Demo-Kommunalkongress 2017

Ebling: SPD muss sich im Kern neu aufstellen

Karin Billanitsch16. November 2017
Auf dem DEMO-Kommunalkongress hat Michael Ebling, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Mainz, einen grundlegenden Prozess der Erneuerung der SPD gefordert. Wichtige Investitionsvorhaben dürften nicht an dem Mantra der "Schwarzen Null" scheitern. Ebling forderte, ein Spardiktat abzuschaffen, das der Politik ihre Handlungsfähigkeit nimmt.

Michael Ebling kam nicht ­– wie vielleicht von einigen Gästen des DEMO-Kommunalkongresses erwartet – mit einem Forderungskatalog an die neue Bundesregierung im Gepäck. Einen Seitenhieb an die Jamaika-Verhandlungsführer verkniff er sich indes nicht: Er könne nicht wissen, wohin die Verhandlungen führen werden. Aber „ich hoffe, dass es gerechte Fortschritte gibt, mehr Planungssicherheit, dass Städte mehr in zukunftsgerichtete Technologien investieren können, dass es Regelung für Altschulden gibt. Eines allerdings wisse er sicher: dass die Sozialdemokraten in der Opposition sind. Damit leitete er zu einem dringenden Appell zur Erneuerung der Partei über.

„Wir müssen uns im Kern erneuern“

„Auf dem Kongress der sozialdemokratischen Verantwortungsträger möchte ich über die SPD sprechen", sagte der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Mainz. Natürlich würde er lieber „hier stehen und auf eine erfolgreiche Bundestagswahl zurückblicken“, stellte Ebling fest, oder „zumindest auf ein ganz ordentliches Ergebnis.“ Bekanntlich ist es anders gekommen. „Wir stecken mitten in den Aufgaben, die sind größer als vorher, inzwischen sind sie existenziell“, stellte Ebling mit Blick darauf fest, dass sich nur noch rund 20 Prozent der Wähler für die SPD entschieden haben.

Der Nimbus der Volkspartei sei angekratzt, sagte er in ungeschminkten Worten, die Wahl sei eine „echte Zäsur für die Sozialdemokratie gewesen. Ebling: „Es wird deutlich, dass wir uns im Kern erneuern müssen.“ Ebling äußerte die Meinung, dass es zu kurz gegriffen sei, alles alleine auf die Regierungsbeteiligung zu schieben und forderte, einen Prozess, der darauf zielt, eine Bundespartei aufzubauen, die auf der Höhe der Zeit ist und sich personell und programmatisch erneuert.

Erfahrungen aus der Bürgersprechstunde

Ebling kommt dann auch auf die Themen zu sprechen, die die Kommunen vor Ort bewegen: Bei ihm in der Bürgersprechstunde sei eine ältere Dame gewesen, die gesagt habe, eine Mieterhöhung könne sie noch verkraften. Nach einer weiteren müsse sie ausziehen. Damit sprach er eines der dringlichsten Probleme an, die die Kommunen derzeit beschäftigen: Den knappen Wohnraum, die in den größeren Städten stark steigenden Mieten, und die Angst der Menschen, sich ihre Wohnung bald nicht mehr leisten zu können.

Manche Menschen kommen noch in die Bürgersprechstunde - andere verabschieden sich enttäuscht von einer Politik, die nichts mehr versprechen könne. Mancherorts können Schulen und Kindergärten nicht mehr angemessen unterhalten werden, Grünflächen nicht gepflegt werden. Ebling betont, es sei „nicht so, dass wir nicht versuchen, etwas zu tun.“ Es werde sogar so viel gebaut, wie lange nicht mehr.

Zwar bauen die Kommunen, es gibt viele Programme und Gelder vom Land; doch vielerorts reicht das nicht, umriss Ebling die Lage kurz und stellt fest: "Was jahrelang vernachlässigt wurde, Wohnungsbaupolitik für sozial Schwächere und den Mittelstand, kann nicht in wenigen Jahren behoben werden.“ Es bräuchte ein großes Wohnbauprogramm des Bundes. Mit der Erhöhung der Wohnbaumittel und der Mietpreisbremse hat die SPD den richtigen Weg eingeschlagen, betont Ebling.

„Weg mit dem Sparmantra!“

Manche Menschen kehren allerdings auch zurück in die Politik, weil sie hoffen, mit einer Stimme für die AfD auf ihre Sorgen aufmerksam zu machen. „Wir dürfen uns die Ohren nicht nur zuhalten, sondern müssen uns den nervtötenden Ton anhören“, glaubt Ebling. Die Menschen hätten einen Hilferuf abgesetzt, eben weil sie denken, sie würden nicht mehr gehört. Sie erwarteten, dass der Staat sich dort einsetzt, wo der Einzelne scheitere. Von der SPD erwarten die Menschen aber noch mehr, dass sie auf ihrer Seite steht, so eine Überzeugung.

Eine Schwarze Null im Haushalt sei kein Grund zum feiern. "Sie ist die Bilanz gewordene Bankrotterklärung des Staates." Wir müssen fragen, was wir als Staat leisten wollen, und dann nicht über das ob, sondern über das wie verhandeln. „Weg mit dem Sparmantra!“ forderte Ebling.

Er formulierte zum Abschluss seine Vision: "Ich würde der älteren Dame, die zu mir in die Bürgersprechstunde kommt, gerne sagen, dass ich eine Partei kenne, die ihre Wohnung sichert, die sich einsetzt für gerechte Löhne, bestausgestattete Schulen, beste medizinische Behandlungen für alle." Und die das nicht irgendwann, sondern sofort umsetzt. Wenn es eine Partei gebe, die das schaffen kann, dann jene, die Otto von Bismarck die Sozialversicherung abgetrotzt hat.

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