Hannover und Umgebung

Deutschlands zweitgrößte Direktwahl: Steffen Krach will Regionspräsident werden

Carl-Friedrich Höck22. September 2021
Steffen Krach will seine in Berlin erworbenen Fähigkeiten in der Region Hannover einbringen.
Die Region Hannover ist eine Besonderheit in der deutschen Kommunalpolitik. Am Sonntag entscheidet sich, wer sie künftig regiert. Für die SPD geht Steffen Krach ins Rennen – in Berlin hat er als Staatssekretär bereits Eindruck hinterlassen.

Der Newsletter „Checkpoint“ des Tagesspiegels ist bekannt für seinen spöttischen Blick auf die Berliner Politik. Umso bemerkenswerter ist das Lob, das die Redaktion Steffen Krach hinterherschickte, als der seine Kandidatur für das Amt des Regionspräsidenten in der Region Hannover bekanntgab. Krach sei „der beste Bildungssenator, den Berlin nie bekam“, war im Checkpoint zu lesen.

Krach ist in Hannover aufgewachsen

Offenbar schätzt man den 42-Jährigen und seine Arbeit sogar in der kritischen Berliner Medienlandschaft. Der Sozialdemokrat ist seit sieben Jahren Staatssekretär für Wissenschaft und Bildung. Nun will er von der Bundeshauptstadt in seine alte Heimat wechseln. „Ich komme aus Hannover, bin dort groß geworden, hatte hier eine tolle Kindheit und Jugend“, sagt Krach. Den Kontakt habe er nie verloren, weder privat noch politisch. Es sei „eine wunderbare Möglichkeit“, hier Politik machen zu können.

In der Region Hannover wohnen 1,2 Millionen Menschen. Am Sonntag sind sie aufgerufen, in der Stichwahl über den neuen Regionspräsidenten – oder die neue Präsidentin – zu entscheiden. Gemessen an der Zahl der Stimmberechtigten ist es die zweitgrößte Direktwahl in Deutschland – nach der Münchener Oberbürgermeisterwahl.

Gute Chancen in der Stichwahl

Die Ausgangslage für Krach ist gut. Im ersten Wahlgang am 12. September stimmten 37,1 Prozent der Wähler*innen für ihn. In der Stichwahl muss er sich nun gegen Christine Karasch behaupten, die 29,6 Prozentpunkte erzielte. Die Christdemokratin hofft auf zusätzliche Wähler*innen in der zweiten Runde, die durch die zeitgleich stattfindende Bundestagswahl an die Urnen gelockt werden könnten. Krach könnten Stimmen aus dem Lager der Grünen zur Mehrheit verhelfen. Deren Kandidatin Frauke Patzke war mit 20,8 Prozent auf dem dritten Platz gelandet und hat die Stichwahl somit verfehlt.

Mit Leuten reden, Expert*innen zuhören: darauf setzt Steffen Krach. (Foto: Carolin Weinkopf)

Dazu passt, dass Steffen Krach die Mobilitätswende vorantreiben will. Ein zentrales Wahlversprechen ist das 365-Euro-Ticket. Sprich: Für einen Euro am Tag sollen die Bürger*innen in der gesamten Region Busse und Bahnen nutzen können. „Damit wären wir dann auch Vorbild für andere Regionen in Deutschland“, meint Krach. Auch die Anbindungen und die Taktung des Öffentlichen Nahverkehrs will er ausbauen. Ein weiteres Kernthema sind die Krankenhäuser in der Region Hannover. Krach will sie erhalten, nicht privatisieren und nach und nach sanieren.

Wie man eine Verwaltung effizient führt, hat Krach in seinen Jahren als Staatssekretär gelernt. Er betont: Es sei auch wichtig, dass man eine Idee habe, wie man eine Region oder einen Wissenschaftsstandort weiterentwickeln möchte. „Das habe ich gezeigt in den letzten sieben Jahren.“ Zu seinen Grundprinzipien gehört es, vor einer politischen Entscheidung mit vielen Expert*innen zu sprechen. Die gebe es für alle Bereiche, ob Mobilität, Gesundheitssystem oder Klimaschutz. Und deren Expertise wolle er nutzen, versichert Krach.

Region Hannover: ein ungewöhnliches Modell

Die Region Hannover ist in Deutschland eine Besonderheit. Vergleichbare Kommunalverbände gibt es sonst nur in Saarbrücken und Aachen. Gegründet wurde die Region Hannover vor 20 Jahren. Dahinter stand die Idee, dass 21 Kommunen in vielen Bereichen mehr bewirken können, wenn sie sich zusammenschließen. Deshalb haben die Stadt Hannover und die Kommunen im Umland eine Reihe von Zuständigkeiten abgetreten. Neben dem ÖPNV und den kommunalen Krankenhäusern betrifft das etwa die Müllentsorgung oder den Klimaschutz, die Beschäftigungsförderung und den Zoo Hannover.

„Ich bin mir ganz sicher, dass eigentlich viele die Struktur der Region Hannover kopieren würden“, glaubt Steffen Krach. Es passiere nur deshalb nicht, weil die Oberbürgermeister anderer Großstädte dafür massiv Kompetenzen abgeben müssten. So, wie es vor 20 Jahren Hannovers Rathauschef Herbert Schmalstieg (SPD) getan hat. Trotzdem glaubt Krach, dass andere Regionen dem Modell folgen werden, „weil ansonsten die Kluft zwischen urbanen Räumen und ländlichen Räumen immer weiter auseinandergeht.“ Als Gegenbeispiel verweist Krach auf Köln: Dort habe die Oberbürgermeisterin im Wahlkampf eine Mobilitätspolitik nur für die Stadt versprochen und sogar in Aussicht gestellt, dass Menschen aus dem Umland nicht hineinfahren dürfen, wenn die Stadt voll ist. „In einer Struktur, wie wir sie hier in Hannover haben, würde sowas nicht gehen“, ist Krach überzeugt. Man würde mit solchen Aussagen schlicht nicht gewählt werden.

Seit es die Region Hannover gibt, ist das Amt des Regionspräsidenten in der Hand der SPD. Krach will  die Nachfolge von Michael Arndt (2001–2006) und Hauke Jagau (seit 2006) antreten. Das Ergebnis der ersten Wahlrunde gebe ihm Rückenwind, sagt Krach im Gespräch mit der DEMO. Trotzdem sei die Wahl noch nicht gelaufen, er wolle weiterkämpfen. „Und das heißt: So viele Gespräche mit Wählerinnen und Wählern zu führen wie irgendwie möglich, Infostände machen, Frühverteilung.“ Am 25. September soll der Wahlkampf abends mit einer Kneipentour beendet werden. „Und dann hoffen wir auf ein gutes Ergebnis.“

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