Kongress städtebaulicher Denkmalschutz

Deutsche Städtebauförderung – ein Vorbild für Europa?

Carl-Friedrich Höck20. Juni 2018
Gunther Adler
Gunther Adler, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat
In Berlin treffen sich Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zum 26. Kongress Städtebaulicher Denkmalschutz. Im Mittelpunkt steht die „Europäische Stadt“. Staatssekretär Adler sagte zu, dass der Bund den finanziellen Umfang der Städtebauförderprogramme beibehalten wolle.

Ursprünglich ging es einmal darum, die ostdeutschen Städte vor dem endgültigen Verfall zu retten. Im Jahr 1991, die Deutsche Einheit war gerade vollzogen, präsentierten sich die Ortskerne in den Neuen Ländern in einem schlimmen Zustand. Die historischen Stadt- und Dorfzentren existierten zwar noch, denn für den Abriss der Altbauten hatte oftmals das Geld gefehlt. Sie waren jedoch kaum noch bewohnbar.

Also rief der Bund eine neue Fördermaßnahme ins Leben: Das Programm Städtebaulicher Denkmalschutz. Es sollte nicht nur einzelne Häuser sanieren helfen, sondern ganze Ortsteile wieder instand setzen. Dass Stralsund, Erfurt oder Leipzig wieder in altem Glanz erstrahlen, ist auch ein Ergebnis der Förderung. Seit 2009 profitieren auch die alten Bundesländer von dem Programm.

„Europäische Stadt”

Und nun, im Jahr 2018, rückt das Thema Europa in den Fokus der Denkmalschützer und Stadtplaner. Anlass ist das Europäische Kulturerbejahr, das die EU-Kommission ausgerufen hat. Die „europäische Stadt“ sei eines der fünf Leitthemen, erklärt der Berliner Europa-Staatssekretär Gerry Woop. Die Grundidee sei, dass die Europäer ihr kulturelles Erbe gemeinsam besitzen und miteinander teilen.

Das Brandenburger Tor
„Europäisches Gesamtkunstwerk”: Das Brandenburger Tor

Was er damit meint, verdeutlichte Woop am Dienstag in seiner Auftaktrede zum „26. Kongress Städtebaulicher Denkmalschutz“ an einem Beispiel: Das Stadtbild Berlins sei von zahlreichen Einflüssen geprägt. Exemplarisch zeige sich das an dem Brandenburger Tor – nur wenige Meter vom Kongressort entfernt, dem lichtdurchfluteten Innenhof des Allianz-Forums am Pariser Platz. „Das Brandenburger Tor zitiert einerseits das Tor zur Stadtkrone von Athen, das Parthenon“, so Woop. Der Baukünstler sei aus Schlesien, also dem heutigen Polen nach Berlin gekommen. Die Quadriga wiederum erinnere an den Siebenjährigen Krieg, die Gebietserweiterungen Preußens und „die Blüte der folgenden Friedensjahre“. Das Monument sei ein „europäisches Gesamtkunstwerk“.

Begriff „Baukultur“ wird international

Woop verwies auch auf die Davos-Erklärung, die Kulturminister aus ganz Europa im Januar unterzeichnet haben. Der deutsche Begriff „Baukultur“ wird darin erstmals auf internationaler Ebene verwendet und ihre Stärkung als Ziel ausgegeben. (Mehr zum Begriff: bundesstiftung-baukultur.de.) Ziel der EU-Staaten ist es, eine Agenda-Partnerschaft zum baukulturellen Erbe und zur Entwicklung aus dem Bestand ins Leben zu rufen.

Das baukulturelle Erbe sei „Ressource und Entwicklungschance zugleich“, unterstrich Gunther Adler, Staatssekretär im Bundesbauministerium. Dass der deutsche Begriff „Baukultur“ übernommen wurde, sei erfreulich und zugleich ein Auftrag, das Projekt von Deutschland aus vorbildhaft mit auszugestalten.

„Funktionsverlust” in Kleinstädten und Dörfern

Adler verwies darauf, dass die Städte und Gemeinden sich im Wandel befinden. In den Ballungsräumen grassiere die Wohnungsnot. „Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Zeit“, so Adler. Man dürfe jedoch nicht aus dem Blick verlieren, dass andere Städte und Dörfer im gleichen Maße schrumpfen und dort Wohnungen leer stehen. Damit gehe ein Funktionsverlust einher – also eine Schwächung der Daseinsvorsorge, der ärztlichen Versorgung, der Kinderbetreuung, von Einzelhandel und ÖPNV-Anbindungen. „Das heißt auch, dass sich zunehmend Bevölkerungsgruppen, gerade in diesen Kleinstädten, als aufgegeben betrachten“, bemerkte Adler. Das führe zu „Wahlergebnissen, die wir alle nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen können.“ Es sei eine Aufgabe dieser Legislaturperiode, dies aktiv anzugehen.

Für das Programm Städtebaulicher Denkmalschutz habe der Bund von 1991 bis 2017 Finanzhilfen in Höhe von mehr als 2,7 Milliarden Euro bereitgestellt und damit 529 Städte gefördert, rechnete Adler vor. Im aktuellen Programm stünden weitere 110 Millionen Euro zur Verfügung. Das Interesse an dem Programm sei im In- wie Ausland hoch. Die Bundesregierung plane, es noch effizienter zu gestalten und „manches zusammenzulegen, um es handhabbarer für die Kommunen zu machen“. Im Übrigen sei der Titel des Förderprogramms etwas irreführend. Denn 50 Prozent der Fördermittel gingen in den ländlichen Raum.

Städtebauförderungs-Niveau soll beibehalten werden

Allianz-Forum am Pariser Platz
Allianz-Forum am Pariser Platz

Neben dem städtebaulichen Denkmalschutz gibt es in Deutschland eine Reihe weiterer vom Bund geförderter Programme wie „Soziale Stadt“, „Zukunft Stadtgrün“ oder „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“. Staatssekretär Adler bezeichnete die Städtebauförderung als „verlässliche Finanzierungsgrundlage auf hohem Niveau“. Insgesamt stelle der Bund rund eine Milliarde Euro pro Jahr für die Städtebauförderung zur Verfügung. Damit sei sie ein Förderinstrument, „dass unsere Kommunen in die Lage versetzt langfristige Stadtentwicklungsentscheidungen zu treffen.“

Auch nach dem Auslaufen der aktuellen Förderperiode 2019 wolle der Bund die Städtebauförderung „auf hohem Niveau fortsetzen“, kündigte Adler an. Über Details sei man gerade mit dem Bundesfinanzminister im Gespräch. Jedoch solle mindestens die gleiche Summe in die Städtebauförderung fließen wie bisher auch.

 

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