Elektromobilität

Warum das Eichrecht für den Ladesäulen-Ausbau zur Stolperfalle wird

Carl-Friedrich Höck29. März 2019
Ein Elektroauto wird in Berlin an einer Ladestation geladen.
Kein Scherz: Ab dem 1. April können Betreiber vieler Ladesäulen den Strom nicht mehr rechtskonform abrechnen, weil sie dafür Zähler brauchen, die es nicht gibt. Eine Übergangslösung soll verhindern, dass die Elektromobilität ausgebremst wird.

Der Elektromobilität kommt in den Maßnahmeplänen der Bundesregierung gegen Luftverschmutzung und Klimawandel eine zentrale Rolle zu. Geht es nach der Verkehrskommission der Regierung, sollen bis 2030 zehn Millionen Elektro-Pkw auf deutschen Straßen fahren. Doch bei der Infrastruktur hinkt Deutschland hinterher. Es fehlen Ladesäulen.

Notwendige Messgeräte sind noch nicht zugelassen

Da kommt es ungelegen, dass sich Betreiber von Ladesäulen nun auch noch mit einer rechtlichen Neuerung herumschlagen müssen. Denn die Zähler, mit denen der verbrauchte Strom berechnet wird, müssen geeicht sein. Und auf der Grundlage des Mess- und Eichrechtes gelten ab dem 1. April 2019 neue Vorgaben.

Diese haben es in sich: Strom, den Kunden aus Ladesäulen mit Gleichstrom beziehen, kann dann praktisch nicht mehr rechtskonform abgerechnet werden. Der Grund: Dafür wird dann ein Zähler benötigt, der von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zugelassen ist. Doch diese Messgeräte sind noch gar nicht auf dem Markt. Erst seit 2017 steht fest, welche Anforderungen die neuen Zähler erfüllen müssen – für eine fristgemäße Entwicklung reichte der Zeitraum offenbar nicht aus.

Ein Problem für schnelle Ladesäulen

Betroffen sind deutschlandweit rund 2000 Ladepunkte – teilweise auch von kommunalen Betreibern. Gleichstrom ermöglicht dort ein besonders schnelles Aufladen von Elektroautos. Einsatztaugliche Zähler gibt es aber bisher nur für Wechselstromanlagen.

Wechselstrom-Zähler werden bisher oft auch an Schnelladestationen eingesetzt: Sie messen dann den verbrauchten Strom, bevor der Wechselstrom in der Ladesäule in Gleichstrom umgewandelt wird. Weil beim Umwandeln aber fünf bis zehn Prozent des Stroms verloren gehen, zeigt der Zähler eine größere Strommenge an, als tatsächlich in das Auto des Kunden geleitet wird. Bisher müssen die Betreiber dem Kunden deshalb einen Abschlag von 20 Prozent auf die gemessene Strommenge berechnen.

Diese Behelfslösung ist ab dem 1. April nicht mehr erlaubt. Streng genommen bedeutet das: Die Ladesäulenbetreiber dürfen den Strom dann nur noch verschenken, Flatrate-Tarife anbieten oder sie müssen die Säulen abschalten. Dass es dazu nun nicht kommt, ist das Ergebnis eines Kompromisses.

Kompromiss hebelt die starre Frist aus

Diesen haben Vertreter aus der Politik, den Eichbehörden sowie die Betreiber und Hersteller von Ladesäulen im Januar ausgehandelt – auf einem vom Bundeswirtschaftsministerium veranstalteten Treffen. Der Kompromiss sieht vor, dass die Betreiber individuelle Nachrüstpläne vorlegen. Sie müssen also angeben, bis wann sie mit der Verfügbarkeit eines rechtskonformen Zählers rechnen und wie lange sie dann brauchen, um alle Säulen umzurüsten. Die regional zuständigen Eichbehörden prüfen die Pläne, berücksichtigen die Umstände des jeweiligen Einzelfalles und gewähren nach eigenem Ermessen entsprechende Fristverlängerungen.

Neue Ladesäulen dürfen ab dem 1. April jedoch nur noch aufgebaut werden, wenn sie den neuen eichrechtlichen Vorgaben entsprechen. Das dürfte den Ausbau dieser Schnellade-Infrastruktur zumindest vorübergehend bremsen. Immerhin: Das erste zugelassene Messgerät für Gleichstrom-Ladesäulen soll in Kürze auf den Markt kommen.