Digitalisierung

Die digitalen Gedächtnisse der Regionen

02. Oktober 2017
Scan Schulbuch Osterholz
Digitalisierte Geschichte: Ausschnitt aus einem historischen Schulbuch aus dem Landkreis Osterholz.
Die Landes- und Kreisarchive werden langsam digital. Niedersachsen und Hessen nutzen eine gemeinsame Software. Doch es gibt einen guten Grund, weshalb auch der klassische Mikrofilm noch zum Einsatz kommt.

Wilhelm Berger liest sich durch historische Quellen. Er ist Autor beim „Heimatrundblick“ und beschäftigt sich mit der Geschichte des niedersächsischen Landkreises Osterholz. Vor allem die Entwicklung einzelner Ortschaften hat es ihm angetan. Dafür ist Wilhelm Berger regelmäßig Gast im Kreisarchiv Osterholz und in Stade. Dort befindet sich einer der Standorte des Niedersächsischen Landesarchivs (NLA). Das Studieren historischer Quellen ist ein traditioneller analoger Vorgang. Doch die Erschließung, Recherche und die Bestellung erfolgen zunehmend digital.

Dafür nutzen Berger und alle Menschen, die etwas in den Archiven von Landkreisen, Kommunen und des Landes suchen, immer mehr das zum 1. Januar 2015 gestartete Archivinformationssystem Arcinsys. Es ist laut Internetseite des Niedersächsischen Landesarchivs „eine Webanwendung, die von jedem beliebigen Ort aus genutzt werden kann“. Das bedeutet, dass alle Menschen das System nutzen können – von Privatleuten über Wissenschaftler bis hin zu Journalisten. Auch digitalisierte und digitale Archivalien könnten eingesehen werden, sofern sie keinen Zugangsbeschränkungen unterliegen, heißt es weiter.

Archiv der Zukunft

Nach und nach werden die Bestände des Osterholzer Kreisarchivs digitalisiert. Leiterin Gabriele Jannowitz-Heumann zeigt einen speziellen Scanner für Bücher und andere Perodika.

In einigen Jahren werden viele Kreis- und Gemeinde-Archive ihre umfangreichen Bestände digitalisiert haben. Davon geht die Leiterin des Kreisarchivs Osterholz Gabriele Jannowitz-Heumann aus. Dies betreffe historische Quellen genauso wie zum Beispiel Bauakten. Aber auch die alten Jahrgänge von Lokal­zeitungen sind ein Fall für das digitale kommunale Archiv der Zukunft. Bevor die Bestände jedoch den Weg in die binäre Welt antreten, beraten zum Beispiel im Landkreis Osterholz die jeweiligen Fachbereichsleiter darüber, ob die vorgesehenen ­Dokumente „archivwürdig“ sind. „Da sind wir nicht immer einer Meinung“, sagt Jannowitz-Heumann.

Kleine und große Archive sind das Gedächtnis der Region. Die Bestände an Dokumenten gehen in die Tausende. Sie zu digitalisieren, ist eine Mammutaufgabe – vor allem für die Mitarbeiterinen und Mitarbeiter. Weil es davon in der Regel eher wenig in den Archiven gibt, lässt sich die Digitalisierung nur Schritt für Schritt umsetzen. Im Kreisarchiv Osterholz besteht schon jetzt im kleinen Rahmen die Möglichkeit, zum Beispiel Bücher oder auch alte Zeitungsbände zu digitalisieren. Dafür gibt es seit einiger Zeit ein sogenanntes „Bookeye“. Statt die Periodika umständlich auf einen Kopierer zu legen, werden sie einfach auf- und umgeblättert. Die Auflagefläche ist der Form eines Buches mit Rücken angepasst. Ein spezieller Scanner macht daraus ein digitales Produkt.

Teuer und aufwendig

Dass die Digitalisierung trotz entsprechender Software nur langsam vorankommt, ist nicht nur ein niedersächsisches Problem. Auch im Land der Arcinsys, in Hessen, ist es so. Beispiel Hochtaunuskreis: Das dortige Kreisarchiv kann die Software aufgrund seiner Größe nicht voll ausnutzen. Nach Auskunft von Kreisarchivar Peter Maresch wird Arcinsys „in erster Linie zur Erschließung unserer Bestände und als Recherchedatenbank“ verwendet. Er ergänzt: „Wir haben derzeit 25.000 Datensätze erschlossen. Diese beziehen sich auf unsere eigenen Bestände, wir haben aber auch kleine Informationsdatenbanken geschaffen.“ Dazu gehören zum Beispiel die ehemaligen Bürgermeister im Kreisgebiet seit 1866. Diese Datenbank sei online für Benutzer recherchierbar. Darüber hinaus, macht Maresch klar, dass es nicht „das strategische Ziel“ ist, „größere Mengen an Archivalien zu digitalisieren“. Auf Wunsch stünden Benutzerinnen und Benutzern Scans des historischen Mate­rials zur Verfügung, „aber ganze Bestände zu digitalisieren, ist für uns derzeit noch zu teuer und bei Eigenleistung zu zeit­aufwendig, was die Arbeitszeit betrifft“.

Maresch‘ norddeutsche Kollegin Jannowitz-Heumann weist im Übrigen darauf hin, dass die Digitalisierung der Bestände längst nicht das Nonplusultra sei, im Gegenteil. Abgesehen davon, dass die Originale immer erhalten bleiben müssten, hielten digitale Datenträger nicht ewig. „Es muss immer wieder migriert werden“, spielt Jannowitz-Heumann auf die maximale Lebensdauer von 30 Jahren an. Deshalb sind Archivalien in Deutschland nicht nur in Bits und Bytes zerlegt. Sie werden auch immer noch auf Mikrofilm gebannt. Er gilt mit seiner Lebensdauer von bis zu 400 Jahren als fast unverwüstlich.­

www.arcinsys.niedersachsen.de