Klimaschutz in den Kommunen

Digitale Technik schont Klima und Stadtsäckel

Harald Sawatzki07. Juli 2020
Die neue Wörther Kita mit modernster Haustechnik gehören zum Modellprojekt „Smart Rathaus“.
„Smart Rathaus“: Wörth am Rhein ist Modellkommune für das Thema „Klimaschutz im Gebäudebereich“.

Bei Dennis Nitsche, SPD, ist jetzt Halbzeit. Vor vier Jahren übernahm der promovierte Politikwissenschaftler in Wörth am Rhein die Amtsgeschäfte als Bürgermeister der rheinland-pfälzischen Stadt mit 19.000 Einwohnern. Weitere vier stehen dem 42-jährigen Sozialdemokraten noch bevor. Ginge es nach ihm, würde er danach wohl wieder als Kandidat antreten – auf einem schwierigen Terrain, wie er gesteht: Während sein Vorgänger über Jahrzehnte aus dem Vollen schöpfen konnte, „muss ich ständig Sparmaßnahmen vertreten“. Dennoch: Mit dem ­Modellprojekt ­„Gebäudeautomation“, das die Kommune zusammen mit der Deutschen Umwelt­hilfe (DUH) seit zwei Jahren vorantreibt, kann Nitsche punkten.

Wörther Bürgermeister Dennis Nitsche

„SmartRathaus“ tauften die Initiatoren des Projekts ihr Modell, für welches bundesweit fünf Gemeinden aus 50 Kommunen ausgewählt wurden, die sich beworben hatten. Mit dabei sind Borkum, Böblingen, Birkenwerder, ­Steyerberg und eben Wörth, das nach Einschätzung der Umweltorganisation als „gutes Beispiel“ für das Klimaschutzprojekt „SmartRathaus“ gelten kann. Projektleiter Steffen Holzmann: „Die Stadt hat schon etliche passende Gebäude, aus denen Daten für eine digitale Steuer- und Regeltechnik zusammen­geführt werden können.“ Zweitens werde das Ziel verfolgt, darauf hinzuwirken, dass Gebäude länger als lediglich ein paar Jahrzehnte intakt bleiben.

Drei Gebäude im Fokus

Die drei Gebäude im Zentrum des Projektes – Rathaus, Kindertagesstätte, Festhalle – eignen sich für den Auf- und Ausbau einer digitalen Steuertechnik auch deshalb, weil die „Gebäude aus mehreren Entwicklungsphasen der Kommune“ stammen. Das Rathaus aus den Zeiten des Baubooms der 60er und 70er Jahre hat „keine entsprechende Technik“, wie Bürgermeister Nitsche weiß. Andere, ganz neue Gebäude sind weit besser ausgestattet und für die Digitalisierung geeignet. Mittlerweile lassen sich, auch dank eines überaus engagierten Bereichsleiters und „Technikfreaks“, mehrere Häuser quasi von einem zentralen Cockpit „aus der Ferne beobachten und steuern“. Getreu dem Motto: „Wie erzielen wir die größtmögliche ökologische Wirkung?“

Die drei Wörther Modellobjekte bringen ganz unterschiedliche Voraussetzungen mit: Die beinahe nagelneue Kindertagesstätte verfügt über „modernste Haustechnik“, deren Anlagen mehr oder weniger problemlos im Sinne der SmartRathaus-Idee optimiert werden können. Sie ist laut Nitsche bereits „unfassbar gut ausgestattet“. Die Festhalle aus dem Jahr 2007 bringt eine zumindest „grundlegende Automationstechnik mit“, wie die DUH deren Zustand beschreibt. Ganz anders das Rathaus: Es war bisher frei von jeglicher digitalen Gebäude­automation.

Das in die Jahre gekommene Rathaus in Wörth ist bislang frei von Gebäude-Automation. Foto: Stadt Wörth

Best-Practice für alle herausarbeiten

Mit unterschiedlichem technischen Einsatz sollen die Liegenschaften in Zukunft „weniger geheizt, mehr gesteuert“ werden. Damit werden auch die städtischen Finanzen und das Klima geschont werden, wie Nitsche hofft. In Euro und Cent und eingesparte CO2-Mengen lasse sich das bis zum Jahresende 2020 laufende Vorhaben noch nicht quantifizieren – aber vom Nutzen des Ganzen ist das Wörther Stadtoberhaupt überzeugt. Auch deshalb, weil die erzielten Ergebnisse und Verbesserungen der Digitalisierung bei den regelmäßigen Projekttreffen der beteiligten Kommunen untereinander ausgetauscht werden. Nitsche: Man wolle die jeweilige „Best Practice“ für alle herausarbeiten. „Das ist schließlich der Sinn der Übung.“

Steffen Holzmann sieht das naturgemäß genauso: Eine vereinheitlichte Regulation der digitalisierten Gebäude­automation sei schon deshalb wünschenswert, weil die für die Kommunen geltenden Standards – zum Beispiel für Heizung, Lüftung, Kühlung, Beleuchtung – in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich seien: Beim Wechsel in ein anderes Bundesland betrete man oftmals „eine andere Welt“. Würden die Vorschriften angeglichen, erleichterte das den Kommunen die Digitalisierung.

Die Erfahrungen der fünf Modell­kommunen könnten im besten Fall einmal den rund 10.000 kleinen und mittleren Gemeinden zugutekommen. Die drei Wörther Projekt-Gebäude stehen sogar stellvertretend für 170.000 kommunale Liegenschaften, die von den Entwicklungen profitieren könnten, wie die DUH ausgerechnet hat. Da bliebe zu wünschen, dass anderswo ähnlich wie in Wörth Experten im Einsatz sind, die an ihren Aufgaben stetig wachsen. Dennis Nitsche weiß warum. Der sogenannte Hausmeister sei längst zum Techniker geworden, weil er an seiner Arbeit vor allem eines hat: „einen Heidenspaß“.