Luftverschmutzung

EU-Kommission rüffelt Deutschland wegen hoher Stickoxid-Werte

Karin Billanitsch16. Februar 2017
Feierabendverkehr. In vielen Ballungsräumen oder Städten in Deutschland werden die Grenzwerte für Sickstoffdoixid anhaltend überschritten.
Die Luftqualität in Deutschland ruft die EU-Kommission auf den Plan: Sie verwarnt Deutschland wegen wiederholter Überschreitungen der Grenzwerte. Welche Städte und Regionen betroffen sind und was Kommunen tun können.

Die Europäische Kommission hat gestern ein letztes Mahnschreiben an Deutschland und vier andere Länder versandt. Sie haben es versäumt, die wiederholte Überschreitung der Grenzwerte durch Stickstoffdioxid (NO2) in der Luft zu beenden, heißt es in dem Schreiben. 28 Regionen verstoßen demnach anhaltend gegen die NO2-Grenzwerte. Dazu gehören Berlin, München, Hamburg, Köln, Hagen, Münster, Wuppertal sowie die Ballungsräume Mannheim/Heidelberg, Kassel und Rhein-Main. Im nächsten Schritt droht nun im Rahmen des EU-Vertragsverletzungsverfahrens eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, wenn Deutschland nicht binnen zwei Monaten auf das Schreiben reagiert. Die Europäische Kommission hat neben Deutschland auch Frankreich, Spanien, Italien und das Vereinigte Königreich aufgefordert, Maßnahmen zu treffen, um die Luftreinhaltung sicherzustellen und die Gesundheit der Menschen zu schützen.

EU-Kommission: 400.000 vorzeitige Todesfälle durch hohe Luftverschmutzung

EU-Kommission macht für jährlich 400.000 vorzeitige Todesfälle in der EU die hohe Luftverschmutzung verantwortlich. „Millionen Menschen leiden an Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die durch Luftverschmutzung hervorgerufen werden“, heiß es in einer Mitteilung. Vor allem der Straßenverkehr ist demnach für die Emissionen verantwortlich.

Kürzlich, Ende Januar, hatte  das Umweltbundesamt (UBA) in Berlin gemessen, dass die Luft in vielen deutschen Innenstädten zu stark mit Stickstoffdiooxid belastet ist. An gut 57 Prozent der verkehrsnahen Messstationen wurde der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) im Jahresmittel überschritten, teilte das Amt mit. „Seit Jahrzehnten gefährdet Stickstoffdioxid unsere Gesundheit“, sagte Maria Krautzberger, Präsidentin des UBA. Sie nennt die Ursache: „Schuld sind in den Städten vor allem alte Diesel-Autos. Es kann aus Sicht des Gesundheitsschutzes nicht akzeptiert werden, dass die Kommunen keine Handhabe haben, um beispielsweise Dieselautos mit hohem Ausstoß aus den belasteten Innenstädten auszuschließen.“

Umweltbundesamt plädiert für eine „blaue Plakette“

Deutschland sei auch gegenüber der EU verpflichtet, für saubere Luft in den Städten zu sorgen, betonte Krautzberger. Dazu könne die „Blaue Plakette“ einen wichtigen Beitrag leisten. Sie forderte indes eine bundeseinheitliche Regelung für die Kommunen, die festlegt, wer die blaue Plakette bekommt und wer nicht. „Schließlich geht es darum, die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger zu schützen.“ Doch im vergangenen Jahr scheiterte eine solche bundesweite Einführung nicht zuletzt an einer Einigung der Verkehrsminister.

Hintergrund: In den EU-Rechtsvorschriften über die Luftqualität (Richtlinie 2008/50/EG) sind Grenzwerte für Luftschadstoffe, darunter auch Stickstoffdioxid, festgelegt. Werden diese Grenzwerte überschritten, müssen die Mitgliedstaaten Luftqualitätspläne verabschieden und durchführen, die geeignete Maßnahmen vorsehen, um diesen Zustand schnellstmöglich zu beenden.

Was kann getan werden, damit die Grenzwerte eingehalten werden? Die Kommission listet in einer Mitteilung eine Reihe von Maßnahmen auf: die Verringerung des Verkehrsaufkommens insgesamt, die Verwendung anderer Brennstoffe, den Übergang zu Elektrofahrzeugen und/oder die Anpassung des Fahrverhaltens. Sie räumt aber auch ein, es sei Sache der EU-Staaten selbst, die geeigneten Abhilfemaßnahmen zu wählen. Doch sie stellte fest: „Auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene sind jedoch deutlich mehr Anstrengungen erforderlich, um die EU-Vorschriften einzuhalten und die menschliche Gesundheit zu schützen.

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