Familienpolitik

Wie Franziska Giffey die Kinder- und Jugendhilfe reformieren will

Karin Billanitsch29. Januar 2021
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD)
Der Bundestag hat am Freitag den Entwurf des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes beraten. Bundesfamilienministerin Giffey (SPD) will damit den Kinderschutz verbessern, Betroffene stärker beteiligen und den Umbau der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe einleiten.

Es ist eines der großen Flagschiffprojekte des Bundesfamilienministeriums in dieser Legislaturperiode: die umfassende Modernisierung der Kinder- und Jugendhilfe. Der Bundestag hat am Freitag den Entwurf des „Kinder- und Jugenstärkungsgesetzes“ aus dem Haus von Franziska Giffey (SPD) in erster Lesung beraten. „Wir leiten mit der Reform Verbesserungen für die Kinder- und Jugendlichen ein, die es besonders schwer haben in Deutschland“, sagte Giffey im Plenum.

Dem Reformentwurf war ein umfangreicher Beteiligungsprozess vorangegangen. Mehr als 9.000 Beiträge seien eingegangen und in das Gesetzgebungsverfahren eingeflossen, „nach dem Motto mitreden und mitgestalten“ führte Giffey aus. Rund 1,1 Millionen Kinder und Jugendliche leben in Familien, die nicht allein zurechtkommen, 42.000 Kinder- und Jugendliche sind in Einrichtungen oder Pflegefamilien untergebracht. 13 Milliarden an Hilfen gibt der Staat pro Jahr an Hilfen aus.

Ziel: Einstieg in eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe

Der Gesetzentwurf ruhe auf fünf Säulen, führte Giffey aus: „Wir stellen unser Gesetz unter fünf große Begriffe: Schützen, Stärken, Helfen, Unterstützen und Beteiligen.“ Die Bundesregierung will gesellschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit für alle jungen Menschen sichern. Geplant ist, dass Kinder mit und ohne Behinderungen unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe aus einer Hand betreut werden. Dafür sollen die Zuständigkeiten der Behörden stufenweise über sieben Jahre hinweg zusammengeführt werden.

Mehr Zusammenarbeit der Akteur*innen im Kinderschutz

Die Kooperation zwischen der Kinder- und Jugendhilfe mit wichtigen Akteur*innen im Kinderschutz soll ausgebaut und verbessert werden, insbesondere im Gesundheitsbereich. Beispielsweise sollen Kinderärzt*innen und das Jugendamt enger kooperieren, etwa wenn es um den Verdacht auf Kindeswohlgefährdung geht. Außerdem sollen nach dem Entwurf die Anforderungen an die Erteilung einer Betriebserlaubnis für Kinderheime und andere Einrichtungen erhöht werden.

Beteiligungsrechte von Betroffenen stärken

Die Bundesregierung will, dass Kinder und Jugendliche einen uneingeschränkten Anspruch auf Beratung durch die Kinder- und Jugendhilfe erhalten. Darüber hinaus ist geplant, Ombudsstellen gesetzlich zu verankern, um die Beteiligung junger Menschen und ihrer Eltern zu stärken. Die unabhängigen Stellen sollen bei Konflikten beraten, unterstützen und vermitteln. Darüber hinaus sollen junge Volljährige besser betreut werden, nachdem sie ausziehen – zum Beispiel durch Hilfen oder Rückkehrmöglichkeiten, wenn etwas nicht gut läuft.

Diskussion um Kostenbeiträge

Kritik am Gesetzentwurf kam im Plenum zu den Kostenbeiträgen, die Kinder- und Jugendliche leisten müssen: Bislang müssen sie, wenn sie in einem Heim oder in einer Pflegefamilie wohnen und in der Ausbildung sind oder einen Nebenjob haben, 75 Prozent des Nettoeinkommens an das Jugendamt abführen. Laut dem Entwurf sollen es künftig 25 Prozent sein. Durch die geplante Absenkung auf 25 Prozent rechnet die Bundesregierung mit einer Entlastung um 32 Millionen Euro – um die sich die Einnahmen der Kommunen entsprechend verringern.

„Eine fatale Ungerechtigkeit“ sei das, kritisierte die FDP-Abgeordnete Katja Suding und forderte, die Kostenbeteiligung vollständig abzuschaffen. Auch Ekin Deligöz von Bündnis 90/Die Grünen sagte: „Diese Baustelle muss noch geklärt werden.“ Deligöz forderte auch, den Kommunen mehr Möglichkeiten und Freiheiten bei dem Umbauprozess zu geben.

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