Wahlkampf 2017

Fake News: Wahlkampf in der Gerüchteküche

Paul Starzmann10. Januar 2017
Über das soziale Netzwerk Facebook verteilen sich Fake News oft rasend schnell.
Gefälschte Nachrichten haben Donald Trumps Wahlsieg erst möglich gemacht, sagen manche Experten. Auch in Deutschland rechnen viele mit einer Flut an Fake News, wenn der Bundestagswahlkampf losgeht. Was lässt sich gegen die bösen Gerüchte tun?

Wussten Sie, dass Papst Franziskus ein glühender Anhänger des neuen US-Präsidenten Donald Trump ist? Nein? Und Sie können das auch nicht glauben? Dann liegen Sie richtig: Es stimmt nicht, an der Meldung ist nichts dran, es handelt sich um Fake News – eine gefälschte Nachricht. Dennoch verbreitete sich die Schlagzeile von Franziskus’ angeblicher Unterstützung für Trump im Sommer 2016 rasend schnell im Internet („Pope Francis shocks world, endorses Donald Trump for President“).

Bundeswahlleiter warnt vor Manipulation

Urheber der Falschmeldung war die inzwischen abgeschaltete Webseite WTOE5news.com. Über Facebook geteilt, erreichte die Nachricht drei Monate vor der US-Wahl mehr Nutzer als jeder Artikel, den seriöse Medien wie die „New York Times“ oder „Washington Post“ in dem sozialen Netzwerk veröffentlichten. Fast eine Millionen Reaktionen – Likes, Shares, Kommentare – löste die Lügengeschichte auf Facebook aus.

Nun steht auch in Deutschland eine wichtige Wahl an. Es ist zwar keine derartige Schlammschlacht wie in den USA zu erwarten, die Parteien bereiten sich dennoch auf einen erbitterten Wahlkampf vor. Dieter Sarreither, der Bundeswahlleiter, warnte dazu im Gespräch mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe, dass es auch hierzulande Versuche geben werde, die Wahl mittels gefälschter Nachrichten gezielt „zu manipulieren“.

Cui bono: Wem nützen Fake News?

Im US-Wahlkampf verbreitete Donald Trump persönlich ein Vielzahl an frei erfundenen Behauptungen, nicht nur über seine Gegenkandidatin Hillary Clinton, sondern auch über Mexikaner oder Muslime. Dass der republikanische Kandidat dabei vermehrt auf Social Media setzte, passte ins Bild: Immerhin tendierten sogar eher konservative US-Medien in Richtung Clinton. Trumps alltäglicher Twitter-Wahnsinn sowie seine irrlichternde Kampagne brachten ihm in den seriösen Medien größtenteils „bad press“ ein, wie die Amerikaner zu negativer Berichterstattung sagen. Die viralen Falschmeldungen im Internet ließen ihn dagegen oft gut aussehen. Kein Wunder: Zielten diese doch meist darauf ab, Hillary Clinton ins schlechte Licht zu rücken, etwa als vermeintliche Verbündete des „Islamischen Staats“ oder sogar als angebliche Mörderin.

Mit den Fake News versuchten die Trump-Anhänger offenbar, die Stimmung anzuheizen und nach rechts außen zu drehen. Ob Trumps überraschender Sieg damit direkt zusammenhängt, ist unter Beobachtern jedoch umstritten – immerhin haben auch die US-Fernsehsender von Fox News bis zu MSNBC lange Zeit kaum noch über anderes berichtet als die unzähligen Tabubrüche des schillernden Republikaners – und ihn damit aufgewertet. So hat Trump seinen Sieg vielleicht auch den TV-Stationen zu verdanken. Am meisten profitiert von den Fake News im Netz hat jedoch eine Gruppe: die Urheber der Falschmeldungen. Je schriller und schockierender die Nachricht, desto mehr Klicks konnten sie auf ihren Seiten verbuchen – und damit ein Mehr an Werbeeinnahmen.

Panik vermeiden: Fake News erkennen

Auch in Deutschland ist davon auszugehen, dass vor allem die Rechtspopulisten der AfD versuchen werden, im Wahlkampf von falschen Nachrichten zu profitieren. Schon jetzt teilen ihre Anhänger bei Facebook massenhaft Fake News. Das Muster ist meist das gleiche: Angeblich habe ein Syrer, Afghane oder Iraker ein deutsches Mädchen vergewaltigt, heißt es immer wieder. Die Polizei jedoch verschweige den vermeintlichen Vorfall, die „Lügenpresse“ sowieso. Die Folge: Hysterische Reaktionen in den Kommentarspalten – nicht selten rufen diese zur Lynchjustiz auf, häufig auch zum Wählen der AfD.

Inzwischen denkt die Bundesregierung darüber nach, per Gesetzesverschärfung gegen Fake News vorzugehen, obwohl Verleumdung schon heute mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden kann. Am Ende sind wohl die Medienkonsumenten gefordert, den Wert einer Nachricht selbst einzuschätzen: Ist eine bestimmte Nachricht nur auf einer einzelnen Seite zu finden, ohne Quellenangabe oder Impressum, dafür aber in einem alarmierenden Tonfall verfasst und enthält mehr Meinung als Fakten, so ist größte Skepsis angesagt. Kurz: Gegen die Panikmache hilft vor allem eins – gesunder Menschenverstand

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von vorwaerts.de

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