Kommunalpolitik

Feuerwerk birgt viel Zündstoff

Karin Billanitsch15. Januar 2020
Seite 2: Von Bremen bis Landshut: Wie Feiernde geschützt werden

Die DEMO hat sich in weiteren ausgewählten Städten im neuen Jahr umgehört und um eine Bilanz gebeten. Die Städte gehen unterschiedliche Wege.

Bremen: Eingeschränktes Verbot

Ein eingeschränktes Verbot galt in Bremen, teilte das Pressereferat des zuständigen Innensenats mit: Betroffen war der Marktplatz, um das Welterbe Rathaus und „den Roland“ vor Schäden zu bewahren. Darüber hinaus bestünde seit 2010/2011 ein grundsätzliches Verbot in unmittelbarer Nähe von Krankenhäusern, Kinder- und Seniorenheimen und Kirchen sowie rund um den Flughafen Bremen. 

Feuerwehr und Polizei hatten mit Prügeleien, unsachgemäßem Umgang mit Feuerwerkskörpern sowie diversen Brände zu tun, auch seien Einsatzkräfte von Feuerwerkskörpern beworfen wurden. Allein in den ersten sechs Stunden des neuen Jahres registrierte die Polizei 28 Körperverletzungsdelikte, neun vorläufige Festnahmen und zahlreiche Platzverweise. Was die Durchsetzung des Verbots angeht, habe die Polizei „ausgewählte Kontrollschwerpunkte setzen müssen, da sie nicht überall gleichzeitig sein konnte“, hieß es. Trotz Verbots wurden auf dem Marktplatz vereinzelt Feuerwerk gezündet, Einsatzkräfte verhinderten aber weiteres Abbrennen, hieß es.

Ob die  Verbote zum nächsten Jahreswechsel bestehen bleiben oder ausgeweitet werden, damit werden sich aufgrund der unterschiedlichsten Zuständigkeiten im kommenden Jahr wohl gleich mehrere Ressorts beschäftigen, hieß es auf Anfrage. „Schließlich tangiert die Böllerei nicht nur Sicherheitsfragen, sondern auch den Umwelt-, Gesundheits-, und Tierschutz. Dabei ist es wichtig, nicht nur Dinge zu verbieten, sondern sie auch durchsetzen zu können sowie über Alternativen nachzudenken.“

Dortmund: Verbot rein aus Sicherheitsgründen

In Dortmund waren zwei Verbotszonen – rein aus Sicherheitsgründen – aufgestellt worden. Hier ging es um Gefahrenabwehr: Das Ziel war es, „den durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern in Kombination mit erheblichen Menschenansammlungen auf bestimmten Flächen bestehenden Gefahren (Personen- und Sachschäden) wirksam zu begegnen“, wie es in einer Mitteilung von Herbst 2019 heißt.  

Die Verbote für zwei kleine Zonen der Dortmunder City hatten sich in den Jahren vorher bereits bewährt, bestätigte die Pressestelle der Stadt. Ob es die Verbote erneut geben wird, entscheidet die Stadt „immer erst ganz kurz vorher, da es immer sein kann, dass neue aktuelle Erkenntnisse zu berücksichtigen sind.“

„Akute oder abstrakte Gesundheitsgefahr nicht belegbar“

Die Stadt gehörte zu jenen, die von der DUH angeschrieben worden waren. Doch die Verwaltungsspitze sieht aufgrund der ihr vorliegenden Belastungsdaten keine rechtliche Möglichkeit für ein Verbot des Abbrennens von Böllern gesehen, weder auf Basis des Landes-Immissionsschutzgesetz NRW noch des Ordnungsbehördengesetz NRW. Das teilte sie bereits im September mit. „Eine akute oder abstrakte Gesundheitsgefahr bzw. erhebliche schädliche Umweltwirkungen in der Silvesternacht seien nicht rechtssicher belegbar“, hieß es.

Auch in Dortmund waren Polizei und Ordnungsamt gemeinsam unterwegs in den Straßen. In der gemeinsamen ersten Bilanz kamen Polizei und Stadtverwaltung zu dem Schluss, „dass die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger absolut friedlich den Wechsel in das neue Jahrzehnt feierte. Zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens bewältigte die Dortmunder Polizei demnach mehr als 400 Einsätze, darunter auch Ruhestörungen, Verkehrsunfälle und Körperverletzungen.

Polizeipräsident Gregor Langes Fazit dazu am Neujahrs-Tag: „Es hat sich ausgezahlt, dass Polizei und Ordnungsamt gemeinsam im Einsatz waren. Bei Hinweisen auf Straftaten konnten wir nicht nur schnell einschreiten, sondern durch gezielte Kommunikation mit vielen Bürgerinnen und Bürgern auch dafür sorgen, dass riskante Situationen durch unsachgemäßen Umgang mit Pyrotechnik erst gar nicht entstanden sind.“ Auffällig sei aber gewesen, dass es Personen gegeben habe, die allen Warnungen zum Trotz sehr fahrlässig mit Pyrotechnik umgehen und andere Menschen dadurch in Gefahr gebracht hätten.

Hannover: Schutz der Feiernden und Einsatzkräfte

Hannover hat in der Silversternacht 2019/2020 auf teilweise Einschränkungen zum Schutz ihrer Bürger*innen gesetzt. „Das Verbot, das die Landeshauptstadt Hannover zum zweiten Mal für Teile der Innenstadt verfügt hat, hat sich erneut bewährt“, teilte die Stadt der DEMO auf Anfrage mit. Das zentrale Ziel der Verbotsverfügung, nämlich der Schutz von Feiernden, aber auch von Polizei- und Rettungskräften, sei also erreicht worden, bestätigte die Stadt.

Innerhalb der Verbotszonen seien die Silvesterfeierlichkeiten ganz überwiegend „friedlich und ohne Gefährdungen Dritter“ abgelaufen. Die Pressestelle betonte, dass bei den Verfügungen ausschließlich Sicherheitsaspekte eine Rolle gespielt hätten.

Verbot erfolgreich durchgesetzt

Für die Durchsetzung des Verbots war – wie in München – primär der Polizei zuständig, die nach eigenen Angaben dabei allerdings von einem von ihr beauftragten Sicherheitsdienst unterstützt wurde. „Polizei und Sicherheitsdienst konnten feststellen, dass sich die große Mehrzahl der Feiernden kooperativ und verständnisvoll zeigte und das Verbot insgesamt erfolgreich umgesetzt werden konnte“, lautete das positive Fazit der Polizei.

Auch im Jahr 2020/2021 soll ein entsprechendes Verbot gelten, teilte die Stadt auf Anfrage mit. Ob die Verbotszone ausgeweitet wird, werde zwischen der Landeshauptstadt Hannover und der Polizei abgestimmt werden, hieß es. „Maßgeblich werden dabei eine noch erfolgende detaillierte Auswertung der Lagebilder des vergangenen Silvesterfestes sowie die Berücksichtigung sonstiger Aspekte sein“. Die DEMO wollte auch wissen, ob in Folge der Verbote bereits weniger

Feinstaub gemessen wurde bzw. schneller wieder ein normaler Wert erreicht wurde, konnte die Stadt keine Angaben machen, denn innerhalb der Verbotszone hätten sich keine Mess-Station befunden.

Frankfurt am Main: Zusammenarbeit mit Landespolizei

Die Stadt Frankfurt am Main hatte sich entschieden, wie bereits in den Vorjahren, nur den Bereich um den Eisernen Steg mit seinen Brückenköpfen zum Sicherheitsbereich zu erklären und entsprechend abzusperren. Die Gesamteinsatzleitung lag bei der Landespolizei – Kontrollen im Sicherheitsbereich erfolgten durch einen privaten Sicherheitsdienst gemeinsam mit Einsatzkräften der Landespolizei, wie die DEMO erfuhr. Die Stadtpolizei unterstützte die weiteren Sicherheitsmaßnahmen im Innenstadtbereich, hieß es weiter.

Aus Sicht der Stadt habe sich diese Regelung aktuell und in den vergangenen Jahren bewährt und die enge Zusammenarbeit mit der Landespolizei reibungslos funktioniert. „Aller Wahrscheinlichkeit nach werden diese Maßnahmen auch für das kommende Silvester fortgesetzt. Ob zukünftig noch weitere Verbotszonen eingerichtet werden, ist derzeit noch nicht absehbar", teilte die Stadt mit.

Auch in Frankfurt konnte die Frage nach der Entwicklung der Luftqualität in dem von „Böllerverbot“ betroffenen Gebiet sich nicht beantworten lassen, weil die drei Messstationen dort nicht stehen.

Zu den Messstationen, die verteilt im Stadtgebiet liegen, konnte die Stadt Angaben machen: So wurden die höchsten Werte um 1 Uhr an der Friedberger Landstraße gemessen. 794 Mikrogramm Feinstaub lagen dort in der Luft. Im Niedwald wurde die Konzentrationsspitze mit 616 Mikrogramm erst um 2 Uhr erreicht und lag dort um 5.30 Uhr mit mehr als 100 Mikrogramm immer noch vergleichsweise hoch. In Schwanheim kam die Feinstaubglocke sogar erst gegen 3 Uhr an und hielt sich bis in den Mittag hinein. „Generell war zu beobachten, dass die extrem hohen Konzentrationen an Feinstaub vergleichsweise lange in der Luft erhalten blieben, weil eine „Inversionswetterlage" geherrscht habe, und die Luft sich so gut wie gar nicht bewegt habe.

Esslingen: Anwendung der Sprengstoffverordnung

In der Stadt Esslingen galt für die Burganlage und die gesamte Altstadt das Verbot, nach § 23 Abs. 1 der 1. SprengstoffV pyrotechnische Gegenstände abzubrennen, erklärte Sprecher Roland Karpentier.  Für eine  Ausweitung dieses Verbotes fehle gegenwärtig eine Rechtsgrundlage.

In der Nacht von Silvester auf Neujahr gab es in diesem Bereich keine Zwischenfälle, die bei der Polizei oder der Feuerwehr gemeldet wurden oder zu einem Einsatz geführt haben, hieß es. Karpentier zieht ein positives Fazit: „Das Verbot leistet damit einen Beitrag, die Sicherheit in der Altstadt und der Burganlage zu verbessern.

Landshut: Lasershow statt Pulverfeuerwerk

Die Stadt Landshut hatte mit einer neuen Idee bundesweite Schlagzeilen gemacht: Lasershow statt Feuerwerk war die Devise. Die komplett schwarzpulverfreie Show war bei den Bürger*innen gut angekommen. „Das Verbot hat sich aus Sicht der der Polizei und der Stadtverwaltung bewährt, bestätigte Sprecher Johannes Viertlböck. Es wurde 2018 aus Gründen des vorbeugenden Brandschutzes im denkmalgeschützen Innenstadtbereich erlassen. Die Bürger hielten sich überwiegend daran, hieß es.

Zu Problemen, das Verbot auch durchzusetzen, habe es nicht gegeben, erklärte Viertelböck gegenüber der DEMO: „Die Polizei zeigte im Verbotsbereich deutlich verstärkte Präsenz und konnte das Verbot im Rahmen der möglichen Personalkapazitäten auch umsetzen.“

Eine signifikante Veränderung der Feinstaubwerte vor oder nach Verbotserlass hätte bisher nicht festgestellt werden können, hieß es weiter auf Anfrage. „Hier spielen auch weitere Faktoren wie z.B. Wetter, Windrichtung, etc., genauso wie die Lage/Entfernung zur Messstation eine wichtige Rolle. So liegt die Messstation z.B. nicht innerhalb der Verbotszone“, stellte der Sprecher klar.

Das Verbot wird aus heutiger Sicht auch weiterhin Bestand haben, kündigte der Sprecher an. Er erläuterte die Rechtsauffassung der Stadt: „Bisher konnte es rechtlich nur auf den vorbeugenden Brandschutz gestützt werden.“ „Sollte eine Rechtsänderung eintreten, sodass ein Feuerwerksverbot auch aus immissionsschutzrechtlichen Belangen (Feinstaubbelastung) oder „allgemeinen Belangen der öffentlichen Sicherheit verhängt werden kann, ist eine Ausweitung künftig nicht ausgeschlossen“, bekräftigte der Stadtsprecher.

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