SGK-Fachkonferenz Digitalisierung

Die digitale Infrastruktur wird täglich angegriffen

Podium auf der SGK-Konferenz zur Digitalisierung
Moderator Detlef Raphael, Alexander Götz, Helmut Herdt und Christoph Unger (v.l.)
Wie Regentropfen prasseln Hackerangriffe auf die öffentlichen Server ein. So schildert es ein Abteilungsleiter aus den niedersächsischen Innenministerium. Der Schutz der Infrastruktur im digitalen Zeitalter war am Samstag eines der Themen auf der Fachkonferenz Digitale Agenda der Bundes-SGK.

Wenn unser Lebensumfeld immer mehr digitalisiert wird: Was passiert dann eigentlich, wenn der Strom ausfällt? Mit dieser Frage wurde auf der Bundes-SGK-Fachtagung zur Digitalisierung eine Debatte zum Schutz kritischer Infrastrukturen eröffnet.

Stromausfälle gefährden Sicherheit im digitalen Zeitalter

„Das Thema Stromausfall ist für uns eine zentrale Herausforderung“, legte der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe Christoph Unger dar. „Wir gehen nicht davon aus, dass es mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem großen Blackout kommt, aber das Risiko steigt.“

Eine weitere Gefahr sind Hackerangriffe. Die niedersächsischen Landesserver seien ständig unter Beschuss, berichtete Alexander Götz, der im Innenministerium des Landes die Abteilung „Kommunales und Hoheitsangelegenheiten“ leitet. „Es ist wie ein Regenschauer, der ans Fenster prasselt: Jeder Tropfen ist ein Angriff.“ Wenn sie erfolgreich verlaufen würden, könnten solche Angriffe verheerende Folgen haben. Attackiert werden nicht nur Behörden, auch Krankenhäuser und ähnliche sensible Einrichtungen. Für die Behörden sei es ein laufender Prozess, darauf zu reagieren, unterstrich Götz. „Uns geht es aber auch um die schlichte Sensibilisierung der Bevölkerung: Das Gefühl der Sicherheit ist trügerisch.“ Bei einem mehrtägigen Ausfall der Systeme könne die öffentliche Ordnung kaum aufrecht erhalten werden. Zumindest bei den Verantwortlichen sei das das Bewusstsein für die Gefahren mittlerweile vorhanden.

Kommunikation ist entscheidend

Wie schnell eine Katastrophe drohen kann, konnte Helmut Herdt aus eigener Erfahrung schildern. Er ist Sprecher der Städtischen Werke Magdeburg. Die Stadt war 2013 von einem Hochwasser betroffen. Die Bundeswehr half mit Sandsäcken, das Umspannwerk vor den Fluten zu schützen. „Ganz wichtig sind vorbereitende Maßnahmen: Wie und wo wird getankt, wie wird kommuniziert?“, rief Herdt ins Bewusstsein.

Zur Kommunikation gehören auch Katastrophenwarnsysteme. Die alten Sirenenanlagen sind vielerorts abgebaut. Die Lücke füllen könnte die App NINA des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, sie liefert Warnhinweise auf das Smartphone.

„Wir sollten darauf vorbereitet sein, überrascht zu werden“, brachte es Alexander Götz auf den Punkt. Und der Staat müsse mehr in Ausbildung investieren, etwa für Personal bei den Feuerwehren und im Katastrophenschutz.

Welche Rolle kommunale IT-Dienstleister spielen

Die wichtige  Rolle der kommunalen IT-Dienstleister bei der Digitalisierung hob in einem weiteren Fachvortrag Peter Kühne, Geschäftsführer der Lecos GmbH und Vorstandsvorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der kommunalen IT-Dienstleister, hervor. Sie „sind der natürliche Partner der Kommune bei der Digitalisierung”. Es werde in Zukunft um den Besitz der Daten gehen, so Kühne. Die Kommunen bräuchten verschiedene Mitstreiter, zum Beispiel die Wirtschaft. „Aber”,  hob Kühne hervor, „wir müssen das koordinieren”. 

Auch Kühne warnte vor Gefahren:  „Die Daten der Bürger sollen in unserer Hoheit bleiben.” Es gelte, Datenschutz zu gewährleisten. Angriffe von außen würden stark zunehmen. „Für Kriminelle sind die Daten kommunaler IT-Unternehmen immer interessanter.” 20 Prozent des IT-Budgets gäben Unternehmen für IT-Sicherheit aus. Das nehme ungeahnte Dimensionen an, so Kühne. 

Digitalisierung durchdringt den Alltag

Bernhard Daldrup
Bernhard Daldrup

Einen weiten Bogen weg von der Frage der Sicherheit der Infrastruktur hin zu der Digitalisierung im Alltag schlug Bernhard Daldrup, MdB und kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Der Pokemon-Hype im vergangene Jahr habe gezeigt, wie sehr Digitalisierung unseren Alltag durchdrungen habe, so Daldrup. Mit messbaren Folgen. In Düsseldorf gab es massive Probleme, als Spieler an bestimmten Plätzen den Verkehr lahmgelegt haben. Die Idee, die dem ersten massenkompatiblen Digital-reality-Spiel zugrunde liegt, nämlich ein digitales Netz, das auf die Realität gelegt wird, fand Daldrup interessant. Weitere Anwendungsbereiche jenseits des Spielebereichs seien denkbar, etwa bei Vermessungen oder in der Architektur. 

„Ich will deutlich machen, dass wir es mit einer unglaublichen Entwicklung zu tun haben”, bekräftigte Daldrup. Dass die Kommunen eine digitale Agenda haben müssten, das sei selbstverständlich. „Die Fragen dabei sind, was sollen und wollen die Kommunen steuern? Wo wollen sie hin?” Daldrup betonte, die digitale Agenda sei in die Kommunalpolitik einzubeziehen, denn „das ist nicht nur Angelegenheit der kommunalen Verwaltung”. Aber noch gebe es dafür keine expliziten Strukturen in vielen Kommunen, wie etwa eigene Ausschüsse für das Thema digitale Agenda. 

Für Infrastruktur sorgen

Eine wichtige Voraussetzung ist der flächendeckende Breitbandausbau. Dass die Bundesregierung vier Milliarden Euro für Breitbandförderung bereitgestellt habe, daran habe die SPD wesentlich mitgewirkt, stellte Daldrup heraus. Als wichtige gesetzliche Vorhaben nannte er insbesondere das Bundesprogramm Digitale Verwaltung 2020, das Rahmenbedingungen festlegt. Im Onlinezugangsgesetz soll ein einheitlicher Portalverbund von Bund, Ländern und Kommunen geschaffen werden. Er räumte ein, dass es hier noch strittige Punkte gebe, die diskutiert würden. So befürchten die kommunalen Spitzenverbände hohe Kosten für die Kommunen.

Das Thema Gestaltung der Digitalisierung wird uns nicht loslassen, sagte Michael Ebling zum Abschluss. Aus Sicht der kommunalen Unternehmen, also mit dem „Hut des Präsidenten des VKU auf”, plädierte er dafür, auf die zukunftsweisende Glasfasertechnologie zu setzen. Als Kommunalpolitiker, Oberbürgermeister von Mainz, zeigte sich Ebling davon überzeugt, dass der Anspruch der Menschen an die Kommunen steigen wird und sie stärker von der Verwaltung einfordern werden, dass Leistungen zusammengefasst aus einer Hand kommen, nicht von verschiedenen Stellen. Mit der kommunalen Kompetenz sollte es möglich sein, hier Antworten geben zu können und das gut zu machen, glaubt Ebling. „Aber am Ende darf die Technik nicht der Taktgeber sein, sondern umgekehrt: Wir in den Kommunen wollen Taktgeber sein.” Das Thema wird die Kommunen weiter beschäftigen. Seinen Vortrag schloss Ebling mit einem Dank an Teilnehmer und Organisatoren, als stellvertetender Vorsitzender der Bundes-SGK.

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