Medibus

Mit diesen Bussen will die Bahn den Landarzt-Mangel bekämpfen

Carl-Friedrich Höck29. April 2019
Zwei Medibusse der Deutschen Bahn
Zwei Medibusse der Deutschen Bahn
Weil in ländlichen Regionen Ärztenachwuchs fehlt, werden immer mehr Praxen geschlossen. Die Deutsche Bahn hat deshalb Busse entwickelt, die als mobile Arztpraxen durchs Land rollen.

Junge Ärzte zieht es in die Städte. In Hamburg etwa kommen auf 100.000 Einwohner ganze 700 Ärzte, in Brandenburg sind es nur etwa 380. Für ländliche Regionen ist das ein Problem. Denn viele niedergelassene Ärzte finden keine Nachfolger mehr, die ihre Praxis weiterbetreiben, wenn sie sich selbst zur Ruhe setzen.

Eine rollende Arztpraxis

Ein Projekt der Deutschen Bahn soll nun helfen, die ärztliche Versorgung sicherzustellen. Sogenannte Medibusse können die Orte anfahren, in denen es keine Arztpraxen gibt. „Die Möblierung des Busses entspricht einer üblichen Hausarztpraxis“, heißt es in einer Broschüre von DB Regio. Sogar ein kleines Wartezimmer ist eingebaut. Und mit einer internetfähigen Videokonferenzanlage kann der behandelnde Allgemeinmediziner bei Bedarf einen Facharzt zuschalten.

Am Freitag wurde der vierte Bus dieser Art vorgestellt. Dass ausgerechnet die Deutsche Bahn mobile Praxen entwickelt, erkläre sich damit, dass sie zugleich „der größte Busbetreiber Deutschlands“ sei, wie eine Sprecherin sagt. Gerade in der Fläche sei die Bahn mit ihren Busangeboten stark vertreten. Bei der Entwicklung des Medibusses arbeitet die Bahn mit dem Telekommunikationsunternehmen Cisco Deutschland zusammen.

Pilotprojekt in Hessen testet die mobile Praxis

Blick ins Innere eines Medibusses
Blick ins Innere eines Medibusses. (c) KV Hessen

Der Bus könne nicht nur für die hausärztliche Versorgung eingesetzt, sondern auch für betriebsärztliche Untersuchungen genutzt werden, heißt es von Seiten der Deutschen Bahn. Auch Landkreise könnten die Busse anmieten, um beispielsweise Grippeschutzimpfungen durchzuführen.

Wie gut die Versorgung mit dem Bus funktioniert, wird derzeit in fünf hessischen Gemeinden getestet (Cornberg, Herleshausen, Neuntershausen, Sontra und Weißenborn). Dort läuft seit Mitte 2018 ein Pilotprojekt mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen. Das werde von den Patienten auch gut angenommen, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Bezahlt werde das Projekt aus einem Sicherstellungsfonds von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen – er dient dazu, Versorgungslücken zu schließen.

Der behandelnde Arzt ist bei der KV Hessen angestellt. Was Vorteile mit sich bringt: Er muss weder viel Geld in eine eigene Praxis investieren, noch ist er lange an seinen Arbeitsort gebunden. Beides sind Faktoren, die viele junge Ärzte davon abhalten, sich mit einer Praxis auf dem Land niederzulassen.

Mobile Arztpraxen sind nur zweitbeste Lösung

Die KV Hessen betont jedoch auch, dass der Bus nur eine Übergangslösung sei. Die Kosten für die zweijährige Pilotphase in Höhe von 600.000 Euro seien höher als die für eine Hausarztpraxis vor Ort. Man setze alles daran, Ärzte für eine Niederlassung oder Anstellung in ländlichen Regionen zu motivieren. Vorstand Eckhard Starke meint: „Es wird zukünftig nicht in jedem Dorf ein Arzt sein können. Daher müssen wir als KV Hessen überlegen, wie wir die ärztliche Versorgung zentralisieren können. Eine denkbare Lösung könnte eine Art Gesundheitszentrum sein, aus dem heraus dann die umliegenden Kommunen in einem Teilzeit-Modell mit versorgt werden.“

Rückenwind könnte das Projekt Medibus durch ein neues Gesetz bekommen, das am 1. Mai in Kraft tritt: Das Terminservice- und Versorgungsgesetz. Es verpflichtet Kassenärztliche Vereinigungen dazu, in unterversorgten Regionen eigene Praxen zu eröffnen oder mobile und telemedizinische Versorgungsangebote zu machen.