Ranking von Mehr Demokratie e.V.

Direkte Demokratie: Auf kommunaler Ebene liegt Thüringen vorn

Carl-Friedrich Höck08. Juli 2021
Der Weg zur Bürger*innen-Abstimmung ist in manchen Bundesländern weiter als in anderen.
Direktdemokratische Elemente setzen sich in den Ländern und Kommunen immer mehr durch. Das zeigt ein Ranking des Vereins Mehr Demokratie. Die besten Noten auf Kommunalebene vergibt er an Thüringen, Bayern, Schleswig-Holstein und Bremen.

Direkte Demokratie sei „so etwas wie ein Notfallinstrument in der Hand der Bürgerinnen und Bürger“, sagt Ralf-Uwe Beck. Sie erlaube ihnen einzugreifen, wenn ihnen ein Thema unter den Nägeln brennt, das von der Politik nicht ausreichend aufgegriffen wird. Beck ist Bundesvorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie.

Alle paar Jahre untersucht der Verein, wie es um die direktdemokratischen Elemente in Deutschland bestellt ist. Nun hat er wieder ein Ranking vorgelegt. Es vergleicht die Bundesländer und bildet ab: Wo sind Volks- und Bürgerbegehren möglich und wie hoch sind die Hürden, die den Initiator*innen dabei im Weg stehen? Kriterien sind etwa: Welches Quorum muss für ein erfolgreiches Volks- oder Bürgerbegehren erreicht werden? Wie eng sind die Fristen für die Unterschriftensammlung? Sind bestimmte politische Themen von vorneherein ausgeschlossen? Können die Initiator*innen den Stimmberechtigten vor der Abstimmung ihre Argumente darlegen, etwa in der Abstimmungsbroschüre? Diese und weitere Faktoren fließen in das Ranking ein. Der Verein fasst das Ergebnis in Schulnoten zusammen.

Bestnoten für Thüringen und Bayern

Auf kommunaler Ebene – also bei den Bürgerbegehren – schneidet Thüringen im neuen Ranking am besten ab. Das Bundesland bekommt die Note 1,6. Knapp dahinter folgen Bayern (1,7), Schleswig-Holstein (1,8) und Bremen (1,95). Schlusslicht ist mit großem Abstand das Saarland – Mehr Demokratie gibt ihm die Note 5,5. In der Geschichte des Saarlandes habe es erst 16 Bürgerbegehren gegeben, erklärt Ralf-Uwe Beck. Keines sei erfolgreich gewesen. Zum Vergleich: In Bayern wurden seit Einführung der direkten Demokratie 3.157 kommunale Initiativen gestartet. Das bedeutet: 40 Prozent aller Bürgerbegehren, die in Deutschland bisher angestoßen wurden, fanden oder finden im Freistaat statt. „Das zeigt, dass direkte Demokratie, wo sie angewendet wird, wirklich Schule macht“, folgert Beck aus den Zahlen.

Bei den Volksentscheiden auf Landesebene macht es Hamburg seinen Bürger*innen besonders leicht. Der Stadtstaat führt das Ranking mit der Note 2,2 an, gefolgt von Bremen (2,7) und Bayern (2,9). Auch in diesem Vergleich hält das Saarland die Rote Laterne mit einer Schulnote von 4,7.

Langzeit-Trend zugunsten von direkter Demokratie

„Insgesamt werden die Regelungen bürgerfreundlicher“, kommentiert Beck die Langzeitentwicklung. Seit dem ersten Ranking im Jahr 2003 habe sich die Durchschnittsnote aller Bundesländer für beide Verfahren (Bürger- und Volksentscheide) von 4,2 auf 3,3 verbessert. Das letzte Ranking wurde 2016 veröffentlicht. Seitdem haben vor allem Berlin (+0,5) und Hessen (+0,4) einen Sprung nach vorn gemacht.

Auch in Thüringen hat sich insbesondere auf kommunaler Ebene viel verändert: Bei den Bürgerbegehren war das Land einst sogar Schlusslicht im Ranking. Eine erste Reform im Jahr 2009 änderte das. Damals wurden die Quoren für Bürgerbegehren und -entscheide gesenkt und der Katalog der zugelassenen Themen erweitert. Seitdem können die Bürger*innen auch über Bauleitplanung abstimmen. 2016 folgten weitere Neuerungen. Eingeführt wurde zum Beispiel eine Gegenvorlage zum Ratsreferendum, die mit einem vereinfachten Bürgerbegehren bewirkt werden kann. „Bis auf wenige Ausnahmen entspricht das neue Regelwerk unseren Idealvorstellungen“, teilt Mehr Demokratie mit.

Kommt die Online-Unterschrift?

In Zukunft könnten Abstimmungen noch einfacher werden. So berichtet Oliver Wiedmann vom Mehr-Demokratie-Landesverband Berlin/Brandenburg, dass in der Bundeshauptstadt bereits an Online-Abstimmungen gearbeitet werde. Dafür sei bereits Geld in den Landeshaushalt gestellt worden. Allerdings müsse die nächste Berliner Landesregierung nach der Wahl im September noch grünes Licht für das Vorhaben geben.

Sollte die Online-Abstimmung eingeführt werden, könnten Bürger*innen in Zukunft mit der elektronischen Ausweisfunktion ihres Personalausweises ein Bürgerbegehren unterschreiben. Das wäre auch eine Entlastung für die Verwaltung, meint Wiedmann. Sie könne dann leichter prüfen, ob die eingereichten Unterschriften gültig sind, und sie schneller auszählen.

 

Mehr Informationen zum Ranking:
mehr-demokratie.de

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