25. November: Internationaler Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen

Von Gewalt betroffene Frauen besser schützen

Karin Billanitsch25. November 2020
Zu den Schattenseiten einer Familie kann häusliche Gewalt gehören. Fast 115.000 weibliche Betroffene von Partnerschaftsgewalt erfasste die Polizei laut Kriminalstatistik 2019.
Das zivilgesellschaftliche Bündnis Istanbul-Konvention beklagt die hohe Zahl der von Gewalt betroffenen Frauen. Expert*innen fordern mehr Geld und Personal, um Frauen besser schützen zu können.

Allein im vergangenen Jahr haben 117 Männer ihre (Ex-) Partnerin getötet. Tötungsversuche gab laut polizeilicher Kriminalstatistik fast täglich. Darauf machen die Dachverbände der Frauenhäuser, Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK) und die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser (ZIF), anlässlich des „Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ am 25. November aufmerksam. Fast 115.000 weibliche Betroffene von Partnerschaftsgewalt erfasste die Polizei demnach 2019. Die tatsächliche Zahl gewaltbetroffener Frauen liege deutlich höher, so die Verbände.  

Zu wenig Plätze in Frauenhäusern

„Jede getötete Frau ist eine zu viel. Gleichzeitig sind die Femizide im Grunde nur die Spitze des Eisbergs, die extremste Eskalationsstufe der Gewalt. Dahinter verbirgt sich ein immenses Ausmaß von Gewalt gegen Frauen, das hierzulande alltäglich ist – und über das trotzdem kaum gesprochen wird“, erklärt Sylvia Haller von der ZIF.

Für Frauen und Kinder, die Schutz vor Gewalt suchen, stehen bundesweit etwa 6.800 Frauenhausplätze zur Verfügung. Gemäß der von Deutschland ratifizierten Istanbul-Konvention müssten es viel mehr sein, so die Verbände. Rund 14.000 Plätze fehlten. Die Corona-Krise gibt weiteren Anlass zur Sorge.

Bündnis BIK: „Femizide sind verhinderbar“

Auch das zivilgesellschaftliche Bündnis Istanbul-Konvention (BIK) kritisiert in einer neuen Mitteilung dass noch immer „nicht alle Frauen und Mädchen in Deutschland effektiv vor Gewalt geschützt“ werden. In dem Bündnis sind neben den bereits genannten insgesamt über 20 der wichtigsten Frauenrechts-und Gewaltschutzorganisationen sowie Expert*innen mit einem Schwerpunkt zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen zusammengeschlossen. Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen gehört etwa dazu.

Diese Femizide seien verhinderbar, betonen die Expert*innen. Mit Inkrafttreten der Istanbul-Konvention in Deutschland vor rund drei Jahren habe sich die Bundesregierung dazu verpflichtet, Gewalt gegen Frauen und Mädchen nachhaltig zu verhindern und zu bekämpfen und die Betroffenen durch umfassende Präventionsmaßnahmen zu schützen und zu unterstützen.

Hoffen auf Koordinierungsstelle

Das Bündnis BIK fordert eine Koordinierungsstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention, auf die es große Hoffnungen setzt. Das Konzept der Monitoringstelle werde gerade entwickelt. Das Bündnis fordert hierbei viele Beteiligungsmöglichkeiten, damit künftig „bedarfsgerechte“ Maßnahmen ergriffen werden können. Konkret bemängelt das Bündnis BIK zum Beispiel, dass „die Finanzierung von Frauenhäusern und Beratungsstellen, auch zu sexualisierter Gewalt, unzureichend bleibt“.

In diese Kerbe schlagen auch die Dachverbände der Frauenhäuser: „Viele der bestehenden Frauenhäuser kämpfen fortlaufend um ihre Existenz, denn sie werden vielerorts über individuelle Leistungsansprüche von Frauen oder als freiwillige Leistungen von Kommunen finanziert“, heißt es. Für Frauen ohne Leistungsansprüche, beispielsweise Studierende oder Berufstätige, könne das bedeuten, dass ihr Aufenthalt im Frauenhaus nicht finanziert werde und sie schlimmstenfalls keinen Schutz erhielten.

Effektive Gesamtstrategie, mehr Geld und Personal gefordert

FHK-Geschäftsführerin Heike Herold betont: „Wir rennen seit Jahren gegen die gleichen Probleme an: viel zu wenig Plätze, chronische Unterfinanzierung, ganze Bundesländer ohne ein einziges barrierefreies Haus. Was muss noch geschehen, damit sich etwas bewegt?“

Das Bündnis fordert von der Politik eine einheitliche und effektive Gesamtstrategie im Sinne der Istanbul-Konvention und eine entsprechende Ausstattung mit den personellen und finanziellen Mitteln. Das Bundesfrauenministerium unter Ministerin Franziska Giffey (SPD) hat indes bereits wichtige Initiativen ergriffen, wie die Verbände einräumten. So will sie einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung für von Gewalt betroffene Frauen durchsetzen.

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