E-Akte und digitale Verwaltung

Wie ersetzendes Scannen rechtssicher funktioniert

Karin Billanitsch12. Mai 2017
Papierakten könnten vielerorts in den kommunalen Verwaltungen bald der Vergangenheit angehören. Doch noch gibt es Unsicherheiten beim Scannen. Hier könnte ein neue Praxisleitfaden Abhilfe schaffen.
Die neue Leitlinie zum ersetzenden Scannen in Kommunen nach TR RESISCAN ist da. Auf Initiative des Landkreises Breigau-Hochschwarzwald und unter der Federführung von der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister VITAKO und der KGSt ist eine konkrete Hilfestellung für Anwender in den Kommunen entstanden.

„Warum geht es mit der Verwaltung 4.0 und mit der Digitalisierung in den Kommunen so schleppend voran?“ Diese Frage hat sich Dorothea Störr-Ritter gestellt, Landrätin des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald. Vor allem elektronisch geführte Akten, in Verbindung mit einer elektronischen Bearbeitung der Vorgänge, gehören zu einer Verwaltungsmodernisierung unbedingt dazu, das weiß Störr-Ritter. Doch besonders im kommunalen Alltag sei sie immer wieder auf Probleme gestoßen, die mit der Einführung der elektronischen Akte zusammen hängen, sagte die Landrätin am gestrigen Mittwoch in Berlin in den Räumen des Deutschen Landkreistags. Die Veranstaltung drehte sich um die neue „Leitlinie zum ersetzenden Scannen in Kommunen nach TR RESISCAN.“

Unsicherheiten in den Kommunen

Auch Anwendern und Akteuren in vielen Verwaltungen bundesweit ergeht es ähnlich:  Vor allem beim so genannten ersetzenden Scannen in Kommunen bestehen bislang deutliche Unsicherheiten bei den Anwendern, wie die Übertragung von Papieroriginalen in elektronische Dokumente nach dem Stand der Technik gewährleistet werden kann. In der Poststelle einer Verwaltung landen unterschiedlichste Dokumente. Zwar hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) dazu eine „Technische Richtlinie zum ersetzenden Scannen” entwickelt (kurz: TR RESISCAN) – doch sie ist in weiten Teilen zu technisch und wohl zu komplex, um im Alltag angewendet werden zu können.

„Wir haben überlegt, wie wir mit der TR RESISCAN, die uns vom BSI vorgegeben ist, in der Praxis umgehen können? Wir hatten die Idee, selbst die Initiative zu ergreifen, nicht zu warten, bis eine Anleitung kommt“, erläuterte Dorothea Störr-Ritter. Zusammen mit kommunalen Praktikern und dem BSI haben die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) und die Bundes-Arbeitsgemeinschaft der IT-Dienstleister (Vitako) einen Praxisleitfaden entwickelt, der jetzt in Berlin vorgestellt wurde. 40 Experten waren daran beteiligt, hieß es während der Vorstellung.

Typische kommunale Scanszenarien entwickelt

„Das Beseitigen von Unsicherheiten ist ein großes Thema bei der Digitalisierung“, betonte Ralf Resch, Geschäftsführer der Vitako. Vor allem die Fragen: Was darf gescannt werden? Wer darf die Scans durchführen? Welche technische Ausrüstung darf dafür verwendet werden? Und nicht zuletzt die Frage, ob ein Scan vor Gericht Bestand hat. Unter der Federführung des Vitako wurde eine so genannte „Musterverfahrensbeschreibung“ für „typische kommunale Scan-Szenarien“ entwickelt, wie es hieß.

Wie wichtig ersetzendes Scannen in Verbindung mit einem Dokumentenmanagement-System in der modernen Verwaltung ist, darauf wies Marc Groß von der KGSt hin: „Die demografische Entwicklung und die Erwartungen der Mitarbeiter an einen modernen Arbeitsplatz, der auch mobiles Arbeiten ermöglicht, zeigen, wie wichtig es ist, dass wir das hinbekommen,“ so Groß.

Schutzbedarfsanalyse für Dokumente

Groß zeigte auf, welche Herausforderungen bestünden: Erst muss die Frage beantwortet werden, ob das Dokument überhaupt ersetzend gescannt werden kann. Danach muss geklärt werden, welcher „fachliche Schutzbedarf“ besteht. Es gebe die Stufen „normal“, „hoch“ oder „sehr hoch“. Die KGSt-Arbeitsgruppe hat dazu eine exemplarische Schutzbedarfsanalyse für kommunale Dokumente erarbeitet. „Bei der Analyse sind wir zu dem Ergebnis gekommen, das in Kommunalverwaltungen in der Regel von der Schutzbedarfskategorie „normal“ der Papieroriginale auszugehen ist“, fasste Groß zusammen. „Sehr hoch“ sei in der Kommunalverwaltung eigentlich eher nicht zu finden. Für Dokumente mit höherem Schutzbedarf empfiehlt der Experte, das Scannen in der zentralen Poststelle zu bündeln. Dort könne der Scanvorgang auch protokolliert und auditiert werden. Der Bericht kommt auch zu dem Ergebnis, dass es in manchen Fällen auch wirtschaftlicher und zweckmäßiger sei, auf das Scannen zu verzichten.

„Bei dem Thema Digitalisierung der Verwaltung haben wir schon vor einem Jahr erkannt, dass zum Thema des rechtssicheren Scannens etwas kommen muss”, erläutert Bernd Kowalski vom BSI zu den Hintergründen. Dabei geht es um die Erfassung des Dokumentenbestandes, aber „damit sei es nicht getan.“ Es kommen immer wieder Dokumente hinzu, die Verwaltungsprozessen zugänglich gemacht werden müssten. Und „die Papiere müssen getrost vernichtet werden können, ohne dass man später ein Beweisproblem hat und sich das, was man eingescannt hat, gerichtsverwertbar verwenden lässt“, umreißt er das Problem. „Es liegt auf der Hand, dass ein Standard hier hilfreich ist.“ Die entstandene Richtlinie RESISCAN sei nicht ganz leicht lesbar, räumt Kowalski ein. Er begrüßte die Leitlinie mit ihren konkreten Hilfestellungen für die Verwaltung.

Scannen nur zweitbeste Lösung

„In den letzten Monaten habe ich durch Rücksprachen mit vielen Menschen erfahren, dass nun wirklich ein Kernproblem der Umsetzungsebene getroffen wurde”, zog Störr-Ritter ein Fazit. Alle würden darauf warten, dass sie davon Gebrauch machen könnten.

Perspektivisch gesehen waren sich Experten wie Praktiker indes einig: Scannen ist gut, aber immer nur die zweitbeste Lösung. Papierdokumente sollte es so wenig wie möglich geben, damit sie gar nicht erst gescannt werden müssen. Marc Groß von der KGSt empfahl, ebenso viel Energie in die Vermeidung des Papieraufkommens zu legen wie in die Digitalisierung der papiernen Originale.

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