Kampf gegen Abfall

Einweg-Kaffeebecher sollen teurer werden

Carl-Friedrich Höck21. Mai 2019
Einweg-Kaffeebecher verstopfen zunehmend die öffentlichen Abfalleimer.
Die Kommunen leiden unter dem Müll, den Einwegbecher verursachen. Umweltministerin Svenja Schulze will deren Hersteller stärker zur Kasse bitten. Und zahlreiche Städte setzen auf den Mehrwegbecher to go.

Sie verschmutzen die Umwelt, und sie stellen Kommunen vor Probleme: die beliebten Einweg-Kaffeebecher. 2,8 Milliarden To-go-Becher werden in Deutschland jährlich verbraucht, also 34 Becher pro Kopf. Das hat eine aktuelle Studie des Umweltbundesamtes ermittelt. Viele Behälter werden später an Europas Stränden und in den Meeren wiedergefunden. Sogar Pappbecher sind nur scheinbar umweltfreundlich: Auch sie sind mit Kunststoff beschichtet. Und oft gibt es noch einen Deckel aus Plastik dazu.

To-go-Becher: „eine kostspielige Herausforderung”

Die vielen Einwegbecher belasten auch die Städte und ihre Abfallunternehmen. Nicht nur, wenn sie achtlos auf die grüne Wiese geworfen werden. Laut Umweltbundesamt füllen sie bis zu 15 Prozent des Volumens der Abfalleimer im städtischen Bereich. Im Jahr ergibt das 400.000 Kubikmeter Müll. „Das ist für die Kommunen inzwischen wirklich eine kostspielige Herausforderung“, sagt Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Die To-go-Becher seien erst 1996 eingeführt worden, mittlerweile würden sie von 70 Prozent der Deutschen genutzt.

Das Umweltbundesamt empfiehlt nun, an der Preisschraube zu drehen, um das Problem in den Griff zu bekommen. In der Einwegbecher-Studie wird ein „Littering-Fonds“ vorgeschlagen: Für jeden Einwegbecher soll eine Abgabe von 20 Cent erhoben werden, plus weitere 10 Cent für jeden Plastikdeckel. Das Geld würde in einen Topf fließen, aus dem die Reinigung der vermüllten Umwelt finanziert wird. Damit würden zudem Mehrwegbecher-Systeme attraktiver für die Kunden. Denn der Kaffee aus dem wiederverwendbaren Behälter wäre dann im Vergleich günstiger. Zusätzlich könne ein Zwangspfand auf Einwegbecher eingeführt werden, wie es ihn bereits für Getränkeverpackungen gibt, regt die Studie an.

Schulze kann sich verschiedene Wege vorstellen

Umweltministerin Svenja Schulze. (c) Florian Gaertner/photothek.net

Die Umweltministerin scheint den Vorschlägen nicht abgeneigt zu sein. Welche Maßnahmen die Regierung ergreife, werde man nun beraten, kündigte sie am Dienstag in Berlin an. Drei Maßnahmen könne sie jetzt schon nennen. Erstens: „Wir werden die Hersteller von Einwegbechern künftig stärker zur Kasse bitten.“ Wie genau, müsse noch besprochen werden. Sie könne sich einen Vermüllungs-Fonds vorstellen, als Finanzierungsquelle für die Kommune, aber auch ein höheres Lizenzentgelt im Rahmen des Verpackungsgesetzes.

Mit den Gastronomen wolle sie zweitens vereinbaren, verstärkt Mehrweg-Becher auszugeben, sagte Schulze. Und drittens wolle sie Becher aus geschäumtem Kunststoff (Polisterol) verbieten. „Die lassen sich sehr schlecht nur recyceln“, begründet die Ministerin das Vorhaben. Mit einer neuen Gesetzgebung auf europäischer Ebene sei es nun möglich, diese Becher aus dem Verkehr zu ziehen.

Mehrweg-Alternativen gibt es schon

Unterdessen haben sich bereits mehrere Städte auf den Weg gemacht, Mehrwegbecher zu etablieren. Zum Beispiel Freiburg, wo das Stadtreinigungsunternehmen ASF das Pfandsystem „FreiburgCup“ ins Leben gerufen hat. 112 Betriebe nehmen bereits daran teil. Wer in einem beteiligten Café ein Getränk zum Mitnehmen bestellt, bekommt für einen Pfand von einem Euro den Mehrwegbecher. Dieser kann bei allen teilnehmenden Betrieben wieder abgegeben werden, wo er gereinigt und erneut eingesetzt wird. Die Anschaffungskosten für die Becher (Stückpreis 1,43 Euro) hat die Stadt übernommen.

Funktioniert das System? In der Studie des Umweltbundesamtes werden einige Probleme beschrieben: Kunden bestünden weiter darauf, umweltfeindliche Plastikdeckel zu benutzen. Etwa 15 bis 20 Prozent der Becher würden nicht wieder zurückgegeben. Und die Kundschaft nehme das neue Angebot nicht überall an. Während in Szenelokalen schätzungsweise 70 bis 80 Prozent der To-go-Getränke in Mehrwegbechern ausgegeben würden, griffen in manchen Bäckereien oder im Studierendenwerk fast alle Kunden lieber zum klassischen Einwegbecher.

Trotzdem setzen die Umweltexperten viel Hoffnung auf die Mehrwegbecher, auch mit Blick auf die für die Herstellung eingesetzte Energie und die Rohstoffe. Sobald ein Becher zehnmal verwendet werde, lohne sich der Aufwand, rechnet das Umweltbundesamt vor.

„Blauer Engel” jetzt auch für Mehrweg-Becher

Andere Pfandbecher-Systeme werden privat organisiert. Darunter das Projekt „Recup“, das 2016 in Rosenheim gegründet wurde und mittlerweile deutschlandweit Partner hat. „Recup“ funktioniert ähnlich wie das Freiburger Pfandsystem. Das Unternehmen habe „ein bemerkenswertes Wachstum hinter sich und könnte Marktführer für Mehrwegbecherpfandsysteme in Deutschland werden“, kommentiert die Studie des Umweltbundesamtes.

Viele Kommunen unterstützen solche Systeme, etwa München, Rosenheim und Hamburg. Die Städte helfen mit, das Prinzip „Mehrwegbecher“ bekannter zu machen. In Berlin etwa wirbt der Senat zusammen mit Umwelt- und Handelsverbänden für Mehrwegbecher. „Better World Cup“ heißt die gemeinsame Initiative.

Mit dem Start-Up „FairCup“ hat nun sogar das erste Mehrwegbecher-System die Umweltauszeichnung „Blauer Engel“ erhalten. Es wurde 2016 an einer Berufsschule in Göttingen gegründet. Das Besondere: Die Becher können über Leergutautomaten in beteiligten Supermärkten zurückgegeben werden – ganz so, wie man es von Pfandflaschen schon gewohnt ist. Zudem sind, im Unterschied zu einigen anderen Systemen, auch die Deckel wiederverwendbar. Um das Umweltzeichen zu erhalten, müssen die Anbieter der Mehrwegbecher eine Reihe von Auflagen erfüllen. Zum Beispiel müssen die Becher mindestens 500 Mal wiederverwendet werden können. Und es dürfen nur leicht recycelbare Materialien verwendet werden, aus sortenreinem Kunststoff und ohne Beschichtungen.

 

Mehr Informationen
Die Studie finden Sie auf der Website des Umweltbundesamtes

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