigen Bedingungen, Tuberkulose hatte sich ausgebreitet. Das änderte sich nun: Innerhalb weniger Jahre errichtete die Stadt mehr als 60.000 Wohnungen. Die Sozialdemokraten setzten auf eine neue Bildungs-, Gesundheits- und Wohlfahrtspolitik und ließen Kindergärten, Bibliotheken, Schwimmhallen und Kliniken bauen. Die heute als „Das Rote Wien“ bezeichnete Epoche endete 1934, als Bürgermeister Karl Seitz seines Amtes enthoben wurde und die „Vaterländische Front“ die Macht übernahm.

Die Errungenschaften des „Roten Wiens“ wirken jedoch bis heute nach. Seit 1945 wird Wien wieder durchgängig von Bürgermeistern der SPÖ regiert. Sie knüpften an das historische Erbe an und führten es fort. So gilt die soziale Wiener Wohnungspolitik heute international als Vorbild. Zum 100. Jubiläum des „Roten Wiens“ geht ein Sonderpreis daher an Michael Ludwig, Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien.

Die Laudatio hat der langjährige Oberbürgermeister von Hannover Herbert Schmalstieg gehalten. „Ihr habt Grundsteine gelegt. Insbesondere nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, wo Elend und Not war“, lobte Schmalstieg die Genossen aus Österreich. Die Stadt Wien und auch die SPÖ hätten diese Auszeichnung verdient.

Kommunalfuchs für das beste kommunalpolitische Einzelprojekt:

Torsten Haß, Ortsteil-Bürgermeister Moskauer Platz in Erfurt, für das Ortsteilbüro

Torsten Haß ist Ortsteilbürgermeister des Erfurter Ortsteils Moskauer Platz. Dort wurde in den Räumen einer leergezogenen Kita ein Ortsteilzentrum eingerichtet. Als Stadtteil-Rathaus ist es ein Beispiel für zukunftsträchtige Quartiersarbeit.

In dem Gebäude Moskauer Straße 114 haben sich verschiedene Träger und Vereine angesiedelt: Die Caritas betreibt eine Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle. Im Souterrain befindet sich eine Werkstatt für Menschen mit besonderem Förderbedarf. Eine Etage darüber betreibt der Träger „MitMenschen e. V.“ ein Mehrgenerationenhaus. Es umfasst Angebote für Familien und Kinder, Stadtteil- und Gemeinwesenarbeit, Schuldnerberatung, eine Sprachwerkstatt zur Förderung der Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen und einiges mehr. Die Volkshochschule Erfurt bietet unter anderem Sprach-, Tanz und Integrationskurse an. Auch der Ortsteilbürgermeister und die Vertreter des Ortsteilbeirates unterhalten hier ein Büro mit regelmäßigen Sprechstunden für Bürgerinnen und Bürger. Sie helfen auch bei Formularen und Anträgen. Das Jugendamt Erfurt berät im Ortsteilzentrum Familien, darüber hinaus sind hier regelmäßig Wanderausstellungen zu sehen.

Torsten Haß wird für die mit dem Projekt verbundene kommunalpolitische Arbeit ausgezeichnet. Dieses stellt nach Ansicht der Jury ein herausragendes Beispiel dar, wie lokale Akteure vernetzt werden können. Bürgerinnen und Bürger erhalten im „Ortsteil-Rathaus“ unbürokratische Unterstützung.

Laudator war Thüringens Innen- und Kommunalminister Georg Maier. Er würdigte Haß unter anderem für seine Standfestigkeit in einer Zeit, als viele Menschen aus dem Erfurter Neubauviertel (den Begriff „Platte“ lehnt Maier explizit ab) wegzogen. „Du bist nicht nur dort geblieben, sondern hast etwas auf die Beine gestellt“, stellte Maier fest. Mittlerweile habe sich das Stadtviertel verändert. „Dort ist wieder Leben eingezogen.“

Kommunalfuchs für das kommunale Lebenswerk:

Andreas Schulz, 1990 bis 2018 Bürgermeister von Hennigsdorf

Die Friedliche Revolution 1989 war ein Grund zur Freude – auch für Andreas Schulz, der sich wie viele andere an den Montagsdemonstrationen beteiligt hatte. Doch für die Industriestadt Hennigsdorf markierte sie zugleich einen gewaltigen wirtschaftlichen Umbruch. In dieser schwierigen Zeit wurde der damals 29-jährige Andreas Schulz zum Bürgermeister gewählt. Er blieb es bis zum Jahr 2018.

Hennigsdorf war 1990 geprägt von zwei Großbetrieben mit rund 18.000 Beschäftigten. Viele davon verloren in der Folgezeit ihren Job. Um den Erhalt des Stahlwerkes kämpften die Beschäftigten mit Selbstbewusstsein und Entschlossenheit und setzten sich zumindest teilweise durch. Dieser Geist prägte die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger auch in den kommenden Jahrzehnten. Heute lässt sich resümieren: Hennigsdorf hat sich gut entwickelt, die Zahl der Einwohner wächst und die Wirtschaft hat sich erholt. Aus der Arbeits- ist eine attraktive Wohnstadt geworden.

Die Laudatio für Andreas Schulz hielt die Sächsische Staatsministerin für Gleichstellung und Integration Petra Köpping. Schulz habe in jungen Jahren Verantwortung übernommen, als zwar Viele freie Wahlen forderten, aber nur Wenige gewählt werden wollten. Während der schwierigen Umbrüche nach 1989 zu moderieren und Zuversicht zu geben, erfordere viel Kraft.

Schulz selbst betonte, dass er den Preis stellvertretend für die Beschäftigten und Betriebsräte aus Hennigsdorf entgegennehme, die sich für den Erhalt der Betriebe eingesetzt haben. Noch heute gebe es in Hennigsdorf ein Stahlwerk und eine Maschinenbaufabrik.

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