Mobilität auf dem Land

Der elektrische Bürgerbus: Surren soll es

Ulf Buschmann27. März 2023
Bürgerbus-Syke-Vorstand
Noch präsentieren sich Renate Brüning, Vorsitzende des Bürgerbus-Vereins, ihr Stellvertreter Carsten-Wilm Müller (hinten) und Albert Cordes, Fahrer und Fahrbetriebsleiter, vor dem Dieselfahrzeug. Der Nachfolger soll ein E-Bus sein.
Warum es bei der Anschaffung von Elektro-Bürgerbussen in kleineren Städten und Dörfern Hindernisse gibt – ein Beispiel aus Syke.

Syke – 14 Uhr, Bahnhof Syke. Der Bürgerbus steht zur Abfahrt bereit – zuerst als Linie 185, dann als Linie 186. Der Dieselmotor aus dem Hause Volkswagen läuft zuverlässig. Wenn es etwas zügiger über die Bundesstraße 6 geht, macht das Aggregat schon mehr Krach. Das soll sich in der Zukunft ändern: Der nagelnde Diesel wird durch einen surrenden Elektromotor abgelöst. Natürlich inklusive eines neuen Fahrzeugs.

Beschaffung ist harte Nuss

Denn der aktuelle, rund drei Jahre alte Syker Bürgerbus hat inzwischen 250.000 Kilometer Laufleistung auf dem Zähler und kommt langsam an sein technisches Lebensende – dieses dürfte in ein bis eineinhalb Jahren oder weiteren 100.000 bis 150.000 Kilometern erreicht sein. Gerade erst war ein neues Getriebe fällig. Kosten: rund 12.000 Euro.

Angesichts des nahenden Fahrzeug-Exitus schauen sich die Mitglieder einer Arbeitsgruppe des Bürgerbus-Vereins bereits seit einigen Monaten nach Ersatz um. Und der soll elektrisch beziehungsweise mit Batterien fahren. Aber was auf den ersten Blick wie eine in die Zukunft gerichtete Neubeschaffung aussieht, erweist sich für den Verein als eine zu knackende harte Nuss. Darin verborgen sind die technische Ausstattung eines neuen Bürgerbusses, rechtliche Fragen und nicht zuletzt die technische Infrastruktur.

Ein Jahr Lieferzeit

Carsten-Wilm Müller, zweiter Vorsitzender und technischer Berater des Bürgerbus-Vereins, erklärt, dass die Arbeitsgruppe aktuell in Kontakt mit beiden infrage kommenden Unternehmen in Kontakt sei, die E-Busse anbieten: Tribus im niederländischen Utrecht und Fibe-Bus im bayerischen Eggenfelden. Beide Unternehmen haben laut Müller zurzeit Lieferfristen von mindestens einem Jahr. Heißt für die Syker: Sie müssen alle Fragen recht bald gelöst haben, soll der neue Bürgerbus rechtzeitig zum Ableben des alten vor der Tür stehen.

So müsse die Frage geklärt werden, wo die Batterien verbaut werden. Diese müssen wiederum klein sein mit einer Kapazität von 50 Kilowattstunden – „wie beim Renault Zoe“, sagt Müller. Größer gehe nicht, weil das Fahrzeug sonst Probleme mit dem zulässigen Gesamtgewicht bekommt und entsprechend keine acht Personen befördern darf. Immerhin weiß er, wo der Platz der Batterien sein soll: auf dem Dach.

Technische Infrastruktur fehlt

Aber es ist nicht nur die Konfiguration ihres Busses, die die Syker ein bisschen umtreibt. Auch die kommunale Ladeinfrastruktur fehlt. Müller rechnet vor: Der Verein benötige mindestens eine 100-Kilowatt-Leitung mit Gleichstromlader. Diese sei notwendig, um die Batterien des Bürgerbusses in 30 bis 60 Minuten aufladen zu können, damit dieser seine Touren abspulen kann. Ob 50 Kilowatt starke Batterien allerdings für einen 13 Kilometer lange Rundkurs ausreichen, weiß Müller nicht. Er sorgt sich besonders um die Wintermonate.

Deshalb, meint Müller, der als Professor im Labor für Verkehrswesen und Städtebau der Hochschule Bremen arbeitet, müsse der Einsatz eines E-Busses in der Hachestadt ausführlich getestet werden. Erst nach erfolgreichem Versuch könnte es weitergehen – und zwar im Sinne einer Arbeitsteilung zwischen Verein und Kommune. Ersterer kümmert sich um den Aufbau der Infrastruktur, Letztere besorgt das Geld.

Dritter Player: Netzbetreiber

Im nächsten Schritt kommt ein Dritter ins Spiel: Avacon. Die Tochter des Energieversorgers EON versorgt Syke und die Region mit Strom. Die Ladeinfrastruktur für den Bürgerbus zu errichten, ist für das Unternehmen kein gänzlich neues Geschäftsfeld. „Wir sind mit verschiedenen Kommunen in unserem Netzgebiet zu Fragen der Ladeinfrastruktur – auch zu Bussen – im Austausch“, sagt Sprecherin Christina Schulz. Dass auch Syke seine „Ladeinfrastruktur nebst Schnellladesäule“ bekommt, sei „grundsätzlich“ möglich. Avacon liefere alles Notwendige und sorge für den „störungsfreien Betrieb“.

Was das Ganze kostet, kann Schulz nicht sagen. Um die Kosten abschätzen zu können, benötige das Unternehmen diverse Angaben. Die Sprecherin zählt auf: Straße und Hausnummer, Geodaten, Lageplan des Grundstücks, Fotos des Parkplatzes Aufstellortes mit sichtbarer Bodenfläche sowie einen „Screenshot aus Google Maps mit gekennzeichneten Standorten für gewünschten Netzanschlusspunkt und Ladestatio“. Zudem müsste der Bürgerbus-Verein mitteilen, ob am gewünschten Standort Mobilfunkempfang möglich sei.

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