Prozess gegen Flüchtlingsheim-Leiter in Burbach

Geflüchtete eingesperrt und misshandelt: Gericht verurteilt Heimleiter

Carl-Friedrich Höck22. Januar 2019
Justizias Waage
Justizias Waage (Symbolbild): Am Dienstag wird ein Urteil gegen den ehemaligen Heimleiter einer Flüchtlingsunterkunft in Burbach erwartet.
In Burbach wurden Geflüchtete in einem Notaufnahmelager misshandelt. Am Dienstag hat das Gericht den ehemaligen Leiter der Einrichtung zu einem Jahr und drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Heute gibt es schärfere Vorgaben für Betreiber von Unterkünften.

European Homecare ist ein Unternehmen, dass sich auf soziale Dienstleistungen für Asylbewerber und Flüchtlinge spezialisiert hat. Auf seiner Internetseite heißt es, das Unternehmen zeichne sich „durch eine besonders sorgfältige Auswahl seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus“. Und: „Als oberster ethischer Grundsatz gilt, die Asylbewerber als Menschen zu respektieren, die ein Grundrecht wahrnehmen wollen.“

Mit dem, was sich zwischen Dezember 2013 und September 2014 in einer Notaufnahmeeinrichtung in Burbach ugetragen hat, haben diese Grundsätze wenig zu tun. In der damals von European Homecare betriebenen Unterkunft wurden Geflüchtete wiederholt misshandelt. Etwa 30 mutmaßlich Beteiligte müssen sich derzeit in einem großen Prozess verantworten. Das Verfahren gegen den damaligen Heimleiter wurde abgetrennt, das Landgericht Siegen hat ihn zu einem Jahr und drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt sowie eine Geldbuße verhängt.

In Burbach führen kleine Verstöße zu Freiheitsentzug

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, Asylsuchende teilweise für mehrere Tage in „Problemzimmer“ eingesperrt zu haben. Damit sanktionierten sie demnach Verstöße gegen die Hausordnung, wie rauchen oder Alkohol trinken auf dem Zimmer. Weitere Vorwürfe lauten vorsätzliche, fahrlässige und gefährliche Körperverletzung, Nötigungen und Diebstähle.

Als Tatverdächtige sind mehrere Mitarbeiter des Wachdienstes ermittelt worden, außerdem Mitarbeiter der Heimleitung und Teamleiter der Sozialbetreuung. Laut einem Medienbericht hatte der Heimleiter außer einer kaufmännischen Ausbildung gar keine Qualifikation für den Posten. Zwei Mitarbeitern der Bezirksregierung wird zur Last gelegt, sie hätten von den Vorfällen gewusst und nichts dagegen unternommen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Heimleitung mit den „Problemzimmern“ ein eigenes Sanktionssystem geschaffen hat, um gegenüber Polizei und Ordnungsbehörden weniger Vorfälle melden zu müssen. Ziel sei es gewesen, das Ansehen der Mitarbeiter nicht zu schmälern.

„Gewisses Maß an Improvisation”

Wie konnte das passieren? Ein Teil der Antwort lautet wohl: Die sonst so viel geschmähte Bürokratie mit ihren oft komplexen Prozessen und Anforderungen war damals teilweise außer Kraft gesetzt. Und das nicht nur in Burbach. Die Zahl der Asylanträge in Deutschland stieg schon damals rasant an: Von 77.651 im Jahr 2012 auf 127.023 im Jahr 2013 und weiter auf 202.834 im Jahr 2014. (Den Spitzenwert erreicht die Statistik 2016 mit 745.545 Anträgen, seitdem ist die Zahl wieder stark zurückgegangen.)

Der Pressesprecher des für Burbach zuständigen Regierungsbezirkes Arnsberg, Christoph Söbbeler, verweist auf die damalige Sondersituation. Weil die Zahl der Asylantragsteller so stark gestiegen sei, habe man „mit einem gewissen Maß an Improvisation leben und arbeiten“ müssen, um sie nicht in die Obdachlosigkeit zu schicken. So habe man innerhalb weniger Tage Immobilien finden und bereitstellen müssen. Ähnlich kurzfristig mussten Betreiber gefunden und Sicherheitsdienste engagiert werden.

Was sich seit dem „Fall Burbach” geändert hat

Heute laufen die Prozesse anders ab. Der Sprecher des Regierungsbezirkes Arnsberg sagt: Betreiber von Unterkünften müssten einen präzisen Anforderungskatalog erfüllen und nachweisen, dass sie qualifizierte Mitarbeiter beschäftigen, etwa für soziale Beratung oder medizinische Versorgungsleistungen. Die Sicherheitsleistungen würden jetzt direkt vom Land und nicht mehr vom Betreiber vergeben. Mitarbeiter in den Unterkünften müssten sich vom Verfassungsschutz überprüfen lassen und es gebe eine „dichte Kommunikationsstruktur“ zwischen den Mitarbeitern in den Betreuungseinrichtungen und der Bezirksregierung, erklärt Söbbeler.

Die Vorfälle in der Unterkunft in Burbach nennt er eine „sehr bittere Erfahrung“. Doch die Situation heute sei „meilenweit entfernt von damals.“

Die DEMO hat auch European Homecare gefragt, wie es zu den Vorfällen in Burbach kommen konnte und nach welchen Kriterien seinerzeit eingestellt wurde. Das Unternehmen verweist darauf, dass es selbst im laufenden Gerichtsverfahren nicht beschuldigt ist, und möchte mit Verweis auf das Verfahren keine Stellungnahmen abgeben.

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