Sicherheit in den Kommunen

Feuerwehr: Auf der Suche nach der Idealgarnitur

04. März 2021
Feuerwehrleute bei einem Trainingseinsatz
Die Anforderungen an die Persönliche Schutzbekleidung der Feuerwehren sind aufgrund veränderter Gefahrenlagen gestiegen. Dies hat Auswirkungen auf die Beschaffung und kann finanzschwache Gemeinden schnell an ihre Grenzen bringen.

Jedem aktiven Mitglied seine Persönliche Schutzausrüstung. Diese Maxime gilt für alle Feuerwehren – für die Berufsfeuerwehren sowieso, aber auch für die freiwillig tätigen Frauen und Männer. Abgesehen davon, dass es gesetzliche Vorgaben für die Persönliche Schutzausrüstung, kurz PSA, gibt, ist es gerade für die Menschen, die sich neben ihrer Arbeit als Retter engagieren, ein Zeichen der Wertschätzung.

Allerdings kann die notwendige Anschaffung neuer PSA, zu der neben den Einsatzjacken und -hosen auch Schuhe, Handschuhe und Helm gehören, für Gemeinden mit schlechter Kassenlage schnell zu einem Kraftakt werden. Denn die Kommunen sind es, die als sogenannte Aufgabenträger gesetzlich für die Gefahrenabwehr zuständig sind. Dazu gehört, dass die Ausrüstung der Feuerwehren den jeweils gültigen Standards entsprechen – eben bis hin zur PSA. Die Hersteller berechnen für ihre Garnituren aus Einsatzjacke und Einsatzhose in der Regel 800 bis 1000 Euro. Bei üblicherweise 250 bis 300 Aktiven in den Wehren kommen sechs- bis siebenstellige Beträge zusammen.

Unterschiede an der Gemeindegrenze

Jan Hinken, Kreisbrandmeister des Landkreises Osterholz, hat denn auch zum Teil „drastische Qualitätsunterschiede an der Gemeindegrenze“ ausgemacht. Weit verbreitet ist noch immer die klassische schwarze Einsatzbekleidung. Andere Einsatzkräfte, wie zum Beispiel in der Kreisstadt Osterholz-Scharmbeck, tragen laut Hinken bereits neue Hosen und Jacken. Aber es gebe eben auch noch Freiwillige, die die alten orangefarbenen Jacken tragen.

Doch die jeweilige kommunale Kassenlage ist nicht die einzige Klippe, die es für die Verantwortlichen bei der Beschaffung zu umschiffen gilt. Auch die Anforderungen an die PSA sind angesichts immer unterschiedlicherer Einsatzlagen andere als noch vor einigen Jahren. Dies geht aus der Mitte Februar veröffentlichten PSA-Fachempfehlung des Deutschen Feuerwehr-Verbandes (DFV) und der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren der Bundesrepublik Deutschland (AGBF Bund) hervor.

Ausstattung neu bedenken

„Die Ereignisse der letzten Jahre haben sehr deutlich gezeigt, dass die Feuerwehren und ihre Träger die Ausstattung mit Einsatzkleidung neu bedenken müssen“, sagt Christian Schwarze. Er ist Autor des knapp 30-seitigen Werks und Leiter des Fachausschusses Technik der deutschen Feuerwehren, einem gemeinsamen Gremium von DFV und AGBF Bund. Nicht mehr nur die Maximalausstattung mit Schutzkleidung, die auch einem Innenangriff einem Feuer gewachsen ist, sei notwendig. Arbeiten bei hochsommerlichen Temperaturen, Vegetationsbrände, lange Einsätze bei Überschwemmungen und eben das Thema Einsatzstellenhygiene erforderten „ein Umdenken“.

Die Einsatzform entscheidet

Welchen Weg die Kommunen als Aufgabenträger gehen, hängt von den Aufgaben vor Ort ab. „Wir unterscheiden nur nach der Einsatzform“, erklärt Olaf Rebmann, Bezirkspressewart Lüneburg innerhalb des Landesfeuerwehrverbandes Niedersachsen (LFV), den Grundsatz bei der Beschaffung der notwendigen Persönlichen Schutzausrüstung. Zwar brenne „ein Feuer im Südharz genauso wie an der Nordsee“. Doch im Detail gehe es dann ums örtliche Einsatzgeschehen, sprich: Für Wehren in Wald- und Moorgegenden ist eine andere zusätzliche PSA notwendig als bei Wehren, die etwa vom Havariekommando zu Bränden auf Schiffen angefordert werden.

Unterschiede gibt es auch bei der Herangehensweise für Neubeschaffungen. „Es bekommt jeder das Gleiche, vom Anwärter bis zum Gemeindebrandmeister“, sagt zum Beispiel Michael Kalusche, Gemeindebrandmeister der Gemeinde Stuhr südlich von Bremen. Er verweist auf den Faktor Motivationsschub. Die Gemeinde beschafft seit Ende vergangenen Jahres neue Hosen und Jacken für ihre knapp 250 aktiven Mitglieder. Die erste Charge von 90 neuen Garnituren sind bereits an die Atemschutzgeräteträger ausgegeben worden. Diejenigen, die nicht so häufig im Einsatz sind, werden laut Kalusche später bedacht. Er geht davon aus, dass die Gemeinde Stuhr bis Ende 2023 mit der Neubeschaffung durch ist.

Unterschiedliche Beschaffungsweisen

Es gibt aber durchaus andere Herangehensweisen. So überlegen Verantwortliche zum Beispiel, für welche Einsatzszenarien welche PSA notwendig ist. So kann es sein, das Atemschutzgeräteträger anders ausgestattet werden als Freiwillige, die um die Versorgung mit Löschwasser an der Einsatzstelle kümmern. Michael Wessels, Kreisbrandmeister des Landkreises Diepholz, zu dem auch die Gemeinde Stuhr gehört, spricht von „Gefährdungsbeurteilung“. Diese gebe es zum Beispiel für Kreisfeuerwehr-Einheiten.

Darunter fallen selbst die Angehörigen der Logistik. Sie sorgen zum Beispiel dafür, dass ihre Kameradinnen und Kameraden noch an der Einsatzstelle ihre Bekleidung wechseln können – Stichwort Einsatzhygiene. Sie spielt bei der Beschaffung der PSA ebenfalls eine wichtige Rolle, wie in der Fachempfehlung des DFV nachzulesen ist. „Einsatzhygiene wird heute etwas anders geschrieben“, sagt Kalusche. Das bedeutet, dass Feuerwehrleute ihre durch den jeweiligen Einsatz verschmutzte Bekleidung noch vor Ort wechseln. Dies geschah noch vor wenigen Jahren zumeist erst nach der Rückkehr zum Gerätehaus. Zur Verschmutzung zählen nicht nur chemische Stoffe, sondern auch Brandrauch und Ruß.