Erwartungen für 2018

Was der Deutsche Städtetag von der Politik für 2018 fordert

Karin Billanitsch28. Dezember 2017
Markus Lewe, neuer Präsident des Deutschen Städtetages, ist Oberbürgermeister von Münster. Die Städte richten einen Forderungskatalog an die neue Bundesregierung.
Die Städte fordern für 2018 wichtige Weichenstellungen in Bund und Ländern: mehr Investitionen in Infrastruktur und nachhaltige Mobilität, Ausbau der Ganztagesbetreuung und weitere Finanzspritzen für Aufgaben der Integration. Auf der Agenda des Deutschen Städtetages steht zudem das Ziel messbarer Erfolge für Luftreinhaltung. Der kommunale Spitzenverband fordert dafür mehr Geld und Unterstützung von Bund und Ländern.

In wenigen Tagen, am 1. Januar 2018 wird Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe sein Amt als neuer Präsident des Deutschen Städtetages antreten – am heutigen Donnerstag stellte sich der OB bereits der versammelten Presse in Berlin und kündigte an, „die Stimme der Städte vernehmbar zu Gehör“ bringen zu wollen. Einen ganzen Forderungskatalog der Erwartungen für 2018 seitens der Städte hatte Markus Lewe ebenfalls im Gepäck: Investitionen stärken, Ganztagsschulen ausbauen und nachhaltige Mobilität fördern, lauteten die Kernforderungen. 

Markus Lewe: „Brauchen stabile, kommunalfreundliche Bundesregierung“

Insbesondere appellierte der neue Präsident des Deutschen Städtetags an CDU, CSU und SPD, in ihren anstehenden Sondierungsgesprächen „zügig zu klären, wie und mit welchen Inhalten eine neue Bundesregierung gebildet werden kann“, sagte Lewe. Lewe weiter: "Wir brauchen im neuen Jahr rasch eine stabile Bundesregierung, die auch kommunalfreundlich agiert.“ Es gebe zu viele Aufgaben, die nicht auf die lange Bank geschoben werden dürfen. Dazu gehöre ein Bündnis von Bund und Ländern für mehr Investitionen, um den kommunalen Investitionsstau von etwa 126 Milliarden Euro zu reduzieren, so Lewe.

Der Städtetag wies darauf hin, dass bisher vor allem in energetische Sanierung von Schulen, in Barrierefreiheit und Lärmschutz investiert werde. Anders als zum Teil behauptet nutzten die Kommunen die Investitionsförderprogramme von Bund und Ländern intensiv, hieß es. Allerdings wäre es viel hilfreicher, die Investitionskraft der Städte dauerhaft zu stärken, als nur punktuell zu fördern. „Dann könnten die Städte gezielt mehr planen und bauen sowie für diese Aufgaben das nötige Personal einstellen“, betonte der OB aus Münster. Im kommenden Jahr 2018 werden die Kommunen geschätzt etwa 29 Milliarden investieren, teilte der Deutsche Städtetag mit (2017 waren es voraussichtlich nur rund 27 Milliarden Euro). „Das ist bei einem kommunalen Investitionsstau von 126 Milliarden Euro laut KfW viel zu wenig“, monierte Markus Lewe.

Städtetag fordert Geld für Integrationsaufgaben auch nach 2019

Aus Sicht des Verbandes brauchen die Städte auch Klarheit darüber, dass sich der Bund ab 2019 weiter an der Daueraufgabe Integration finanziell beteiligt. Das sei nötig, damit die Kommunen ihre Integrationsaufgaben gut erfüllen können. In diesem Zusammenhang sagte Lewe zum politisch umstrittenen Familiennachzug, eine Regelung müsse gegebenenfalls zwei Aspekte berücksichtigen: Einerseits müsse die Integrationsfähigkeit der Kommunen gewahrt bleiben – andererseits habe man die Erfahrung gemacht, dass Integration erleichtert werden könne, wenn enge Familienangehörige nachziehen dürften, so Lewe. „Es geht um eine richtige Balance. Die kluge Lösung besteht letztlich darin, dass wir auf der einen Seite die Städte nicht überfordern, aber auch auf der anderen Seite die Integrationschancen Geflüchteter nicht beeinträchtigen können.“

Ab wann genau eine Stadt überfordert sei, lasse sich wohl nicht genau konkretisieren und messen, sagte Lewe. Seiner Erfahrung nach könnten Städte im Moment im Großen und Ganzen gut mit dem Thema Integration von Geflüchteten umgehen. Schwierig könnte es werden, wenn ganze Großfamilien sich eingeladen fühlten. Der Familiennachzug ist für Menschen mit eingeschränktem Schutz derzeit ausgesetzt. Zwischen Union und SPD, die im Januar Möglichkeiten einer Regierungsbildung sondieren, ist das Thema umstritten.

Messbare Erfolge in der Luftreinhaltung

Auf der Agenda des Städtetages für das kommende Jahr steht das Thema Luftreinhaltung: „Wir halten es für entscheidend, dass 2018 messbare Erfolge beim Kampf gegen zu hohe Stickoxidwerte in den Städten erzielt werden“, mahnte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy.

Dedy wies darauf hin, dass im Verkehr in der Stadt Diesel-Pkw bis zu drei Viertel der Stickoxid-Emissionen verursachen. In erster Linie sieht er die Automobilindustrie als Verursacher in der Pflicht, die Diesel-Fahrzeuge sauberer zu machen. Dedy: „Die von den Herstellern zugesagten Software-Updates müssen schnellstens in den betroffenen Diesel-Autos installiert werden. Die Automobilindustrie muss kurzfristig darlegen, was die Updates in der Praxis tatsächlich und wie schnell bewirken."

Helmut Dedy: Bund muss Blaue Plakette ermöglichen

Die Bundesregierung solle deshalb möglichst bald im neuen Jahr den zweiten Dieselgipfel mit der Industrie einberufen, forderte der Hauptgeschäftsführer. Dann müsse auch erneut diskutiert werden, ob eine Hardware-Nachrüstung der älteren Fahrzeuge nötig wird: „Wir alle wollen Fahrverbote vermeiden“, stellte Dedy klar. Aber klar ist auch: Nur wenn die Grenzwerte auf der Straße eingehalten werden, ist die Gefahr gebannt, dass Gerichte Fahrverbote verordnen." Er forderte zudem die Einführung der Blauen Plakette, um den Städten ein Ordnungsinstrument in die Hände zu geben, falls es nötig werden sollte. Am 22. Februar verhandelt das Bundesverwaltungsgericht zum Luftreinhalteplan in Nordrhein-Westfalen für Düsseldorf. Zudem droht eine Klage der EU-Kommission gegen Deutschland wegen anhaltender Überschreitung von Grenzwerten der Luft.

Die Städte fordern Bund und Länder schließlich auch auf, deutlich mehr als bisher in die Verkehrsinfrastruktur zu investieren. Lewe: „Wir müssen jetzt die Weichen stellen für zukunftsfähige Mobilität und eine umweltverträgliche Fortbewegung. Vor allem der öffentliche Personennahverkehr sei seit langem „erheblich unterfinanziert“. Deshalb „muss der Bund weiterhin mit in der Finanzierungsverantwortung bleiben“, forderte Lewe. E-Mobilität, Carsharing und das Fahrrad seien wichtige ergänzende Angebote, die klug vernetzt werden müssten.

Persönliches Anliegen: Das Kulturgut europäische Stadt

Markus Lewe machte darüber hinaus auch deutlich, dass ihm in seiner neuen Funktion als Städtetagspräsident das Kulturgut der europäischen Stadt wichtig ist. Er sieht die Diversität und Urbanität durch rasante Entwicklungen bedroht. Er will sich dafür einsetzen, Partnerschaften zu intensivieren und auch auf die nationale Gesetzgebung hinwirken. „Städte sind Orte der Begegnung, des Miteinanders und des Zusammenhalts und bieten Identifikationsorte.“