Städte am Wasser

Fluch und Segen

20. Juli 2016
Rostock-Warnemünde
Schön, aber auch gefährlich: Das Wasser am Ufer von Rostock-Warnemünde
Städte wie Rostock und Cuxhaven profitieren von der Lage an der See. Die Kehrseite der Medaille: Die Hafenstädte müssen sich gegen das steigende Hochwasser schützen. Die Gefahr schwerer Sturmfluten nimmt zu.
„Guck mal, da drüben! Sieht das nicht schön aus?“ Die Touristen können gar nicht genug bekommen. Sie schauen sich die Fischerhäuser am anderen Ufer des Alten Stroms an. Tausende tun es jedes Jahr in Rostocks Touristen-Stadtteil Warnemünde den Besuchern gleich. Sie wandeln an den Ufern der alten Warnowmündung entlang oder genießen einen Tag am langen Ostseestrand.

Die meiste Zeit des Jahres plätschern die Wellen der Ostsee ans Ufer oder gluckern wohltuend beruhigend gegen die Kaimauern zwischen den dort vertäuten kleinen und großen Booten und Schiffen. Doch so ruhig ist die See nicht immer. Insbesondere im Frühjahr und im Herbst entfalten sich die Naturgewalten an Nord- und Ostsee. Angesichts des Klimawandels sagen Forscher in den kommenden Jahrzehnten steigende Meeresspiegel und schwerere Sturmfluten voraus.

In Warnemünde wird eine massive Betonmauer geplant

Dagegen müssen sich Städte wie ­Rostock an der Ost- und Cuxhaven an der Nordsee schützen. Konflikte mit dem Tourismus sind da programmiert. So etwa in Rostock-Warnemünde. Geht es nach den Anforderungen des Küstenschutzes, wird die Südwestseite des Alten Stroms mit einer massiven Betonmauer erhöht. Dieses Vorhaben gehört laut dem zuständigen Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt ­Mittleres Mecklenburg zu einer ganzen Reihe von Maßnahmen gegen höher auflaufende Sturmfluten.

Danach drückt die Ostsee nicht nur über den Alten Strom ins Land, sondern auch über den Laakkanal sowie Straßen und Grundstücke in den Warnemünder Ortskern. Die errechneten Stauhöhen liegen zwischen einem und 2,30 Metern. Das Schadenspotenzial beläuft sich auf rund 200 Millionen Euro.

Mobile Schutzwände und stärkere Deiche

Wie Küstenschutz und Tourismus vereint werden können, wird denn auch in Rostock seit Jahren diskutiert. „Wir haben das Thema immer wieder auf der Tagesordnung“, sagt Alexander Prechtel, Sprecher des Ortsteilbeirates für Warnemünde und Diedrichshagen. Die Pläne zum Thema werden in der nächsten Sitzung im Juli vorgestellt. So wird es statt der massiven Mauer einen Schutz aus Betonelementen und Spezialglas geben. Damit wollten die Planer erreichen, dass die „Sichtachsen auf die Häuser am Alten Strom erhalten bleiben“, erläutert Prechtel. Ergänzt wird das alles mit mobilen Schutzwänden am Ende des Alten Stroms. Betroffen davon sind rund 500 Meter Kai. Am Ende wird die Hochwasserschutzmauer rund einen halben Meter höher sein. Sturmfluten bis 3,40 Meter über Normalhöhennull (NHN) sind dann kein Problem. Bislang war 2,95 NHN die Bezugsgröße. Darüber ­hinaus wird der Deich vor dem Warnemünder Strand verstärkt. „Das geht bis zur Jugendherberge“, weiß Prechtel.

Eine Stadt, die ebenso von den Touristen lebt, ist Cuxhaven. Bis zu drei Millionen Übernachtungen zählen die Statistiker jedes Jahr. Damit steht Cuxhaven unter allen bundesdeutschen Kurorten an der Spitze. Die Besucher tummeln sich an den langen Stränden in den Stadtteilen Duhnen, Döse und Sahlenburg. Sie suchen Erholung und treiben Sport wie die Kitesurfer, die Cuxhaven zu einem der angesagtesten Reviere ihres Sports gemacht haben. Das spezielle Cuxhavener Problem: Dort kommt das Wasser von zwei Seiten: von der Weser- und von der Elbmündung. Deshalb hat Küsten- und Hochwasserschutz in der Stadt höchste Priorität.

Baulärm und Dreck mitten in der Tourismus-Saison

Vor diesem Hintergrund mussten die Touristen beispielsweise im vergangenen Jahr Lärm und Dreck ertragen. Wie die Nordseeküste von den Niederlanden bis zur Elbmündung gehört Cuxhaven zu den Bereichen des „Generalplans Küstenschutz“ der Länder Niedersachsen und Bremen. Darin ist unter anderem der Bau von Buhnen vorgesehen. Diese Bauwerke ragen vom Strand in die See und brechen die Wellen. Diese Maßnahmen lassen sich jedoch nur im Sommer durchführen – für den Cuxhavener Tourismus Hauptsaison.

Weitere Arbeiten: die Ertüchtigung der Hafensperrwerke sowie der Neubau von Schutzwänden. Diese Maßnahmen wurden „wegen schwieriger Baubedingungen im Hafen“ teurer als geplant. Die Kosten liegen bei zirka 40 Millionen Euro, sagt Achim Stolz, Pressesprecher des Niedersächsisches Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLKWN). Im Generalplan steht überdies die Bedeichung der Wolkser Marsch. Sie wird laut NLKWN-Sprecher „derzeit nicht prioritär verfolgt, hier sind auch noch ­Finanzierungsfragen zu klären.“ Seitens der Stadt Cuxhaven sei noch die Erneuerung des Deckwerks, einer Schutzschicht für die Uferböschung, in der Grimmershörnbucht geplant. Mit dem Baubeginn ist ­indes nicht vor dem Jahr 2018 zu rechnen.